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26. August 2008
Felix Giesa
für satt.org

Sind Comics billiger Schund und
Graphic Novels teurer Luxus?
Ein Kommentar

Shaun Tans „Ein neues Land“ ist wohl so etwas, was man in Buchmacherkreisen als eine sichere Sache bezeichnen kann: Es hat in seinem Heimatland Australien die wichtigsten Literaturpreise gewonnen, einen World Fantasy Award eingeheimst, wurde dieses Jahr als Bester Comic in Angoulême ausgezeichnet und ist für zwei Hugo Awards nominiert. Eigentlich also höchste Eisenbahn, dass der Titel zwei Jahre nach Erstveröffentlichung in Deutschland verlegt wird, damit sich auch hierzulande Leser an diesem wirklich außergewöhnlichen Comic erfreuen können.

Und doch will sich die Freude nicht ungetrübt einstellen, wenn man den Band im Laden dann endlich in der Hand hält (obwohl er wirklich sehr schick aufgemacht ist, im überformatigen Hardcover, mit gummierten Hochglanz-Prägedrucken und Lesebändchen). Der Grund dafür liegt im Preis; und der ist mit € 29,90 so hoch, dass für die Mehrzahl der Comicbegeisterten jegliche Schmerzgrenze überschritten sein dürfte. Da die Geschichte pantomimisch erzählt ist, kann es sich nicht um die Kompensation hoher Übersetzungskosten handeln. Vielleicht handelt es sich aber auch doch nicht um eine so sichere Sache, dann liegt eine strenge Limitierung vor und „Ein neues Land“ dürfte bald ein rares Sammlerstück sein. Oder aber der Preis liegt deshalb so hoch, um sich deutlich vom Bilderbuchmarkt abzuheben. Schließlich ist Tan ansonsten vor allem für seine Bilderbücher bekannt. (Soeben ist bei Carlsen auch sein neues Kinderbuch „Geschichten aus der Vorstadt des Universums“ erschienen.) Und natürlich setzt man sich so auch eindeutig von den leidlichen Comics ab, die Carlsen hier auf dem Cover aus seinem Namen gestrichen hat, um mehr Gewicht auf die Kategorisierung als Graphic Novel legen zu können. Carlsen Comics ist man nur noch im Editorial. Aber dieses ,Problem’ hatte Ralf Kaiser ja bereits in Erlangen erörtert. Generell muss bei so einer Entwicklung die Frage erlaubt sein, ob bloß aufgrund der vermeintlich anspruchsvolleren Form ein höherer Preis gerechtfertigt ist.

Denn eins dürfte in jedem Fall als sicher gelten: Sollten die Preise für Comics weiter so in die Höhe schnellen (nur einige Beispiele: Rutu Modan „Blutspuren“ € 28,-; „Der Fotograf“, 3 Teile, je € 24,-), dann werden sie, oder von mir aus auch Graphic Novels, zu einem Luxusartikel, den man sich regelrecht vom Mund absparen muss. Und es ist fraglich, ob man so neue und vor allem nachhaltige Leserkreise erschließen wird, die in der vermeintlichen neuen Erzählform eine selbstdarstellerische Heimat zu finden meinen. Sollten solch hohe Preise allerdings daraus resultieren, dass man tatsächlich so kleinauflagig produzieren muss, dass € 30,- für einen 130 Seiten Comic gerechtfertigt sind, wäre es vielleicht eine Überlegung, etwas ganz anderes zu verlegen: nämlich fremdsprachige Wörterbücher. Dann können in Zukunft mehr Menschen die preisgünstigeren Originale lesen.