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Daß momentan ein uninspirierter Handwerker wie Michael Bay ("Pearl Harbor", "Bad Boys II") ähnlich publikumswirksam sein soll wie Spielberg, der zu jener Zeit zwar auch reine Unterhaltungsfilme drehte, aber zumindest die Intelligenz seiner Zuschauer nicht dauerbeleidigte, lässt in mir einen kulturpessimistischen Frust aufkeimen, und auch die Wahl des Films, der hier ein angeblich "überfälliges" Remake erfährt, erfüllt mich nicht mit Freude. Tobe Hoopers "Texas Chainsaw Massacre" gehört inzwischen zur ständigen Sammlung des "Museum of Modern Art", es gibt Leute, die den Film mit "Citizen Kane" in einem Atemzug nennen - ich persönlich habe den Streifen zuletzt vor ca. 20 Jahren (mit 16) gesehen, fand ihn damals misslungen - und habe bisher nicht das Verlangen verspürt, meine Meinung zu revidieren. Zugegebenermaßen hat mich die Sichtung der neuen Version dazu animiert, vielleicht einen genaueren Vergleich anzustellen - aber auch die Tatsache, daß jene Szene, die ich als besonders geschmacklos im Original im Gedächtnis habe (das Massakrieren eines wehrlosen Rollstuhlfahrers), im Remake fehlt, trägt nicht wirklich zur Qualität des Debüt-Langfilm des deutschstämmigen Marcus Nispel bei. In offensichtlicher Anlehnung an das "Blair Witch Project" gibt man sich zunächst einen dokumentarischen Anstrich, wobei schon die Formulierungen des Off-Kommentars unfreiwillig komisch erscheinen: (aus der Erinnerung zitiert) "[ …] fanden hier die Leben fünf junger Menschen ihr tragisches Ende. Und es wird noch tragischer dadurch, daß sie jung waren. Aber auch, wenn sie nicht jung gewesen wären, wäre es tragisch gewesen …". Was soll man da noch ergänzen? Die schwarzweiße Tatort-Begehung wird gestoppt und wir sehen, wie junge Leute sich zu den Klängen von "Sweet Home Alabama" ausgelassen (aber in Zeitlupe) in einen See stürzen. Danach geht es wieder in den Van und der Zuschauer hat erstmal Zeit, die Charaktere kennenzulernen, eine inszenatorische Taktik, wie sie wohl auch schon im Original angewendet wurde - jedoch, wozu? Damit wir schnell herausbekommen, welches Mädchen bis zum Schluß überlebt? Potheads und Nymphomaninnen haben es bekanntlich schwer in derartigen Filmen, die aus EC-Comics übernommene höhere Moral des Genres ist gnadenlos gegen solche Verfehlungen … Doch zunächst kommt dann die verwirrte Tramperin, die im Original noch männlich war. Sie will nur noch weg von hier - doch natürlich fahren die jungen Leute (die sich genau in die selbe Richtung wie die zunächst mitten auf der Strasse auftauchende junge Frau bewegen) exakt in die Richtung, aus der sie entkommen wollte. Der psychologische Stress lässt die Frau zu drastischen Mitteln greifen - und liefert dem Film eine gewisse innere Logik, warum unsere fünf Freunde nicht beim geringsten Zeichen von Ärger das Weite suchen. Bis man den Sheriff ausfindig machen kann, wird die Atmosphäre des Films schon langsam dunkler, auch vom sonnigen Nachmittag bewegt man sich in die Dämmerung, der Showdown des Films ist dann wie so oft mitten in der Nacht. der von R. Lee Ermey (der drill instructor aus "Full Metal Jacket") dargestellte Sheriff offenbart sich schon schnell als nicht eben sympathische Figur, und man muß dem Drehbuch zu gute halten, daß es sein Pulver nicht zu früh verschießt … aber früher oder später werden dann halt - nicht sehr überraschend - aus Fünfen vier, drei usw. In einer euphorischen Beschreibung des Originals heißt es: "TCM attackiert unsere Sinne und lässt uns mit Sally in der letzten halben Stunde durch die Hölle gehen. Sallys Martyrium gleicht einer nie wieder erreichten filmischen tour de force. Es erstreckt sich über eine unablässige Folge von thrills und Schockeffekten, die einen nicht zur Ruhe kommen lassen, die einen immer weiter treiben, auch wenn man wie Sally über den Punkt der Erschöpfung längst hinaus ist. Die Gewalt [ …] überträgt sich so in den Zuschauerraum. Das Erleben des Horrors wird hier zu einer physischen Erfahrung, die weit über eine Gänsehaut oder ein momentanes Aufschrecken hinausgeht. TCM laugt einen regelrecht aus." Ausgelaugt hat mich auch das Remake, aber ich kenne dieses Phänomen auch von anderen langweiligen Filmen. Sowohl Original wie auch Remake brüsten sich auch damit, relativ wenige Make-Up-Effekte einzusetzen, und diese zumeist nur für Sekundenbruchteil, so daß "die Bilder im Kopf entstehen". Diese Praktik hat mich bei Filmen wie Jacques Tourneurs "Cat People" immer verzückt, und in der 95minütigen deutschen Synchronfassung von MB's TCM sieht man wirklich wenige Effekte. Am auffälligsten noch der Sam Raimi-Kamera-Moment aus dem Van heraus (Hier zeigt sich wie auch bei "Wrong Turn" - der wenigstens spassig war - der technologische Fortschritt der computerunterstützten Cinematographie). Doch es ist offensichtlich, daß die Effekt-Armut, wie sie sich in der wahrscheinlich auch in den Kinos gezeigten Version bietet, keinesfalls ein willentlicher Verdienst der Filmemacher ist, sondern einfach nur die Arbeit eines überforderten Zensors, der nie etwas von einem AVID gehört hat und den Film stattdessen mit der Kettensäge geschnitten hat … Weitere Ärgernisse innerhalb dieses Films:
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