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Bildmaterial © Universal Pictures
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Beginners
(Mike Mills)
USA 2010, Buch: Mike Mills, Kamera: Kasper Tuxen, Schnitt: Olivier Bugge Coutté, Musik: Roger Neill, Dave Palmer, Brian Reitzell, Production Design: Shane Valentino, mit Ewan McGregor (Oliver), Christopher Plummer (Hal), Mélanie Laurent (Anna), Goran Visnjic (Andy), Kai Lennox (Elliot), Mary Page Keller (Georgia), Keegan Boos (Young Oliver), China Shavers (Shauna), Lou Taylor Pucci (Magician), 104 Min., Kinostart: 9. Juni 2011
Als Filmkritiker läuft man Gefahr, mitunter zu viele Filme zu sehen. Sowohl, weil man die kurzzeitige Speicherkapazität seines Hirns ausreizt und dabei was auf der Strecke bleiben muss, aber auch, weil man schon im Leben so viele Filme gesehen hat und nicht mehr das Vergnügen eines Zwölfjährigen teilen kann, der zum ersten Mal eine Mockumentary, einen Tarantino oder einen 3D-Film sieht, und sich einbildet, das muss jetzt der großartigste Film aller Zeiten sein, während jemand mit einer umgreifenden Übersicht über die Filmgeschichte vieles halt schon besser oder vor allem schon sehr oft gesehen hat.
Beginners ist ein Film, der nicht nach dem Schema zwanzig anderer Filme abläuft. Leider ist es aber auch ein Film, von dem auf meiner ganz persönlichen Festplatte innerhalb kurzer Zeit so wenig verblieben ist, dass ich mir schon fast Sorgen machen muss. Entweder um den Film oder um meine grauen Zellen.
Mike Mills (Thumbsucker) hat in den Film viel Autobiographisches einfließen lassen. Wie sein alter ego Oliver (Ewan MacGregor) ist Mills Grafikdesigner und erfuhr recht spät in seinem Leben, dass sein Vater schwul ist.
Hal (Christopher Plummer) bringt mit gleich zwei Fakten das Leben seines Sohnes kräftig durcheinander. Neben seinem Coming-Out ist da noch eine schwerwiegende Krebserkrankung (»You have stage 4 cancer!« --- »It's not as bad as it sounds ...« --- »Pop! There's no stage 5!«)
Der Film konzentriert sich ganz auf die Perspektive des Sohnes, was auch zu einer Erzählform jenseits der Chronologie führt. Das zentrale Thema des Films ist die Liebe, und parallel erzählt der Film von Hals neugefundenem Lifestyle, von dem Verhältnis zwischen Vater und Sohn sowie dem Kennenlernen zwischen dem Sohn und dem Lover des Vaters (Goran Visnjic). Ein gänzlich anderer Film scheint hingegen die Love Story zwischen Oliver und der französischen Schauspielerin Anna (Mélanie Laurent aus Inglourious Basterds). Und dann ist da noch ein Hund, der sich über Untertiteln dem Zuschauer mitteilt.
Ähnlich nett wie die Idee mit den Untertiteln ist auch das Kennenlernen zwischen Oliver und Anna, weil diese gerade ihr Stimmbänder schonen muss und sie sich deshalb durch Zettel und Körpersprache mitteilt. Der Film springt in der Erzählung zwischen der aktuellen Beziehung zwischen Oliver und Anna hin und zurück zu Ereignissen im Zusammenhang mit dem Vater, wodurch sowohl eine Einflussnahme auf Olivers aktuelles Vorgehen ermöglicht wird als auch ein nachträgliches Verstehen der früheren Situation (einigermaßen gleichzeitig mit dem Zuschauer). Wie ich das alles so erkläre hört es sich eigentlich sehr clever an, und auch die Chemie zwischen den Schauspielern funktioniert, doch ungeachtet dessen blieb der Eindruck ein eher schwacher. Zum einen wirkt es fast so, als sei Beginners ein Missing Link zwischen Jean-Luc Godard (insbesondere die lockere Beziehung in À bout de souffle) und Miranda July (insbesondere Liebe und Haustiere in The Future), doch irgendwie wirkt es dann doch eher wie ein Mann der mit einem Fuß auf dem Ufer steht und mit dem anderen auf einem Boot. Wobei der Film dann aber zwischen Scheitern (ins Wasser fallen) und Gelingen (das Boot wieder heranziehen) eingefroren wirkt. Eindrücklicher kann ich meine Empfindungen nicht schildern.