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November 2004
Thomas Vorwerk
für satt.org

Exorzist: Der Anfang
Exorcist: The Beginning

USA 2004

Filmplakat

Regie:
Renny Harlin

Buch:
Alexi Hawley

Kamera:
Vittorio Storaro

Schnitt:
Mark Goldblatt

Musik:
Trevor Rabin

Darsteller:
Stellan Skarsgård (Father Merrin), Izabella Scorupco (Sarah), James D’Arcy (Father Francis), Remy Sweeney (Joseph), Julian Wadham (Major Granville), Andrew French (Chuma), Alan Ford (Jefferies)

113 Min.

Kinostart:
18. November 2004

Exorzist: Der Anfang
Exorcist: The Beginning


Filmszene
Filmszene
Filmszene
Filmszene
Filmszene

Regisseur Renny Harlin: "Ich will einen Film machen, der als logische Vorstufe zu Der Exorzist überzeugt. Wir verzichten also auf die elaborierten Spezialeffekte und Tricks, wie sie heute üblich sind. Stattdessen machen wir einen ursprünglichen Horrorfilm, der von Spannung und Psychoterror getragen wird, wir verwenden eher altmodische Effekte und verzichten auf jene Tricks, die offensichtlich aus dem Computer stammen." Dieses Zitat kann offensichtlich nur die ursprüngliche Intention des Filmemachers wiedergeben, denn selten sah man einen Film, bei dem so offensichtlich nahezu alles "offensichtlich aus dem Computer" stammt. Angefangen mit einem Schlachtfeld, das wohl sowohl Lord of the Rings als auch The Passion of the Christ in den Schatten stellen soll (aber dabei reichlich altbacken wirkt) über Hyänen, Krähen (hier gab es vielleicht sogar hin und wieder eine echte), unzählige Fliegen, einen halbbetäubten Schmetterling, Schneeflocken und sogar Blutstropfen, die direkt aus der Ketchupflasche sicher authentischer gewirkt hätten.

Das Prequel zum Exorzisten, das ursprünglich Paul Schrader realisieren sollte, hat so gar nichts mit den ersten Blockbustern des New Hollywood gemeinsam. The Exorcist von 1973 ist zwar ein immens erfolgreicher Film (Zwei Fortsetzungen sind Ehrensache), aber beim seltsamen Director’s Cut vor zwei Jahren konnte man sich sehr schnell davon überzeugen, wie sehr der Film inzwischen gealtert ist - und er war schon seinerzeit höchstens in Sachen Schockeffekten und Unflätigkeiten etwas Besonderes.

Renny Harlin, Regisseur von Filmen wie Die Hard 2, Cliffhanger oder Mindhunters, war nie für Subtilität bekannt. Und so bombardiert er seine Zuschauer schon von der ersten Szene an mit einem aufdringlichen Effektschnitt, der aus Nichts eine Atmosphäre herstellen soll, und einem ohrenbetäubenden Soundtrack, bei dem man das Böse jederzeit subliminale Botschaften (wahrscheinlich rückwärts abgespielt) flüstern hören kann. Unter "altmodischen Effekten" versteht Harlin es wahrscheinlich, daß eine Lichtquelle kurz versagt, und den Zuschauer beim Wiederanzünden der Laterne / Kerze etc. jedesmal etwas "Gruseliges" erwartet. Diesen Effekt reizt Harlin bei Exorcist: The Beginning jedenfalls bis an die Grenze der Langeweile aus.

Die Bemühungen der Drehbuchautoren, jenen Exorzismus, den der im Friedkin-Original von Max von Sydow gespielte Father Merrin mal in Afrika ausgeübt hat, zu einer Spielfilmhandlung auszuweiten, sind teilweise sogar lobenswert. Doch angerissene Themen wie der Widerspruch zwischen "evil as an entity" und "evil as part of human nature" führen doch nur wieder zu den tausendfach ausgelutschten Klischees um bösartige KZ-Chefs und deren ebenso intoleranten Nachfolgern in der britischen Armee, die dem Film sogar noch zu einem Body Count verhelfen, der eher in Richtung Kriegsfilm driftet als daß man auf die Idee käme, von "Psychoterror" zu sprechen. Allzuviel an diesem Film ist erschreckend trashy: Der Schauspiel-Stil, die Dialoge, die lieblosen CGI-Effekte, die Handlungsstruktur, die dann irgendwie doch einen sehr an Linda Blair erinnernden Dämonen aus der Mottenkiste kramt. Es werden seltsame Tarot-Karten, Teufelsfratzen und Hakenkreuze aneinandergereiht, es gibt einen direkten Poltergeist-Ripoff ebenso wie eine überflüssige Duschszene, Fliegenschwärme und Hyänen als hinterlistige Höllenhunde sollen Spannung erzeugen, und die interessanteste Szene des Films ist eine Parallelmontage, bei der aus einem geöffneten Grab eine einzelne Fliege entweicht, während bei einer Geburt ein von Maden übersähter toter Fötus geborgen wird. Tod / Geburt, Fliege / Maden. Paul Schrader hätte uns damit vielleicht etwas zu sagen versucht, bei Renny Harlin (und dem Endprodukt des Films) wage ich dies zu bezweifeln …

Und das Vittorio Storaro, einer der vielleicht zehn besten in den letzten drei Jahrzehnten tätigen Kameramänner (Der letzte Tango von Paris, Apocalypse Now, Dick Tracy), seine Zeit für so einen Schmarrn vergeudet hat, kann man dem Endprodukt auch nur selten ansehen.

Vergib ihnen, Herr, denn sie wissen offensichtlich nicht, was sie tun …