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3. Dezember 2014
Thomas Vorwerk
für satt.org


  The Drop – Bargeld (Michaël R. Roskam)
The Drop – Bargeld (Michaël R. Roskam)
Bildmaterial © 2014 Twentieth Century Fox
The Drop – Bargeld (Michaël R. Roskam)
The Drop – Bargeld (Michaël R. Roskam)
The Drop – Bargeld (Michaël R. Roskam)

Der 2013 verstorbene James Gandolfini mit Regisseur Michaël R. Roskam




The Drop – Bargeld
(Michaël R. Roskam)

USA 2014, Originaltitel: The Drop, Buch, Lit. Vorlage: Dennis Lehane, Kamera: Nicolas Karakatsanis, Schnitt: Christopher Tellefsen, Musik: Marco Beltrami, Raf Keunen, mit Tom Hardy (Bob Saginowski), Noomi Rapace (Nadia), James Gandolfini (Cousin Marv), Matthias Schoenaerts (Eric Deeds), John Ortiz (Detective Torres), Elizabeth Rodriguez (Detective Romsey), Michael Aronov (Chovka), Morgan Spector (Andre), Michael Esper (Rardy), Ross Bickell (Father Regan), James Frecheville (Fitz), Tobias Segal (Briele), Patricia Squire (Millie), Ann Dowd (Dottie), Chris Sullivan (Jimmy), 106 Min., Kinostart: 4. Dezember 2014

»Me? I just tend bar. And wait.« Wenn man mal die Doppelbedeutung des Wortes »wait« in gastronomischen Zusammenhängen außer acht lässt, ist dieser kleine Satz, eingefügt nach einer detaillierten Beschreibung dessen, was einen »Drop« ausmacht, die deutlichste Veränderung zwischen Dennis Lehanes Kurzgeschichte Animal Rescue, seiner Romanausführung der selben Geschichte und dem dazwischen entstandenen Drehbuch (ebenfalls aus seiner Feder) nebst Film.

In der Kurzgeschichte wird schon durch den Titel das Augenmerk auf einen kurz vor Weihnachten aus einem Mülleimer geretteten jungen Hund geleitet, der in der Kurzgeschichte übrigens Cassius heißt (wie der Boxer Clay aka Mohammed Ali, der Hund hört auch auf die symbolisch aufgeladene Kurzform »Cash« ), in Roman und Film indes »Rocco« , nach einem Schutzheiligen für allerlei (u.a. Hunde), St. Rocco. Klingt irgendwie auch wie ein Boxer. Bob (Tom Hardy), der Barkeeper, der den Satz oben äußert, denkt nämlich zunächst, der Hund könnte der Boxer-Rasse angehören, ehe die in Hundedingen besser bewanderte Nadia (Noomi Rapace), auf dessen Grundstück die Mülltonne steht, ihn belehrt.

Durch den anderen Titel nimmt man bei Film und Roman einen anderen Schwerpunkt der Geschichte an, es geht um einen bevorstehenden Überfall, bei dem Hund vielleicht eine Rolle spielen mag, doch offensichtlich ist alles um den »Drop« herum wichtiger als der Hund – auch wenn ein früheres Herrchen (Matthias Schoenaerts) und die Besitzerin der Mülltonne, in der er gefunden wurde, natürlich irgendwie eine Rolle spielen werden.

In seinem Drehbuchdebüt (von ein paar Fernsehfolgen abgesehen) hat Krimiexperte Lehane (Mystic River, Shutter Island) die Geschichte seiner Kurzgeschichte eigentlich nur etwas mit Nebenfiguren angereichert, wobei Cousin Marv (James Gandolfini), der Chef der Bar, in der Bob arbeitet, auch in der Kurzgeschichte schon eine wichtige Rolle hatte. Im Verlauf des Film stellt man langsam fest, dass die Einstellung der beiden Männer zu ihrem Job und der Bar einer der wichtigsten Punkte des Films ist. Das spielt zwar auch eine Rolle bei den kriminellen Machenschaften, die sich so »nebenbei« abspielen (Raubüberfälle, Mafia, hier und da eine Leiche), doch, und das zeichnet den Film aus, die Figuren sind einfach wichtiger als die Kriminalhandlung, und die Kriminalhandlung entwickelt sich größtenteils aus den Handlungen der Figuren.

Ein Unterschied zwischen Film und Roman besteht (neben dem »Umzug« vom Bostoner Stadtteil Dorchester nach Brooklyn) noch darin, dass die Figur Bob im Roman weitaus »weicher« wirkt als in der Darstellung durch den »Bad Boy« Hardy, der neben seinen Schurkenrollen auch schon Geheimagenten und was nicht alles gespielt hat, und nicht 1:1 wie der schüchterne Barkeeper herüberkommt, als der er im Roman detailliert beschrieben wird. Das ist aber auch kein Beinbruch, weil Hardy als Hauptdarsteller auf jeden Fall die Sympathie des Zuschauers auf sich zieht und auch als Identifikationsfigur »funktioniert« . Und dabei darf er auch ein bisschen Tom Hardy sein, der ja in diesem Jahr schon in Locke bewies, dass er auch als echter »Macher« eine ausdehnte zerbrechliche Seite zeigen kann.

The Drop ist gerade deshalb ein toller Genre-Film, weil sich die Geschichte immer wieder dem Genrekonzept widersetzt. Okay, es geht um einen Haufen Geld, um unerbittliche Mafiosi und eine Polizeiermittlung, aber irgendwie geht es auch um einen malträtierten Hund, der ein Heim sucht. Und in Sachen »Harte Männer mit ihren vierbeinigen Freunden« ist Tom Hardy Keanu Reeves in dem im Januar startenden John Wick noch ein paar Schritte voraus … ohne dafür ein Supermann Marke »trigger happy« sein zu müssen, sondern einfach ein Barkeeper, der seinen Job gut macht, weder Hunde noch Frauen schlägt und auf seinen großen Moment wartet … »Me? I just tend bar. And wait.«