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30 Days of Night
(R: David Slade)
USA / Neuseeland 2007, Buch: Steve Niles, Stuart Beattie, Brian Nelson, Comic-Vorlage: Steve Niles, Ben Templesmith, Kamera: Jo Willems, Schnitt: Art Jones, Musik: Brian Reitzell, mit Josh Hartnett (Eben Oleson), Melissa George (Stella Oleson), Danny Huston (Marlow), Ben Foster (The Stranger), Mark Boone Junior (Beau Brower), Mark Rendall (Jake Oleson), Amber Sainsbury (Denise), Manu Bennett (Billy Kitka), Megan Franich (Iris), Joel Tobeck (Doug Hertz), Elizabeth Hawthorne (Lucy Ikos), Nathaniel Lees (Carter Davies), Craig Hall (Wilson Bulosan), Chic Littlewood (Issac Bulosan), Peter Feeney (John Riis), Jared Turner (Aaron), Abbey-May Wakefield (Little Girl Vampire), 113 Min., Kinostart: 8. November 2007
Nur die wenigsten Comicverfilmungen scheren sich wie beispielsweise Dick Tracy, The Hulk oder American Splendor explizit darum, die Besonderheiten des Mediums Comic auf die Leinwand zu übertragen, und da Primärfarben oder die Split Screen im Medium Film oft eine ganz andere historische Entwicklung oder Bedeutung besitzen, ist dies wahrscheinlich auch besser so.
30 Days of Night von Steve Niles und Ben Templesmith war für eine bei einem wenig bekannten Verlag (IDW Publishing) neue Serie zwar ein ganz netter Erfolg und brachte es sogar zu einem Trade Paperback, aber für die Verfilmung ist viel wichtiger, daß die Prämisse der Geschichte (Vampire wollen ein Nest in Alaska übernehmen, in dem 30 Tage die Sonne nicht scheint) als "30 words or less"-Konzept ein gefundenes Fressen für Hollywood war, um mit dieser innovativen Auslegung des längst totgelaufenen Vampir-Genres im aktuellen Horror-Boom (siehe auch die demnächst anlaufende Neufassung von I am Legend, einem anderen zombieähnlichen Vampirklassiker) ein Standbein zu finden, das ausnahmsweise viel wichtiger war als die Übernahme der Fans des Originalmaterials als potentielles Publikum. Diese sind in diesem Fall rein statistisch etwa so zu vernachlässigen wie jene Comic-Fans, die vor den Verfilmungen schon Rocketeer, American Splendor oder etwa Men in Black gelesen hatten.
Obwohl der Originalautor Steve Niles auch am Drehbuch mitarbeitete, ging es diesmal weniger um Werktreue wie bei den Frank-Miller-Adaptionen, sondern darum, aus den drei nicht unbedingt dialoglastigen Heften einen abendfüllenden Film zu machen. Nebenhandlungen wie der Ober-Vampir Vicente oder jener Vampirfeind aus New Orleans (wiederzufinden in der Fernseh-Miniserie 30 Days of Night: Blood Trails) wurden einfach fallen gelassen, dafür wurde dem Sheriff Eben (Josh Hartnett) und seiner Frau Stella (Melissa George) ein handfestes Eheproblem zugedichtet, das die Entwicklung durchaus bereichert. Die Anleihen an Bram Stokers Dracula, dem Vampirklassiker schlechthin, wurden im Film durchaus ausgebaut (die Anreise per Schiff war schon in Murnaus Nosferatu ein wichtiges Handlungselement und Ben Foster als der "Fremde" erinnert hier durchaus an Tom Waits' Interpretation des Renfield in der Stoker-Verfilmung von Francis Ford Coppola), doch auch an die Filmvorbilder, die man schon im Comic wiederzuerkennen glaubte (John Carpenters The Thing sowie ferner Fargo), wird man wieder erinnert (Im Fall von The Thing zum Beispiel durch die sehr ähnliche Einführung der Hunde, die "unruhig" werden, bevor sie zu den ersten Opfern zählen).
Doch natürlich gibt es auch gänzlich neue Ergänzungen, so wirkt die Umsetzung des ziemlich lakonisch wiedergegebenen Massakers zu Beginn von Heft 2 wie eine Fortführung langer Einstellungen in Zack Snyders Dawn of the Dead. Unverwandt fliegt die Kamera wie in Lars von Triers Dogville über die Ortschaft Barrow, während die Invasion der Vampire einen ersten blutigen Höhepunkt findet (überhaupt verschwenden die Blutsauger recht viel von ihrer erklärten Leibspeise …). Weniger erfreulich (wenn auch durchaus den Mythen folgend) ist der extrem osteuropäisch wirkende Look der Filmvampire, die sich in der Comic-Vorlage noch halbwegs zivilisiert mit den Sterblichen unterhalten konnten, hier aber in einem untertitelten Kauderwelsch reden (einer filmspezifischen Ergänzung), bevor sie sich zu winzigen Statements wie über den Verbleib von "Gott" durchringen.
Ebenfalls dem Horrorfilm und seinem Publikum verpflichtet sind Beifügungen wie die wahrscheinlich größte Motorsäge der Welt und der Auftritt von Danny Huston (kaum wiederzuerkennen) als nicht unbedingt charismatischer, aber erinnerungswürdiger Obervampir Marlow (der im Comic eher eine schnell erledigte Witzfigur ist, im Film aber mit dem Comic-Oberbösewicht Vicente zusammengelegt wurde).
Regisseur David Slade (Hard Candy) präsentiert eine gelungene Umsetzung, der man nur selten ansieht, daß sie mit Kunstschnee in Neuseeland gedreht wurde. Bei der allerdings ähnlich wie im Comic eine Identifizierung (die zum Funktionieren des knallharten, aber irgendwie auch romantischen Ende nötig ist) mit den Protagonisten nur im Ansatz gelingt. Abgesehen von Eben und Stella gibt es eigentlich nur Nebenfiguren (Ebens für den Film neu dazuerfundener kleiner Bruder Jake dürfte noch die größte Rolle spielen), die den immer geringer werdenden Kreis der Überlebenden formieren, und gerade das sicher von Carpenters The Thing inspirierte Finale wirkte bei dem gegen sehr ähnliche Probleme ankämpfenden Kurt Russell dennoch überzeugender. Was aber auch verblendete Nostalgie sein könnte, denn The Thing habe ich annähernd 20 Jahre nicht mehr gesehen …