Anzeige:
Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen




16. August 2010
Wolfgang Buchholz
und Thomas Backs
für satt.org

Schritt vor und Blick zurück

Teenage Fanclub veröffentlichen ein Sommeralbum.
The Dandy Warhols gehen ins Archiv.

  Teenage Fanclub – Shadows
Teenage Fanclub – Shadows
» teenagefanclub.com
» myspace


Teenage Fanclub – Shadows

Zwei Major-Moll-Akkorde werden abwechselnd von einer Gitarre geschrammelt. Bass und Schlagzeug kommen hinzu und darüber dann eine butterweiche Stimme: »Sometimes I Don’t Need To Believe In Anything«. So fängt es an, das neue Album der Fannies, wie treue Anhänger die Glasgower von Teenage Fanclub nennen. Das Gefühl und das Schwebende ihrer Musik kommen voll zum Tragen. In den letzten Jahren war es etwas ruhiger geworden um die Schotten, die alle paar Jahre für eine Platte zusammenkommen. Sänger und Gitarrist Norman Blake lebt mittlerweile sogar in Kanada. Im Vergleich zu dem seltsam hölzern klingenden letzten Album »Man-Made« ist »Shadows« eine klare Steigerung. Das Album passt wunderbar zum tollen Sommer. Gewohnt entspannt und losgelöst spielen sich Teenage Fanclub durch die zwölf neuen Lieder: Fans von Power-Pop und Westcoast-Rock dürfte das Herz höher schlagen. Hier sind sie wieder, die so leicht klingenden Melodiebögen, unterlegt mit dem Jingle-Jangle der Gitarren. Zwar nicht ganz so filigran, wie die aus meiner Sicht herausragende Platte des Westcoast-Genres der letzten Jahre, die des Wilco-Ablegers The Autumn Defense: Aber nach Songs, Gesang und Arrangement gehört »Shadows« ganz klar wieder zu einem der Besten seiner Klasse.

Jeder der drei musikalischen Köpfe Gerard Love, Norman Blake und Raymond McGinley liefert vier Songs, immer abwechselnd in der gleichen Reihenfolge. Irgendwo stand, dass die Blake-Lieder die besten wären. Das finde ich nicht unbedingt. Mir gefallen die »Love-Songs« am besten. Die klingen noch mehr 60ies-like. Aber welche Band kann auch schon von drei sehr guten Songwritern zehren? Die Mischung macht’s: Der Single-Hit »Baby Lee« ist radiokompatibel, aber trotzdem nicht so schnell abgenudelt wie der sonst dort laufende Mainstream. Nette Gitarrenarbeit bei »The Fall«, toller mehrstimmiger Gesang bei »Into The City« und ein feines Pianothema auf »Dark Clouds«. Dann in der Mitte des Albums zwei weitere Highlights: »Shock And Awe« und »When I Still Have Thee« haben tolle Hooklines. Danach fällt die Platte gegen Ende etwas ab. Die letzten Nummern sind insgesamt etwas lasch. Egal, mit geschlossenen Augen stelle ich mir schottische Kornfelder vor, die im angenehm leichten Wind in der Sommersonne wogen. (Wolfgang Buchholz)

◊ ◊ ◊
  The Dandy Warhols – The Best Of The Capitol Years 1995 – 2007
The Dandy Warhols – The Best Of The Capitol Years 1995 – 2007
Capitol/ EMI
» dandywarhols.com
» myspace


Dandy Warhols – The Best Of The Capitol Years

»Eine Best Of? Das war doch eher ein One Hit Wonder«, meinte ein befreundeter Musikliebhaber, als er von der Veröffentlichung dieses Tonträgers hörte. Zwei Jahre nach »Earth To The Dandy Warhols«, das die Band auf dem eigenen Label Beat The World Records veröffentlicht hatte, versucht der Major EMI offenbar, noch einmal ein paar Tonträger der US-Amerikaner zu verkaufen: Bevor die Songs aus den späten Neunzigern und frühen Nullerjahren in Vergessenheit geraten. Natürlich meinte der Zeitzeuge »Bohemian Like You«, den Song, mit dem bekannten Siebziger-Gitarrenriff, der zumindest für Sänger, Songwriter und Gitarrist Courtney Taylor-Taylor die kommerziellen Flops der letzten Jahre erträglich gemacht haben sollte. Schließlich hatte er ihn an einen britischen Mobilfunkkonzern verkauft. Der und der Dudelfunk bescherten der Combo aus Portland, Oregon kurzfristigen Ruhm. Resultat: Manch ein Musikliebhaber lauscht diesem Track heute ungefähr so gerne wie den bahnbrechenden Schlagern von Frau Modern und Herrn Talking. Und was gibt es hier sonst? Wer den alternativen Gitarrenrock der frühen Alben mit Mini-Hits wie »Every Day Should Be A Holiday« und »Not If You Were The Last Junkie On Earth« mochte, der feierte zu Beginn des letzten Jahrzehnts meistens auch das Album »Thirteen Tales From Urban Bohemia« (2000). Von dem sind auf den 15 Titeln der »Best Of« neben dem Werbejingle auch »Godless« und »Get Off« zu hören.

Ganz hartnäckige Fans gab es natürlich auch. Die kauften dann vielleicht auch noch »Welcome To The Monkey House« (2003), das von Nick Rhodes produziert worden war. Taylor-Taylor wurde damals in zahllosen Interviews nicht müde, den großen Einfluss der britischen Chart-Popper Duran Duran für seine musikalische Sozialisation zu betonen. Eine Steilvorlage für eine Minderheit, die zeitgleich belanglose Popsongs a là »Union Of The Snake« und »The Reflex« zur ganz großen Kunst erhob. Vieles kam danach aber ganz anders: Das befürchtete Duran Duran-Comeback blieb aus, Simon Le Bons Haircrimes, Schulterpolster und andere Highlights der Achtziger blieben den Nachgeborenen erspart. Und für die Dandy Warhols und Capitol war das Thema Hitalben auch erledigt. Wer das alles jetzt noch kompiliert benötigt, wird nun bedient. (Thomas Backs)

◊ ◊ ◊