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11. Juli 2008
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Felix Giesa
für satt.org |
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Die Große Erlangen
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Jule K.: Fernanda’s fabulous life Edition 52 64 Seiten, € 12,- » amazon |
Jule K.: Fernanda’s fabulous life
Jules erste Veröffentlichung bei der Edition 52 liegt nun schon drei Jahre zurück und außer in der einen oder anderen Anthologie hat Comicfan wenig von ihr in letzter Zeit zu sehen bekommen. Der neue Band birgt dann für Langzeitfans auch eine Überraschung. Nicht, dass sich das, spätestens seit „Strange Girls“ entwickelnde, Figureninventar besonders geändert hätte. Ganz im Gegenteil, nach wie vor leben dort liebenswürdige und naive Mädchen, die sich auf der Suche nach dem großen Glück und der großen Liebe befinden, und sich dabei gegen die, zumeist durch Männer verursachten, Widrigkeiten des Lebens behaupten müssen. Nein, die Neuerung ist gestalterischer Natur. Erstmals präsentieren sich Jules Geschichten in Farbe. Führt dies bei vielen ZeichnerInnen, die vorher immer nur in schwarz-weiß gearbeitet haben, häufig dazu, dass die ersten bunten Comics einen qualitativen Abfall darstellen, macht Jule K. jedoch alles richtig. Denn ihre Geschichten sind Pop – und der ist nun mal bunt. Dadurch wirkt der mittelschulhaft anmutende Strich, der sich nach wie vor gegen jeglichen kunstschülerischen Einfluss behauptet, noch authentischer und transportiert so wunderbar die naive Situation der Heldin Fernanda. Diese begleiten wir aufs Land, wo sie ein Stipendium hinverschlagen hat. Um der ländlichen Tristesse zu entkommen, gründet sie eine Band, lernt einen hübschen Jungen kennen – und verstrickt sich doch ein ums andere Mal im Leben. Wenn derzeit im Kontext von Comics ein Verweis auf Charlotte Roches „Feuchtgebiete“ gebracht werden kann, dann hier. Doch demontiert Jule K. keineswegs den „Glamour“- und „Next Top Model“-Mythos, sondern okkupiert ihn im popkulturellen Kontext und spitzt ihn zu. Comicologische Pop-Poesie wie sie sein soll!
Michelangelo Setola Bar Miki Edition Fumetto in der Edition Moderne, 52 Seiten, € 6,- » amazon |
Michelangelo Setola: Bar Miki
Eigentlich ist „Bar Miki“ gar keine Neuveröffentlichung aus Erlangen, sondern Michelangelo Setolas erste eigenständige Comicpublikation erschien bereits zum Fumetto. Dort wurde Setola im Förderprogramm der jungen Künstler ausgestellt. Da ich aber nicht in Luzern war, ist eine Besprechung an dieser Stelle dennoch gar nicht so verkehrt (und der Titel hat es allemal verdient!).
Setola gehört zum Umfeld von „Canicola“, einem Comicmagazin aus Bologna. Begeistern konnten seine Geschichten im deutschsprachigen Umfeld bereits in „Orang“ und im März 2007 in der themenlosen „Strapazin“-Nummer. Der dreckig-schmutzige Zeichenstil, der wie nachlässig hingeschmiert erscheint, im Sujet seiner „Canicola“-Mitstreiterin Amanda Vähämäki streckenweise sehr ähnlich, erinnert mich an ein Gespräch über italienische Punks. Eine Freundin von mir vertrat den Standpunkt, dass italienische Punks entweder Vegan-Crusten sind oder Popper, ein Zwischending gäbe es in Italien nicht. Es scheint fast, als würden die Angehörigen der jungen ,Bologna-Schule’ absichtlich schmierig zeichnen, um nicht in den piktoralen Einheitsbrei hineinzufallen. Dabei haben die Geschichten von Michelangelo Setola reichlich wenig mit Subkulturen jeder Art zu tun – wohl aber mit Gesellschaftskritik und somit auch mit Protest. Düster erzählt er von der unerträglichen Situation der Arbeiter in einer Besteckfabrik, führt uns vor Augen, wie auch in der kleinsten Community immer das Fremde ausgrenzt wird und beweißt in seinem furios-surrealen Ende, welches sich dann doch im Untergrund abspielt, dass sich die Natur doch nicht unterdrücken lässt.
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Frank „Spong“ Plein
Seit einiger Zeit hat ein Teil der jüngeren deutschsprachigen Comiczeichner das Erzählen für sich entdeckt. Bevorzugt erzählt man von sich selbst und liefert damit auch meistens ganz wunderbare Titel ab. Doch ein Name fällt in der Reihe der üblichen Verdächtigen viel zu selten – oder eigentlich eher gar nicht: Spong. Mit bürgerlichem Namen steckt dahinter der Kölner Frank Plein. Auch bei Spong sind Vergleiche mit populären Autoren wie Nick Hornby oder Regisseur Kevin Smith keine Seltenheit und man hat auch schon gelesen, dass seine Geschichten von den „Peanuts“ in erwachsen handeln würden. Das ist natürlich totaler Blödsinn, denn Charles Schulz Ansatz war ein komplett anderer, dezidiert analytischer. Darum begeistern sich auch immer sämtliche Philosophie-, Theologie- und gelegentlich sogar Mathematik-StudentInnen für seine Strips. Frank hingegen erzählt vom Leben und Leiden der postadoleszenten Mitt-bis-End-Dreißiger. Und das hat er in seiner Kurzgeschichtensammlung „Halbstark“ so gut gemacht, dass er eine lobende Erwähnung beim diesjährigen ICOM-Preis einheimsen konnte. Das Spong vornehmlich Geschichtenerzähler ist, erkennt man sofort an den einzelnen Panels. Lediglich die Figuren und was an Inventar nötig ist, um die Szenerie zu beschreiben, bevölkern diese. Hier zeigt sich sicherlich die Schule, die er bei Ralf König durchlaufen hat. Zwar sind die Nasen nicht so lang und dick, aber die Leichtigkeit mit ein paar Strichen immer wieder ausdrucksstarke Gesichter zu schaffen, steht Königs Figuren in nichts nach. Und zum Brüllen komisch sind die Erlebnisse von Steffen und Arne, Spongs Hauptfiguren, auch immer wieder. In seinem neuen Band „Tara oder Der Marterpfahl der Leben heißt“, mit 128 Seiten eigentlich nicht mehr wirklich ein Heftchen, treten neben die humoristischen Einlagen aber auch immer wieder Einblicke in das Seelenleben eines Teils einer Generation, die weder erwachsen werden noch Kind bleiben will. Wenn Steffen verzweifelt auf Ü 30-Partys rennt, um doch noch was abzubekommen, dann gehört das, neben dem Anhimmeln des Rock’n’roll, zu den eindringlichsten Momenten von „Tara“. Einem ,echten’ ICOM-Preis sollte damit im nächsten Jahr eigentlich nichts mehr im Wege stehen!
Bernd Schmucker: Nettmann. Bomben und Rosinen Edition 52, 56 S., € 4,- » amazon |
Bernd Schmucker: Nettmann. Bomben und Rosinen
Minicomics sind etwas Feines: Sie sind klein und handlich. Man kann sie überhall mit hinnehmen und sie eignen sich ganz hervorragend als kleines Geschenk. Vor einigen Jahren erschien bei Reprodukt sogar eine ganze Reihe Minicomics, mit teilweise sehr experimentellen Comics internationaler ZeichnerInnen. Bei der Edition 52 ist nun endlich mal wieder ein solcher, im Format einem Reclam- oder „Schöner-Lesen“-Heft sehr ähnlichem, Comic erschienen. Bernd Schmuckers „Nettmann“ patrouilliert nun schon seit fast anderthalb Jahrzehnten durch Berlin und hört sich die Probleme der Menschen an: „Vor 1 Woche ist mein Freund weggegangen! Der wollte nur mal schnell Bier holen ...“ Und weil er so nett ist, hat er auch immer ein passendes Wort parat: „Trinkste eben was anderes“. So witzelt sich der nette Superheld durch knapp 50 One-Pager, allesamt Collagen aus Fotos sowie Zeitungs- und Comicausschnitten. Wird der Zeitgeist in den Texten schon ordentlich auf die Schippe genommen, so erfährt auch die optische Komponente durch Schmuckers Bilder eine Persiflage. Ergänzt wird das Bändchen durch Fan-Art von Mawil und cx huth, sowie einem Nachwort von Fil!
¡MOGA MOBO! *Aventuras en Cuba* » mogamobo.com |
MOGA MOBO
Nun auch schon seit 15 Jahren in aller Welt umtriebig sind die Macher der Heftchen-Anthologie „Moga Mobo“. War in letzter der ferne Osten Ziel der comicologischen Expeditionen, zog es die Truppe in diesem Frühjahr nach Kuba. Wie gewohnt finden sich anekdotische Kurzgeschichten des eigenen Aufenthalts, aber auch Beiträge von einheimischen Zeichnern. Zusätzlich wird ein kleiner Abriss der Geschichte des kubanischen Comics geboten und Reinhard Kleist steuert einen Preview auf seinen im Herbst erscheinenden illustrierten Reisebericht „Havanna – Eine kubanische Reise“ bei. Sollte eigentlich in jedem Comicladen neben der Kasse liegen ...
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