USA 2011, Buch: Marti Noxon, Drehbuch-Vorlage: Tom Holland, Kamera: Javier Aguirresarobe, Schnitt: Tatiana S. Riegel, Musik: Ramin Djawadi, mit Anton Yelchin (Charlie Brewster), Colin Farrell (Jerry), Imogen Poots (Amy), Christopher Mintz-Plasse (Ed), Toni Colette (Jane Brewster), David Tennant (Peter Vincent), Emily Montague (Doris), Dave Franco (Mark), Reid Ewing (Ben), Will Denton (Adam), Chris Sarandon (Jay Dee), Sandra Vergara (Ginger), Grace Phipps (Bee), Lisa Loeb (Victoria), Chelsea Tavares (Cara), Kinostart: 6. Oktober
Tom Hollands Originalfilm von 1985 (dt. Titel: Eine rabenschwarze Nacht) habe ich nie gesehen. Ich glaube, er hat mich damals schlichtweg nicht interessiert. Stattdessen sah ich eine Woche zuvor (anhand der deutschen Kinostarts rekonstruiert) Prizzi’s Honor, eine Woche danach Rocky IV, und irgendwann um den Dreh herum wohl noch Lubitschs Design for Living in der Wiederaufführung. Bin selbst erstaunt darüber, dass ich mit gerade erreichter Volljährigkeit bereits so manchen Hype als solchen erkannte.
Das Remake (in 3D!) ist natürlich auch vor allem Hype. Vampire verseuchen momentan überall die Leinwände und Bildschirme, die Kids können schier nicht genug kriegen von den Blutsaugern, und man ist sich offenbar nicht einmal mehr zu schade, irgendwelche nichtige Horrorfilmchen, die schon seinerzeit nichts besonderes waren (das Regiedebüt des Drehbuchautoren von Psycho II!!!), neu aufs Publikum loszulassen.
Doch von Craig Gillespie, dem Regisseur des Remakes, habe ich immerhin beide vorherigen Kinofilme in meiner DVD-Sammlung. Lars and the Real Girl und Mr. Woodcock. Und der in diesen beiden Filmen evidente Humor spielt auch bei Fright Night eine nicht geringe Rolle.
Noch zwei Tage vor der Pressevorführung rang ich mit mir, ob ich bereits meinen neunten 3D-Film des Jahres schauen wollte (Guter Vorsatz: höchstens ein Dutzend), und bekam von der betreuenden Agentur einen »längeren Ausschnitt« zugespielt, der mich dann überzeugt hat. Zum einen, weil Colin Farrell als vampirischer Nachbar einen gewissen Erfindungsreichtum entwickelt, wenn es um das Umgehen uralter Spielregeln (ein Vampir darf dein Haus nur betreten, wenn du ihn einlädst). Und zum anderen, weil es eine längere Plansequenz aus dem Inneren eines Autos gibt, die mir wie ein ganz cleverer Ripoff der großartigen Szene aus Children of Men erschien (kauft die DVD! Schaut euch an, wie das gemacht wurde!). Doch leider erwies sich die Szene, die am Computer vielversprechend wirkte, beim zweiten Schauen auf der großen Leinwand als ganz schlaffer Einsatz eines ab und zu gerüttelten Autogerüsts in einem Greenscreen-Studio. Statt klaustrophobisch wirkte die Szene im Kino vor allem billig (und die Autoattrappe wurde danach noch zur Genüge benutzt).
Fright Night ist ein etwas zwiespältiges Vergnügen. Einerseits gibt es viele clevere Ideen und amüsant agierende Darsteller, doch wenn man vergisst, den Kopf am Kinoeingang auszuschalten, gibt es auch viele blöde Details, die einen dann wieder daran zweifeln lassen, ob die Filmemacher wirklich so clever waren.
Definitiv auf der Habenseite ist der Auftritt von Colin Farrell. Vor dem Film sprach einiges dafür, dass der einst aufstrebende Superstar jetzt in seiner Karriere die Talsohle erreicht hat, in der Kiefer Sutherland fast die kompletten 1990er verbrachte (bevor er dann mit 24 – dem Fernsehphänomen, nicht dem Lebensalter – wieder auftauchte). Doch im Gegensatz zu Colins Auftritt in Peter Weirs The Way Back ist seine Schurkenrolle in Fright Night glücklicherweise nicht das uninspirierte stoische grimmig Reinschauen, das Kollege Sutherland in Filmen wie Stand By Me, The Lost Boys oder A Few Good Men bis zur Perfektion übte (und bis man es nicht mehr sehen wollte). Nein, als Vampir reiht sich Colin Farrell in die filmhistorische Oberliga der verführerischsten Blutsauger ein, bereichert aber seinen Auftritt noch durch eine feine humoristische Note. Der Film zeigt mitunter eine erfrischende Härte, doch gerade in den grauenerregendsten Szenen gibt es oft noch einen kleinen Twist, ein Augenzwinkern, das die Atmosphäre und Spannung dennoch nicht zerstört. Etwa wenn Anton Yelchin, unser dauerjugendlicher Held, mitansehen muss, wie eine gutaussehende Nachbarin zum Vampiropfer wird, diese aber noch im Moment der ultimativen Verzweiflung eine überraschende Intelligenz zeigt. An diese Szene wird man sich noch erinnern, wenn man längst nicht mehr weiß, in welchem Vampirstreifen sie denn seinerzeit mal vorkam.
All diese positiven Charakteristika des Films treffen vor allem für die ersten zwei Drittel des Films zu. Dann kommt ein ziemlich komplizierter Showdown, der einige große Probleme hat. Denn während Colin als Obervampir sich in Zurückhaltung übt, taucht dann ein offensichtlicher Nebenschurke auf (es wirkt schon sehr stark wie in einem Videospiel, wo man erst die harmloseren Gegner ausschalten muss, bis es dann zum Endkampf kommt), der im Grunde genommen alles falsch macht, wenn es darum geht, als angsteinflößender Antagonist einen Film voranzutreiben. Es ist zwar offensichtlich, dass dies als Kernstück des Komödienanteils des Films beabsichtigt ist, doch ändert dies nichts daran, dass man sich mehrfach an den Kopf fassen muss, so wird das schmierenkomödiantische Agieren hier zur Tortur. Und auch eine interessante Nebenfigur, der von David Tennant (Dr. Who) gespielte »Vampir-Experte« Peter Vincent, verhält sich gegen Ende des Films einfach nicht mehr wie eine eigenständige Figur, sondern wie eine tausendmal durchgekaute Plotentwicklung, die man bereits in Hunderten von Filmen beobachten konnte, die allesamt ihr Publikum nicht überfordern wollten. Und so verlaufen die letzten 20 Minuten von Fright Night exakt so, als wollten Autor und Regie beweisen, dass alles, was zuvor ihr Talent und ihre Cleverness betonte, nur Zufall gewesen sein muss. Mitunter kommt es einem im Kino so vor, als ob Filmemacher und Studios sich gerade bei Showdowns darauf spezialisiert haben, bloß keinen 16jährigen Popcornfresser, der sich während des gesamten Films mit seinem Nachbarn unterhält, intellektuell zu überfordern. Und in solchen Fällen muss man dann schon sehr dankbar sein, wenn zumindest in den ersten zwei Dritteln eines Films auch mal etwas neues ausprobiert wird und auch die cinephile Randgruppe etwas geboten bekommt.
Ich will ja gar nicht verleugnen, dass mir der Film immens viel Spaß gemacht hat, doch mit nur ein paar kleinen Änderungen zum Schluss hätte es auch ein tatsächlich guter Film werden können, an den man sich auch noch Jahre später positiv erinnert hätte. So gesehen hat man sich dann wohl doch am Original orientiert.