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Top 13 Bücher 2004:
- Jörg Fauser: Rohstoff.
Alexander Verlag, Berlin 2004. 304 Seiten, EUR 19,50 » amazon
Rohstoff von Jörg Fauser (1944-1987) ist einer
der besten deutschsprachigen Romane der letzten 25 Jahre. Der Stil ist
präzise, mitreißend, mustergültig, der Inhalt monströs. Rohstoff beschreibt
die Ent-Kunstung eines Menschen, die Auslöschung von Ideen & Idealen:
Von der Heroinszene Istanbuls zum deadend job in Frankfurt, von den besetzten
Häusern zum offenen Sportwagen … Der stark autobiographische Roman
erschien erstmals 1982 & liegt nun als 2. Band der schönen Fauser-Werkausgabe
im Alexander Verlag vor.
- Thomas Kapielski: Weltgunst.
Merve Verlag, Berlin 2004. 180 Seiten, EUR 13,80 » amazon
2002 war das Jahr des Hinnehmens, 2003 das Jahr des Durchstehens,
2004 ist das Jahr des Standhaltens - zumindest für Thomas Kapielski.
Sein neues Buch Weltgunst versammelt Aphorismen, Geschichtchen,
Kalauer & Sinnsprüche aus dieser Zeit, größtenteils
von genialer Natur: Ein Tag ohne Bier ist wie ein Tag ohne Wein. Weltgunst ist
ernster als Kapielskis letztes Werk & thematisiert auch persönliches
Leid (Scheidung, Alkoholismus). Sprachlich wie gedanklich ist Thomas Kapielski
der unnachahmlichste lebende deutsche Schriftsteller.
- Ludwig Hohl: Alles ist Werk.
Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M. 2004. 300 Seiten, EUR 25,00 » amazon
Ludwig Hohl (1904-1980) war & ist ein Unentdeckter, ein
Wortesammler und -verwalter, ein Denker der Tiefe. Die vorbildliche Studie Alles
ist Werk gewährt Einblicke in Hohls geheimnisvolle Arbeitsweisen.
Hohl hat sich & sein Leben der Kunst verschrieben – das Leben
hat es ihm nicht gedankt. Das Buch ist eine späte Würdigung,
eine wunderbare Dokumentation mit zahlreichen Abbildungen, Fotografien & hervorragenden
Texten – z. B. Andreas Langenbachers origineller Beitrag über
die Poetik der Ernüchterung, der nicht den Rausch, sondern den Kater
als schöpferische Quelle untersucht.
- Samuel Pepys:
Die Geheimen Tagebücher
Eicborn Verlag 2004. 416 Seiten, EUR 29,90 » amazon
1703 stirbt Samuel Pepys in London im Alter von siebzig Jahren als hochgeachteter
Mann. In der Epoche der britischen Restauration gelang ihm eine beeindruckende
Karriere: Pepys diente sich vom einfachen Privatsekretär zum Flottenadministrator,
dann zum Parlamentsabgeordneten und schließlich zum Staatssekretär
hoch. Seine knapp 3000 Bände umfassende Privatbibliothek gelangt
nach seinem Tod an das Magdalene College in Cambridge, darunter befinden
sich sechs in Kalbsleder gebundene Bände mit eigenen Aufzeichnungen
in einer geheimnisvollen Kurzschrift. Es dauert mehr als hundert Jahre,
bis sich die Aufmerksamkeit auf die Bände richtet und die Texte
entschlüsselt werden. 1825 erscheint eine kleine Auswahl aus den
rund 3100 Seiten umfassenden Aufzeichnungen, der eher zufällige
Fund ist eine Sensation. Bei den Bänden handelt es sich um Pepys’ Tagebücher
aus den Jahren 1660 bis 1669, es sind Texte die bis heute verwundern,
verstören und begeistern. Durch sie gelangt sein Autor zu Weltruhm
und geht als wirkungsmächtigster Erneuerer der antiken Gattung,
ja sogar als erster moderner Autobiograph in die Literaturgeschichte
ein. Und ebenso als der radikalste. » mehr
- Washington Cucurto: Die Maschine, die
kleine Paraguayerinnen macht.
Aus dem argentinischen Spanisch übertragen und mit einem Glossar versehen
von Timo Berger. SUKULTUR, Berlin 2004. 32 Seiten, EUR 2,00 » amazon
Auszug: " Nimm das, Marionette, Spielzeug, Playmobil des Todes …!!!"
- Lilli Brand: transitgeschichten
DVA 2004. 158 Seiten, EUR 17,90 » amazon
Lilli Brand stammt aus der Ukraine, studiert Medizin, kommt
nach Deutschland, heiratet zum Schein, arbeitet als Prostituierte, häuft
Schulden an, nimmt Heroin, kommt in den Knast. Heute ist sie 30, lebt als
Journalistin in Berlin & erzählt in transitgeschichten kunstvoll
ihre unglaubliche, atemberaubende Geschichte. Es ist eine mitleidlose,
formal strenge Autobiographie mit kürzesten, gnadenlosen Sätzen
ohne Schmerz, Reue & Wehleid: Zeugnis und Meisterwerk der Neuen Deutschen
Härte!
- Tom Schulz: Abends im Lidl.
Neue Edition im Stahl-Verlag, Köln 2004. 80 Seiten, EUR 8,50 » krash.de
In den 90er Jahren war der Kölner Krash Verlag eine der
besten Adressen für untergründige Autoren – nach einer
kreativen Pause hat ihn der Schriftsteller & satt.org-Autor Enno Stahl
mit einer neuen Reihe für engagierte Lyrik wieder ins Leben gerufen.
Als erster Band erschien im März nun der Gedichtband Abends im
Lidl von Tom Schulz. Es ist die dritte & bislang komplexeste Veröffentlichung
des 1970 geborenen, in Berlin lebenden Dichters. Schulz ist einer der bildreichsten & wortmächtigsten
jungen Lyriker, der fernab des Zeitgeistes schreibt, gegen die Moden, für
eine Literatur des Lebens!
- Aaron Cometbus: Doppelzwei.
Aus dem Amerikanischen von Jörn Morisse. Lautsprecher Verlag 2004. 144 Seiten, EUR 11,50 » amazon
Doppelzwei von Aaron Cometbus ist ein autobiographisches
Befindlichkeitsbuch von lässiger Schnodderigkeit und erinnert an Peter
Bagges Grungekultcomic Hate. In 94 lose miteinander verbundenen
Episoden beschreibt der legendäre amerikanische Fanzinemacher einen
kalifornischen Punk-WG-Alltag ohne Pathos. Parties, Freunde, Bier, Besetzungen …
Obdachlosigkeit, Zynismus, Suizide, Langeweile. Übersetzt wurde das
flott & luftig geschriebene Buch vom langjährigen satt.org-Mitarbeiter
Jörn Morisse.
- Peter Rühmkorf: TABU II
Rowohlt 2004. 400 Seiten, EUR 22,90 » amazon
Peter Rühmkorf ist der Star dieser Buchsaison – & das
zu Recht! Seine als TABU II erschienenen Tagebuchnotizen von
April 1971 bis Juni 1972 fügen sich zu einem genau beobachteten
BRD-Zeitroman, der die damalige linke Bewußtseinsauflösung
angesichts der Aktivitäten der Baader-Meinhof-Gruppe & privat-beruflicher
Etablierung dokumentiert. Die großartig geschriebene Privatgeschichte
mit wundervollen lyrischen & seltsamen dramatischen Einsprengseln
beweisen Rühmkorfs einmalige Stellung als Schriftsteller, Lyriker,
Literaturvermittler & politischer Aktivist.
- Ferdinand Hardekopf: Wir Gespenster.
Arche Verlag 2004. 160 Seiten, EUR 16,00 » amazon
"Mädchen sprießen jung im Sturm,/Bald muß ich
sie lieben;/Und es wächst ein Bücherturm,/Der wird jetzt geschrieben.“ – Ferdinand
Hardekopfs (1876-1954) in Buchform veröffentlichtes Werk umfaßt
gerade einmal 120 Seiten & erschien soeben komplett im Arche Verlag.
Die Gedichte, Kurzgeschichten & dramatischen Skizzen beweisen, daß Hardekopf
einer der originellsten & elegantesten Expressionisten seiner Zeit
war. Ein kundiges Porträt Wilfried F. Schoellers rundet das Buch ab & gibt
Auskunft über sein späteres Schicksal: Im II. Weltkrieg verliert
Hardekopf sämtliche in Arbeit befindlichen Manuskripte und überlebt
als „zerfetzter, verhetzter, zersetzter Literat".
- Peter Kurzeck: Ein Kirschkern im März.
Stroemfeld/Roter Stern, Frankfurt am Main 2004. 286 Seiten, EUR 19,90 » amazon
Nach Übers Eis und Als Gast ist Ein
Kirschkern im März der
dritte Band (von 7) der Zeit- und Stadtchronik über das Jahr 1984. Peter
Kurzeck (*1943) ist einer der radikalsten und eigenwilligsten Romanciers
der Gegenwart.
- Burkhard Spinnen: Der Reservetorwart.
Schöffling & Co. 2004. 200 Seiten, EUR 18,90 » amazon
Burkhard Spinnens Erzählband Der Reservetorwart umfaßt
24 Geschichten, in denen der Autor mit erstaunlicher Erfindungsgabe & feingeschliffenen
Sätzen gestandene Männeralltage nach Bruchstellen absucht & sie
findet. Ob Angestellter, Fußballprofi oder Nobelpreisträger:
Mit lakonischem Witz offenbart Spinnen ihre ewiggleichen Wünsche,
Träume & Ängste – der Tod der Ehefrau, Sex mit Fremden,
fehlende Haare, der Verlust der Jugendidole … Das schöne Buch der
Unbefriedigung!
-
Thomas Bernhard: Die Autobiographie.
Werke 10.
Suhrkamp, Frankfurt a. M. 2004. 400 Seiten, EUR 39,90 » amazon
Zum ersten Mal in einem Band: Die 5 autobiographischen Erzählwerke
von Thomas Bernhard: Die Ursache, Der Keller,
Der Atem, Die Kälte und Ein
Kind. Mit einem ausführlichen Kommentar und einer Zeittafel,
herausgegeben als Band 10 der Suhrkamp-Werkausgabe von Martin Huber
und Manfred Mittermayer.
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