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August 2007
Christina Mohr
für satt.org

Short Cuts-Logo
Short Cuts August 07, erste Hälfte


Hier kommen neue Alben von Phillip Boa & The Voodooclub, Happy Mondays, Emmon, Broken Family Band, ausserdem der Soundtrack zum Simpsons-Film, eine Werkschau von What's so Funny About/ZickZack und eine neue Single von Sabrina Setlur …


Phillip Boa & The Voodooclub:
Faking to Blend In
(Motor)

Phillip Boa & The Voodooclub, Faking to Blend In

Als vor gut drei Jahren Phillip Boas Album „C 90“ erschien, jubelten die Jünger, denn des Meisters Muse und Exfrau Pia Lund war wieder mit an Bord und versüsste den Boa-Sound mit ihrem engelsgleichen Gesang. Die aufgefrischte Geschäftsbeziehung Boa/Lund bewährt sich weiterhin, auch das neue Album „Faking to Blend In“ ist eine Gemeinschaftsproduktion, getreu dem Motto „never change a winning team.“ Die 13 Songs auf „Faking …“ vereinen lässig und begeisternd das Tollste aus den Achtzigern und Neunzigern mit dem Besten von Heute: euphorisierende Pophymnen wie die Single „On Tuesdays I'm Not As Young“, „Drinking and Belonging to the Sea“ und „You Are A Parasite But I Love You“ kontrastieren mit hypnotischen Elektrobeats bei „Girl Is A Runner“ oder bluesgetränktem Rock bei „You Hurt Me.“ Produziert wurde das Album von Tobias Siebert, seines Zeichens Gitarrist bei den jugendlichen Hipsterbands Delbo und klez.e – Sieberts Einfluss hat dem Boa-Konzept gut getan, die Songs klingen abgespeckt, von Ballast befreit und auf ihre charakteristischen Merkmale reduziert: Boas Knarzvocals, Lunds Elfenstimme, treibendes Schlagzeug und eingängige Melodien mit Mitsingappeal. Boas Voodooclub läuft – 22 Jahre nach der ersten Platte – erneut zu Hochform auf und klingt so frisch wie einst im Mai. Wer dachte, Boa sei seit Jahren weg vom Fenster, hat sich gründlich geirrt.

Phillip Boa & The Voodooclub live:

14.09.07 - Gladhouse / Cottbus
20.09.07 - Batschkapp / Frankfurt
21.09.07 - Factory / Magdeburg
22.09.07 - Steintor Varieté / Halle
24.09.07 - Kulturetage / Oldenburg
25.09.07 - Musikzentrum / Hannover
26.09.07 - Postbahnhof / Berlin
27.09.07 - Gewerkschaftshaus / Erfurt
28.09.07 - Alte Reithalle / Dresden
29.09.07 - Alte Spinnerei / Glauchau
02.10.07 - Markthalle / Hamburg
04.10.07 - Zeche / Bochum
05.10.07 - Gloria / Köln
11.10.07 - Substage / Karlsruhe
12.10.07 - Muffathalle / München
13.10.07 - Rosenhof / Osnabrück
» www.phillipboa.com
Phillip Boa - On Tuesdays I'm Not As Young

YouTube direkt

Happy Mondays: Uncle Dysfunctional
(Sanctuary/Sequel/rough trade)

Happy Mondays, Uncle Dysfunctional

Und noch eine Legende aus den Spätachtzigern/Frühneunzigern meldet sich zurück: die Happy Mondays aus Manchester, Manchester, Englaaand unterscheiden sich von Phillip Boa und seinem Voodooclub unter anderem dadurch, dass niemand mit ihrem Comeback rechnen konnte – vor allem nach der halbherzigen Reunion in 2004. 1992 erschien das letzte reguläre Album „Yes Please“, mit dem die verdrogten Jungs um Shaun Ryder einen verwackelten Schlusspunkt unter ihr Schaffen als Raveband erster Stunde setzten. Mit „Step On“, „Kinky Afro“ und „24 Hour Party People“ gelangen den Mondays Klassiker der Rave-Ära, die auch heute noch die Gemeinde auf die Tanzfläche schubsen und schaukeln. Shaun Ryder machte in den neunziger Jahren mit Black Grape weiter, Tänzer Bez veröffentlichte eine Autobiografie, die anderen Bandmitglieder verschwanden in der Versenkung. Und nun die grosse Überraschung – 2007 sind die Mondays wieder da und klingen, als sei nie etwas gewesen. Zum Trio (gesund)geschrumpft und angeblich drogenfrei (ha!) präsentieren die dysfunktionalen Onkel Shaun Ryder, Bez und Drummer Gaz Whelan eine Platte, die sich nicht wesentlich von früheren Alben unterscheidet. Wie gewohnt dominiert ein verschleppter, verpeilter Dancebeat mit charakteristisch hineingefrästen, schnarrenden Gitarrenparts, ein dumpfer Bass mit Blueselementen und die Anti-Stimme von Shaun Ryder, der noch immer mit Vorliebe Ferkeleien und sinnfreie Partyparolen croont. „It's in the Blood, Maaaan“ raunt Ryder und wir wissen sofort, was er meint … Der veritable Opener „Jellybean“ zieht alle Register inklusive hinausgezögertem Beginn, geleierten Vocals und Mitsingrefrain. Im gleichen Stil geht es weiter, Tracks wie „Rats with Wings“, „Rush Rush“ oder „Dr. Dick“ sind lässig hingerotzte Smasher für die ganz grosse Discosause mit nur ganz wenig Altersweisheit. Dass die Mondays Queer-Rapper Mickey Avalon als Gastsänger für „Deviantz“ einladen, beweist, dass sie sich trotz vernebelten Blicks voll auf der Höhe der Zeit befinden: Mickey und Shaun liefern sich ein catchy Spoken-Word-Duett, das man gerne mal live bewundern möchte.


» www.happymondaysonline.com



The Simpsons Movie – The Music.
Baked by Hans Zimmer (Extreme)

The Simpsons Movie – The Music. Baked by Hans Zimmer

Den Simpsons-Film hat Kollege Vorwerk in der letzten Woche ausführlich besprochen – wir schliessen uns mit dem Soundtrack zu „The Simpsons Movie“ an. „Gebacken“ wurde der score von Hans Zimmer, dem ausserordentlich geschätzten und erfolgreichen, in Frankfurt am Main geborenen und in Hollywood arbeitenden Komponisten von Soundtracks für zum Beispiel „Fluch der Karibik“, „Gladiator“, „Batman Begins“ und „The Da Vinci Code.“ Für seine Filmmusik für „König der Löwen“ wurde er mit einem Oscar ausgezeichnet, nominiert wurde er ausserdem für viele andere Arbeiten. Mit einem solchen Erfolg konnte er in den siebziger Jahren noch nicht rechnen: er begann seine musikalische Laufbahn bescheiden als Keyboarder unter anderem bei Ultravox und den Buggles, deren visionärer Hit „Video Killed the Radiostar“ noch heutzutage in aller Ohren sein dürfte. Für „The Simpsons“ hat Zimmer einen ganz klassischen, altmodischen Soundtrack geschaffen: hier werden nicht – um auf Nummer sicher zu gehen – aktuelle Popsongs abgenudelt, Zimmer hat ein riesiges Orchester zusammengestellt, komplett mit Streichern, Posaunen und Klarinetten; das bekannte Simpsons-Theme wird variiert, zitiert, moduliert und wiederholt. Pompöse Pauken und zierliche Pikkoloflöten begleiten Homer auf seiner Mission der Weltrettung. Die Musik zum Simpsons-Film ist moderne Klassik, die mit Rockabilly-Einsprengseln („Release the Hounds“) und Filmklassiker-Zitaten („Spider Pig“) vermixt wird. Im letzten Track „Recklessly Impulsive“ gibt es sogar eine elektronikgetränkte House-Abfahrt, die eventuell für die Schweinehufspuren an der Decke verantwortlich ist …


The Broken Family Band:
Hello Love (Track & Field)

The Broken Family Band, Hello Love

Obwohl The Broken Family Band bei flüchtigem Drüberhören klingt wie eine Countryfolkband aus Alabama, stammen Steven Adams (Gesang, Gitarre), Jay Williams (Gitarre, Gesang), Gavin Johnson (Bass) und Mick Roman (Schlagzeug) überraschenderweise aus London und Cambridge/UK. Die Band liebt Americana, Folk und Country, zur Enstpannung und Inspiration spielen sie Songs von Kris Kristofferson und John Denver. Ihrem schrägen, genuin britisch geprägten Humor verliehen sie bereits auf den Alben „Balls“ und „Welcome Home, Loser“ Ausdruck und machten sich weltweit viele Freunde und Fans. Auf „Hello Love“ geht es, Überraschung, um die Liebe. Verlorene, Gesuchte, Gefundene, Vermisste, Verpasste, Versaute. Verpackt in elf Songs, die zwischen Country, Rock, Folk und Blues changieren, die mal federleicht, mal brockenschwer aus den Boxen tönen. Produziert wurde „Hello Love“ von Brian O'Shaughnessy, der schon Beth Orton, My Bloody Valentine und Primal Scream im Studio auf die Sprünge half und der auch der Broken Family Band einen satten, eingängigen und vor allem abwechslungsreichen Sound verpasst hat. Ob beim romantisch-poppigen „Leaps“, dem hart bluesrockenden „Love Your Man, Love Your Woman“ oder dem bittersüssen „So Many Lovers“, immer steht die ausgefeilte Instrumentierung mit Gitarrenpicking, gestrichenem Schlagzeug und Saloonpiano im Vordergrund. „Give and Take“ ist ein zartes, wehmütiges Folkpop-Lied, das so gar nicht mit britischem Zynismus in Verbindung gebracht werden kann. Eine traurige Trompete gesellt sich zur zurückhaltend gezupften Akustikgitarre und Steven Adams klingt so sanft wie selten, wenn er seine Verflossene besingt. „Little Justice“ dreht wieder etwas auf, man fühlt sich ein wenig an die Violent Femmes erinnert, aber The Broken Family Band kann man – spätestens nach „Hello Love“ - eigentlich mit keiner anderen Band mehr verwechseln.


» www.thebrokenfamilyband.com



Emmon: The Art & The Evil
(wonderland records)

Emmon: The Art & The Evil

Das Album „The Art & The Evil“ der schwedischen Sängerin Emma Nylén a.k.a. Emmon ist eine Herausforderung, der es sich zu stellen lohnt: beim ersten Hören ist man geneigt, die elf Tracks als wenig prägnante Discomelange abzutun. Spätestens beim zweiten Durchgang offenbaren sich die Feinheiten – liebevoll verteilte Zitate (z.B. der „Push it“-Beat bei „Rock d'Amour“ oder eine kleine, unüberhörbare „Blue Monday“-Anspielung bei „Frenzy Eyes“) erklingen über einem deepen Bass und campy-altmodischen Synthiesounds, Miss Nyléns Stimme setzt kühle, klare Akzente. Zwischen Italo-Disco, House und Elektropop entfalten sich sphärische Dancetracks, die man nicht mehr aus Kopf und Beinen bekommt. Emmon wurde 2001 als Musikexperiment/-projekt an der Kunsthochschule Stockholm aus der Taufe gehoben, Emma/Emmon arbeitet aber auch als DJ und Remixerin und hat schon Tracks von The Knife, Melody Club oder Soviac bearbeitet. Sie spielt ausserdem in der eher gitarrenlastigen Band Paris, ist also in verschiedenen Schulen und Stilen zu Hause. In ihrem Projekt Emmon feiert Nylén das hochgradig künstliche, synthetische, spielt mit Computerrhythmen und bringt Schweden einmal mehr ins Gespräch, wenn es um stylishen Elektropop geht. Ausserdem: extrem schickes Artwork von Christopher Nying.


» www.wonderlandrecords.com
» www.emmon.se
» myspace.com/emmonmusic



Die folgenden beiden Veröffentlichungen verweisen auf things to come:

What'so Funny about ZickZack?
(What's so Funny About / ZickZack)

What'so Funny about ZickZack?

Die aktuelle Werkschau vom Hamburger Legenden- und Qualitätshaus What's so Funny About/ZickZack lässt für die kommende Herbst-/Wintersaison nur gutes erwarten: 20 neue und zumeist unveröffentlichte Tracks von Jens Friebe, Almut Klotz & Reverend Dabeler, School of Zuversicht/DJ Patex, Brockdorff Klanglabor, Rummelsnuff, Doc Schoko und der Krautrocklegende Faust (!) machen schwer neugierig auf die jeweils angekündigten neuen Alben der Genannten. Ich meine herauszuhören, dass Jens Friebe ein klein wenig rockiger daherkommen wird, zumindest deutet sich das in „Über den Weg“ an; Rummelsnuff wird die ganz grosse, dicke (oh ja) Elektrobombe im nächsten Jahr und auf das neue Album der eigentlich-schon-Stars vom Brockdorff Klanglabor warten ohnehin schon alle. Aber der Sampler birgt noch viel mehr Überraschungen und Kleinode, dass man sich ihn ohne Bedenken nach Hause mitnehmen kann.


Sabrina Setlur: LAUTA
(Single/3p)

Sabrina Setlur, LAUTA
HAUPTSACHE LAUT MACHEN
NEBENAN SOLL`S AUCH KRACHEN
AUFPASSEN AUSRASTEN
DIESEN SHIT HIER LAUFEN LASSEN

 … so rappt Sabrina Setlur auf ihrer neuen Single „LAUTA“, ein vollmundiger, tiefbassiger, toller Vorgeschmack auf ihr Ende August erscheinendes Album „Rot“. satt.org hält Augen und Ohren auf und ist schon sehr gespannt auf die Packung aus Frankfurt/Rödelheim, die den Berliner Aggrojungs mal zeigen wird, was 'ne Harke ist …


» www.rot.fm