Der Soundtrack ist heftig, die Wechsel sind krass. City, Marius, Marianne Rosenberg, Rammstein. Beyoncé, Udo Jürgens und brettharter Kirmes-Techno. Bei Usher hole ich einen Extraball, während des Smokie-Remixes verschwinden drei Bälle unwirksam im Kugel-Auslauf. In der Nogat-Klause am Schierker Platz in Berlin-Neukölln prallen Welten aufeinander. Da gibt es einerseits das gemütlich Versunken-Versoffene: Sparkasten, ein Kupferrelief des Europa-Centers, Schultheiss vom Faß. Das Poster mit den Hundebillardspielern und jeden Freitag ab 16 Uhr Buletten für einen Euro … alles klar! Dazwischen entdeckt das Auge allerdings Unvermutetes: die blaue, gecrushte Metallfolie unter der Decke, Topfpalmen am Fenster und feinstes, kostbarstes Jever ausgeschenkt in 0,3er-Piccolo-Pullen. Ein selbstgemachtes Plakat informiert darüber, daß der Monatsbeste beim Megatouch-Strippoker einen Getränkegutschein im Wert von zwanzig Euro erhält.
Das klingt nach Ärger, Stunk, doch die Stimmung in der Nogat-Klause ist freundlich, im vorderen Raum sogar familiär. Die aufmerksame Bedienung sorgt für den nötigen Bierfluß, die Herren- wie auch Damentoiletten sind rustikal und sauber. Gute Luft, ruhige Gäste … Herz, was willst Du mehr? Ich muß an Petry denken. Wolfgang. Sommer in der Stadt. "Hör die Band aus Lili’s Diskothek und am Flipperautomat da gewinn’ ich sogar ein Spiel." Yeah! Einen "Lord of the Rings"-Flipper würde man in dieser Umgebung wohl nicht unbedingt erwarten … obwohl: wo sonst? Er ist der vorletzte Streich aus dem Hause Stern, dem nach dem Ende von Gottlieb, Bally und Williams letzten Flipperhersteller der Welt. Ein flatschneues Gerät, super in Schuß, so geil wie die Geiselbefreiung in der dritten "24"-Staffel. Dabei zeichnet die Flipperautomaten von Gary Stern oft eine gepflegte Langeweile aus, der geisttötende Chic von KFZ-Werkstatt und Hobbykeller. "Monopoly" ist nett, aber zu verspielt, "Rollercoaster Tycoon" betulich wie ein ZDF-Krimi und beim "Playboy"-Multiball möchte man sich nebenher die Fußnägel schneiden. Ganz anders "The Lord of the Rings" – er hat alles, was das Spielerglück perfekt macht! Eine Sprungrampe in der Mitte zum Auslösen der unterschiedlichen Missionen, ausfahrbare Gegner, vier Multiball-Modi und ein zusätzliches, allerdings wenig aufregendes Spielfeld. Die Sprachausgabe ist englisch – mit den Originalstimmen der Schauspieler Elijah Wood und John Rhys-Davies. Ein Videomode fehlt, aber das macht nichts, man vermisst ihn kaum. "Lord of the Rings" ist ein genialer Flipper, rasant und aufregend, äußerst anspruchsvoll – aber gerecht, dank der klaren und übersichtlichen Spielführung. Zentrumschuß, Licht an, Rampe rauf, Ball gebunkert, klasse. So flippert man im 21. Jahrhundert. Nur das kleine Mädchen, das lachend um den Billardtisch rennt und mit einer Euro-Münze über die Metallkanten schrappt, nervt ein bißchen – aber irgendwann muß es ja wohl auch ins Bett. Außerdem hätte es viel schlimmer kommen können, immerhin stehen neben dem Flipper mehrere Touchscreengeräte und ein Elektrodart und bilden eine furchtbare Drohkulisse. Nein, nein, so ist es schon perfekt, der Flipper hervorragend ausgeleuchtet, der Standort direkt neben der Tür zur Toilette ideal … o, Augenblick verweile! Und für dauerhaftes Spielglück ist gesorgt, denn da das Gerät ziemlich runtergespielt wurde, ist die nötige Punktzahl für das Freispiel durchaus erreichbar. So, nur noch die Lane entlang – juchhu, geschafft! Ich hätte gern noch ein Jever und mach jetzt mal Schluß, um mich weiter auf das Spiel zu konzentrieren. Bye-bye!