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Nachdem Patrice Chéreaus "Intimacy" bereits 2001 in Berlin mit dem goldenen Bären ausgezeichnet wurde, kam nun auch noch ein silberner Bär für die beste Regie dazu. Und während ich "Intimacy" reichlich überschätzt finde, kann ich nicht umhin, "Son frère" trotz seiner Sperrigkeit und seines schwierigen Sujets zu bewundern. Auch "Son frère" ist ein intimer und bis an die Schmerzgrenze realistischer Film, was man auch als Abwechslung für den vor allem für das Theater (und die Oper) tätigen Chéreau sehen kann, der sich recht spontan entschloß, zu versuchen, innerhalb eines halben Jahres dieses Projekt zu realisieren, was man dem Film aber nicht ansieht. Für Chéreau ist "Son frère" ein Film über den Zerfall und die Transformation von Körpern, was immer wieder in drastischen Bildern eingefangen wird. "Son frère" ist ein Film der Bilder. Zwar geht es auch um den Widerspruch zwischen Stille und Geschwätzigkeit (illustriert etwa durch die Eltern oder den mitteilungsfreudigen alten Mann am Strand), aber stärker als jedes Wort bleiben die Bilder des Films haften: Blutergüsse, Narben, und der mit echtem Pflegepersonal nachgestellte Krankenhausalltag mit seinem fast schon automatisierten Blutabzapfen oder einer Ganzkörperrasur ("Nein nein, sie brauchen das Zimmer nicht zu verlassen, das ist nichts schlimmes …"). Der Film lebt dabei natürlich auch von den Brüdern. Bruno Todeschini, zuletzt etwa in "Va savoir" oder "Code inconnu" zu sehen, macht seine Krankheitsgeschichte erlebbar, wie man es sonst nur von Oscargewinnern wie Meryl Streep oder Tom Hanks kennt - dabei aber mit dem entscheidenden Unterschied, daß der Zuschauer ihm viel näher kommt als diesen Superstars - und daß man nie das Gefühl hat, Todeschini ziehe nur eine einstudierte Show ab. Aber auch Eric Caravaca, der in hierzulande kaum bekannten Filmen von Francois Dupeyron auf sich aufmerksam machte und etwa für "C'est quoi la vie?" einen César als bester Nachwuchsdarsteller bekam, überzeugt als Luc, der zunächst einfach nur seine Ruhe will, dem das Leiden seines Bruders aber langsam klar macht, wieviel dieser ihm bedeutet …
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