Originaltitel: Safe, Buch: Boaz Yakin, Kamera: Stefan Czapsky, Schnitt: Frédéric Thoraval, Musik: Mark Mothersbaugh, mit Jason Statham (Luke Wright), Catherine Chan (Mei), Robert John Burke (Captain Wolf), James Hong (Han Jiao), Anson Mount (Alex Rosen), Chris Sarandon (Mayor Tremello), Sándor Técsy (Emile Docheski), Joseph Sikora (Vassily Docheski), Igor Jijikine (Chemyakin), Reggie Lee (Quan Chang), Igor Jijikine (Chemyakin), Reggie Lee (Quan Chang), James Colby (Detective Mears), Matt O'Toole (Detective Lasky), Jack Gwaltney (Detective Reddick), Barry Bradford (Detective Benoit), Jay Giannone (Detective Kolfax), 94 Min., Kinostart: 31. Mai 2012
Dieser Film ist eine zwiespältige Angelegenheit. Und das quasi von der ersten Szene an. Zunächst machte es einen enormen Eindruck auf mich, wie rasant und ökonomisch das Storytelling in einem eigentlich belanglosen Actionfilm gestaltet ist. In der ersten Viertelstunde oder so werden hier Informationen übermittelt wie bei einem Highspeed-DSL-Anschluss. Der filmische Höhepunkt: Von einem Boxkampf, den Hauptfigur Luke Wright (Jason Statham) »schmeißen« soll (er hält sich hingegen nicht zurück, was für seinen Gegner nichts Gutes bedeutet), geht es mit einem kolossalen Schnitt sofort ins Krankenhaus, wo die Mutter seines Gegners auf ihn einschlägt.
Doch schon zu Beginn des Films fragt man sich nach dem Nutzen einer komplexen Abfolge eines Flashbacks und diverser folgender Flash-Forwards, bis man dann wieder zum Beginn der eigentlichen Geschichte gekommen ist, alles bis dahin Wichtige gesagt hat, und endlich zur Actiongeschichte übergehen kann.
Auch reihen sich die Klischees aneinander. Luke ist nicht nur Boxer, sondern auch noch Ex-Cop mit Eliteausbildung. Er kämpft nicht nur allein gegen die Russenmafia, sondern auch gegen die chinesischen Triaden und den fast durchgehend korruptem Polizeiapparat. Was durchaus interessant sein könnte, aber in diesem Fall stellte sich bei mir schnell eine Ermüdung ein. Nicht nur, weil man weiß, dass Statham sich durchsetzen wird und das kleine chinesische Mädchen, das erst ihm indirekt das Leben retten, und das er dann beschützt, nicht wirklich erschossen werden wird, sondern auch, weil das Actiongeschehen nach der vielversprechenden stromlinienförmigen Narration wie in einem Hamsterrad abläuft. Statham schießt sich mit den Bösen, Statham haut sich mit den Bösen, Statham schießt sich wieder mit den Bösen. Und lange Zeit ist es auch noch auffällig, dass diese »Wahl der Waffen« jeweils in gegenseitigem Einverständnis (und mit Absegnung des Drehbuchs) abläuft. Die Mafiosi schießen auf Luke? Entweder läuft er spektakulär weg, oder - falls er selbst gerade eine Schusswaffe zur Hand hat - er ballert sie über den Haufen. Und wenn die Wumme dann leer ist, dann gibt es in der nächsten Szene wieder kräftig aus Maul.
Ferner hat mich bei dem Film noch geärgert (und ich weiß, dass das außer mir nur jeden zwölftausendsten Menschen interessiert), dass man mal wieder versucht, Gedächtnis- und Mathematik-Leistungen einem Laienpublikum näherbringen will, und wenn man sich nur ein wenig für Mathe interessiert, schlackert man häufig mit den Ohren. Dieses Phänomen kenne ich schon aus Filmen wie Pi oder The Cube. In letzterem geht es um vielstellige Primzahlen, die womöglich Auskunft darüber geben, ob der Durchgang zum nächsten Würfel »sicher« ist. Dummerweise kann man aber auch bei einer 12stelligen Zahl auf Anhieb erkennen, dass es keine Primzahl ist, wenn die letzte Stelle eine Fünf oder Null ist. Und ich glaube, es war eine Fünf (ist auch schon länger her ...).
Regisseur Boaz Yakin hat übrigens bereits Ende der 1980er, damals noch als Drehbuchautor, formelhafte Actionfilme verantwortet, beispielsweise The Punisher (der erste, mit Dolph Lundgren) oder The Rookie (Clint Eastwood und Charlie Sheen, das waren noch Zeiten ...). Doch als Regisseur konnte er nie recht Fuß fassen, weshalb er immer wieder als Autor arbeiten musste, für seltsame Sequels wie From Dusk till Dawn 2 (direct-to-Video, aber wohl immer noch erfolgreich genug, dass binnen Jahresfrist ein dritter Teil produziert wurde) oder Dirty Dancing: Havana Nights. Mit dem Script für Prince of Persia: The Sands of Time hatte er sich wahrscheinlich erneut einen Regiejob »verdient«, und die ersten zwanzig Minuten sind ja auch recht gelungen. Nur ... wer kann es sich schon leisten, ins Kino zu gehen und nach zwanzig Minuten dieses wieder zu verlassen? Denn wer nicht bereits damit zufrieden ist, Jason Statham, markige Sprüche oder Hauen und Scheißen zu bekommen, der könnte sich zunehmend langweilen, immer stärker am Drehbuch und seiner Logik zweifeln und sich weniger und weniger für das Geschehen auf der Leinwand interessieren.
Alien aus »This Island Earth« (dt.: »Metaluna 4 antwortet nicht«)
Ein interessantes Detail noch. In einer Kritik zum Film (der Name des/r AutorIn tut hier nichts zu Sache) erfuhr ich, dass dies ein Film im Stil der 1970er Jahre ist. Was mich in nicht geringem Maße verwunderte, weshalb ich genau nachlas. Die Erklärung: Safe ist nicht so »überkandidelt« (ich paraphrasiere, es war ein anderes Wort) wie die Crank-Filme, sondern die Stadt wird so schmutzig dargestellt wie 70er-Filmen wie The French Connection. Ausrufungszeichen, Kunstpause. Okaaaay ... Mit dieser Herangehensweise und einer entsprechenden Verkürzung der Filmgeschichte auf ein paar willkürlich gewählte Beispielfilme wäre also Men in Black 3 ein Sci-Fi-Film wie aus den 1950ern, weil nicht so viel in die Luft geht wie in Independence Day oder Transformers, die Aliens (und Effekte) aber so bunt sind wie in This Island Earth. Alles klar, wieder was gelernt.