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Januar 2006 | Thomas Vorwerk für satt.org | |
Couchgeflüster
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Wäre die „Stadtneurotikerin“ in diesem Fall nicht Uma Thurman und der Film eine (bis auf kleine Details) astreine Romantic Comedy, könnte man glauben, in einen Film von Woody Allen geraten zu sein - man trifft sich bei Antonioni-double features und unterhält sich über Jazzmusik, und auch witzig genug ist Prime allemal (diesmal ist der deutsche Titel Couchgeflüster - wenn auch ohne den blödsinnigen Nachsatz "die erste therapeutische Liebeskomödie" - vielleicht sogar besser).
Nur eine Baywatch-ähnliche Montagesequenz würde man bei Woody so wohl nicht finden …
Meryl Streep, die in letzter Zeit öfters in komischen Rollen auftauchte (Lemony Snickett, The Manchurian Candidate, Adaptation), war niemals mehr in ihrem Element wie als diese Psychologin, die plötzlich hin und hergerissen ist zwischen ihrem Berufsethos und ihren Wünschen als Mutter. In dem Moment, als sie die Zusammenhänge begreift und ihre Patientin nicht sofort aufklärt, ist es schon um sie geschehen, und sie muß um Haltung ringen, wenn sie Details über das Liebesleben ihres Sohnes erfährt, von denen sie nie wissen wollte.
Auch wenn die bekannten Hauptfiguren Streep und Thurman natürlich von der Marketingabteilung in den Vordergrund gesetzt werden, dreht sich der Film aber vor allem um das junge (bzw. teilweise nicht mehr ganz so junge) Paar und die Probleme werden teilweise sogar recht realistisch dargestellt (obwohl man mögliche Pointen natürlich selten links liegen lässt). Wenn sich herausstellt, daß David noch bei seinen Großeltern lebt, kriegt sich Rafi vor Lachen kaum ein, doch als sie den zunächst erfolglosen Maler David bei sich einziehen lässt, ist mitunter auch nicht mehr alles eitel Sonnenschein.
Ungeachtet meines Geschlechts identifizierte ich mich übrigens mit der etwa gleichaltrigen Thurman, denn wenn man ältere T-Shirts hat als sein Gegenüber, kann man ihn (oder sie) nicht immer ernst nehmen. Ein romantisches Detail, das ich gleichzeitig charmant wie etwas peinlich fand, fasst die Unterschiede dieses Films zu einem Streifen von Woody Allen vielleicht ganz gut zusammen. Nachdem David in Rafis Wohnung einen (ihm zuvor unbekannten) Druck von Mark Rothko sah, organisiert er ein Überraschungs-Candlelight-Dinner an seinem Arbeitsplatz, bei dem eine eigens gemalte Kopie des Bildes zur Atmosphäre beisteuert. Super Idee, aber ein Maler, der Künstler wie Rothko oder Mondrian abpinselt, wirkt für meine Verhältnisse doch etwas zu blauäugig.
Dem Gesamtvergnügen an diesem Film konnten solche Details aber nichts ausmachen, und so kann ich Prime sowohl 23jährigen wie 37jährigen beiderlei Geschlechts empfehlen. Selbst, wenn man schon so alt wie Meryl Streep ist, wird man an diesem Film noch seine helle Freude haben.
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