FC Hansa Rostock
Unter Klippenkotzern und Bratwurstmeistern
Frank Willmann im Gespräch mit Manu Fischer
(Mit Fotos von Knut Hildebrandt)
Der FC Hansa Rostock spielt in der angehenden Bundesligasaison sein zehntes Jahr im gesamtdeutschen Oberhaus. Er ist in Ostdeutschland mit Abstand der erfolgreichste Fußballclub nach 1989. Die Wiege des F.C. Hansa Rostock stand im Erzgebirge. Die Oberligamannschaft Empor Lauter wurde 1954 auf Beschluss von "oben" nach Rostock "delegiert". Das war in der DDR nichts Ungewöhnliches, es betraf fast jeden Fußballclub. Unter dem Namen SC Empor Rostock wurden ab 1954 die Oberligaspiele der bisherigen BSG Empor Lauter im Rostocker Ostseestadion ausgetragen. Die Gründung des F.C. Hansa fand 11 Jahre später am 28. Dezember 1965 (18.32 Uhr) im Kultursaal der Deutschen Post in Rostock statt. Wochen vor der Gründung hatte ein Vorbereitungskomitee die Rostocker Bevölkerung angehalten, einen Namen und ein Symbol für den neuen Club vorzuschlagen. Unter allen Einsendungen wurden der Name "Hansa" und als Symbol die Kogge am häufigsten genannt.
In der DDR-Oberliga spielten der SC Empor und der F.C. Hansa mit wechselhaftem Ergebnis. In den Jahren 60er Jahren zählten die Rostocker zu den Spitzenmannschaften des DDR-Fußballs, zum Titelgewinn reichte es nie. Viermal (1962, 1963, 1964, 1968) musste man sich als Vizemeister geschlagen geben. Hansa stand auch fünfmal im Pokal und scheiterte fünfmal (1955, 1957, 1960, 1967, 1987).
In der letzen DDR Oberliga-Saison 1990/91 wurde die Mannschaft überraschend letzter DDR-Meister und DDR-Pokalsieger. Der Meistertitel bedeutete gleichzeitig die Qualifikation für die 1. Bundesliga. Nach dem 1991/92 und drei Jahren Zweitklassigkeit, gelang 1995 die Rückkehr in die höchste Spielklasse.
Am 2. August empfängt Hansa den VFB Stuttgart zum ersten Heimspiel der Bundesligasaison. Hansa spielt im Ostseestadion (Kapazität: 30.000 Zuschauer). Es gibt auch richtiges Bier im Stadion: Lübzer Pils (2,50 Euro für 0,4 Liter, kein Becherpfand - ein fanfreundlicher Bierpreis).
Manu Fischer hinter der Theke
Kneipier Schuppe
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Anlässlich des Saisonstarts befragte Frank Willmann Manu Fischer, Wirtin der Berliner Fußballkneipe Sportklause, bekennende Hansafanatikerin und Mitglied im Hansafanclub Berliner Fischköppe e.V. Die "Sportklause" ist quasi ein kleines Fußballmuseum und über und über mit diversen Fanartikeln ausgeschmückt.
Wann wird Hansa Deutscher Meister?
2002 wurden wir offizieller Bratwurstmeister. Laut Umfrage gibt’s bei uns die besten Würste.
Bist du beim 1. Heimspiel dabei?
Logo, frisch geputzt, mein Mann Schuppe kommt natürlich auch mit.
Wie kommt eine Berlinerin zu Hansa?
Ich bin ne Berliner Pflanze, mein Mann Schuppe von der Insel Usedom kam nach Berlin, warf sein Netz aus, seitdem sitz ich drin.
Wie verläuft eine Zugfahrt am Spieltag?
Knapp ein Drittel der Mitglieder des Fanclubs sind Frauen.
Wir feiern wie die Männer, trinken tun wir eher weniger, Damen verhalten sich wie Damen. Unsere Männer machen auch nicht ganz so viel Unsinn wenn Frauen in der Nähe sind.
Welche Fußballer hat Hansa neu verpflichtet?
Den namibischen Nationalspieler Razundara Tjikuzu von Werder Bremen, ein kleiner leicht Durchgeknallter, ein Spezialist für die Ampelkarte, aber ein Superspieler, wir freuen uns auf ihn. Dann Gabriel Melkam, ein ruhender Pol für die Abwehr, Thomas Schultz kam aus Dänemark für unser Mittelfeld, war die Entdeckung letzte Saison in Dänemark. Auch der Stürmer Martin Max wurde von 1860 München verpflichtet, da ist die Erwartungshaltung bei uns groß, er hat bisher 11 Tore gegen Hansa gemacht. Die elf Tore muss er uns wenigstens zurückgeben.
Wie siehst du die gegenwärtige Entwicklung bei Hansa?
In der neuen Saison hoffe ich, weniger zittern zu müssen als in der letzten. Trainer Achim Veh, seit 2002 in Rostock Trainer, hat sich prima eingelebt. Überdies durfte er nun die Spieler holen, die er wollte. Offiziell ist Timo Lange noch unser Fußballgott, aber Gottie (Godfried Aduobe) ist auf dem besten Weg, ihm den Rang abzulaufen. Die Vereinsführung hält sich wohltuend zurück, Schreihälse wie die Hoenessbrüder gibt’s bei Hansa nicht.
Welchen Platz belegt Hansa am Ende der kommenden Saison?
Platz 10 mindestens.
Wieso spielen so viele Skandinavier bei Hansa?
Hansa ist kein reicher Club, Rostock keine Kulturmetropole. Unsere Schweden und Dänen fahren 2 Stunden mit der Fähre, dann sind sie zu Hause. Dann gehörte Mecklenburg lange Zeit zum Königreich Schweden, eine der drei Kronen in der schwedischen Nationalflagge steht für Mecklenburg. Die Königin von Schweden ist selbstredend Hansafan, die dritte Krone verpflichtet.
Zu Hansaspielen kommen stets Fans aus Skandinavien, 200 sind immer da, wenn eine gute Mannschaft kommt, sind es leicht 1000. Die machen sich auf der Fähre schön rund und feiern in Rostock ordentlich ab, wedeln wie die Berserker mit der Dänen- oder Schwedenfahne. Man erkennt sie leicht an ihren teueren Wind- und Wetterjacken, die passen gut in die Welt.
Wie wurde das neue Stadion angenommen?
Super. Schade ist nur, dass der Fanblock zweigeteilt ist.
Was gibt’s zu bemängeln?
Der Kontakt der Spieler zu den Fans lässt immer mehr nach, das war früher besser. Heute ist Fußball eine schnelllebige Angelegenheit, jedes Jahr ein Kommen und Gehen, Identifikation mit dem Verein ist mangelhaft, nicht so innig wie früher.
Hast du Lieblingsgegner?
Bayern München, da gewinnen wir häufig, glaube sieben mal bisher ham wer die geschlachtet, auch in München.
Eure Kneipe Sportklause in der Torstraße 151 in Berlin-Mitte läuft? Kann man Hansa dort im Fernsehen bewundern?
Kneipe läuft gut, alle Spiele von Hansa kann man auf einer Großbildleinwind sehen, alle anderen Spiele der Bundesliga auch. Wir haben bei allen Fußball-, Box-, Radsportereignissen usw. die Kiste an, drei Fernseher gibt es insgesamt, jeder kann alles bei uns sehen. Wir sind immer an Fanartikelspenden aller möglichen Vereine interessiert, die Gestaltung unseres Ladens ist quasi ein Work in Progress, da kommt immer noch was dazu.
Wer kommt in die Klause?
Büroangestellte, Handwerker, Fans aller Nationen und von allen Kontinenten waren schon hier. Jeder friedliche Mensch ist willkommen.
Ist Hansa ein Ostverein? Wenn ja, warum?
Man muss sich zu seiner Identität bekennen.
Wird im Stadion mit DDR-Fahnen gewedelt?
Einige wenige Fahnen sieht man, kleine Provokation, na ja. Wird immer weniger. Auswärts wird auch manchmal noch von gegnerischen Fans "Stasi raus" oder "Baut die Mauer wieder auf" gejodelt, das ist nicht so ernst zu nehmen.
Gibt es ein besonderes Schimpf-Wort für Hansafans?
Klippenkotzer nennen uns spöttisch die Fans anderer Vereine, bissel Frotzelei und Provokation gehört zum Fußball.
Hat Hansa ein Hooliganproblem?
Bei uns gibt’s einige Klabautermänner, die manchmal am Zeiger drehen. Wenn die in einer Masse losziehen und zu viel Gerstensaft genascht haben, dann kann’s auch mal krachen. Das kennt jeder größere Verein. Gibt überall Leute mit Matsch in der Birne. Die Polizei provoziert auch mitunter. Wenn die Berliner Fischköppe unterwegs sind, feiern wir nach dem Spiel mit den gegnerischen Fans meist ordentlich ab, egal wie das Match ausgeht. Unsere Stadionordner waren lange Zeit als besonders unfreundlich, ja mitunter unverschämt in der Bundesliga bekannt, das bekommt der Verein langsam in den Griff. Niemals vergessen, die Fans sind der Verein, nicht der Aufsichtsrat, nicht die Ordnertruppe.
Seit wann fährst du zu den Spielen?
Etwa seit Anfang der 90er, zu Ostzeiten bin ich selten mit. War ja damals wie heute in den Emiraten, die Frau saß mit Kopftuch zu Hause, der Mann lärmte auffem Sportplatz mit der Tröte.
Hast du einen Hansa-Wunsch für die Zukunft?
Ich würde gern mal wieder mit der Mannschaft ins Ausland fahren, der UI-Cup würde uns reichen, wir sind nicht sehr anspruchsvoll.