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There will be Blood
(R: Paul Thomas Anderson,
Wettbewerb)
USA 2007, Buch: Paul Thomas Anderson, Lit. Vorlage: Upton Sinclair, Kamera: Robert Elswit, Schnitt: Dylan Tichenor, Musik: Jonny Greenwood, Production Design: Jack Fisk, Art Direction: David Crank, mit Daniel Day-Lewis (Daniel Plainview), Paul Dano (Paul Sunday / Eli Sunday), Dillon Freasier (H.W. Plainview), Russell Harvard (H.W. Plainview - Older), Kevin J. O'Connor (Henry Brands), Ciarán Hinds (Fletcher Hamilton), David Warshofsky (H.M. Tilford), Hope Elizabeth Reeves (Elizabeth), David Willis (Abel Sunday), Sydney McCallister (Mary Sunday), Colleen Foy (Adult Mary Sunday), Christine Olejniczak (Mother Sunday), Kellie Hill (Ruth Sunday), Colton Woodward (William Bandy), Hans Howes (Bandy), Barry Del Sherman (H.B. Ailman), Paul F. Tompkins (Prescott), 158 Min., Kinostart: 14. Februar 2008
Ein Problem dieses Films, um das man nicht herumreden kann, ist seine Länge. Paul Thomas Anderson ist nicht für kurze Filme bekannt, bei ihm gerät selbst eine Romantic Comedy zum Epos, und in diesem Fall, der Verfilmung von Upton Sinclairs Roman Oil!, gilt es auch, einen längeren Zeitraum abzubilden - und ehe man sich versieht, ist man bei einer Filmlänge von über zweieinhalb Stunden. Das zieht sich manchmal etwas, aber verglichen mit anderen US-amerikanischen Großproduktionen, die aus den üblichen Gründen in den Berlinale-Wettbewerb (ausnahmsweise sogar nicht mal “außer Konkurrenz”) geschoben werden, bleibt There will be Blood trotz seiner Länge unterhaltsam und sogar irgendwie spannend. Im Vergleich mit Filmen wie Cold Mountain, Hannibal oder Gangs of New York ist der Film also extrem kurzweilig, und die “gefühlte” Länge des Films liegt zwar über zwei Stunden, aber er ist zu keinem Zeitpunkt eine Tortur, bei der man alle paar Minuten auf die Uhr schaut und sich überlegt, ob man mit der Zeit nicht etwas Sinnvolleres anfangen kann.
Dass der Film so lang ist, liegt auch daran, dass Regisseur Anderson sich Mühe gibt. So beginnen die Abenteuer des “Ölmannes” Daniel Plainview (Daniel Day-Lewis) auch nicht auf einem Level, da er schon einen gewissen Status erreicht hat, sondern als er noch selbst die Spitzhacke runtersausen lässt, dass es nur so funkt, und unter Entbehrungen und Gefahren versucht, sein Glück zu machen. Seine frühen Unfälle sind für die Figur und die Entwicklung des Films sehr wichtig, und statt in einer kurzen, mit Musik unterlegten Montage (wie es in vielen Hollywood-Filmen gelaufen wäre), zeigt Anderson diese frühen Jahre als prägende Bestandteile der Figur und Narration.
Was gerade zu Beginn des Films zwar sehr langwierig scheint, aber auch beeindruckend ist, ist Andersons Verzicht auf Dialoge. Plainview redet nicht mit sich selbst, kein Off-Kommentar verdeutlicht seine Probleme, selbst, wenn er auf andere Personen trifft, bleibt er wortkarg, und die Tonspur konzentriert sich auf Details oder dröhnt dräuend wie zu Beginn von 2001 - A Space Odyssey. Wenn der “Ölmann” dann seine Handelssermone abspult, begreift man als Zuschauer, dass ähnlich wie bei den ersten fruchtlosen Erdarbeiten hier viel Arbeit, viel trial-and-error vorhergegangen sein muss, ehe aus dem dreckigen Lumpen mit dem rasselnden Atmen ein wortgewandter Mann von Welt wurde, zu dem die kleinen Landbesitzer dennoch eine Verbindung fühlen, und sei es nur aufgrund seines Sohnes H.W., der immer an seiner Seite steht, als leibhaftiges Symbol für das Familienunternehmen.
Dass Daniels Prioritäten das Unternehmen fast immer über die Familie stellen, ist ein kleines Geheimnis, dass nur seine intimsten Mitarbeiter sehen dürfen. Es ist wie bei dem bedauerlichen Unfall, der ein Opfer forderte, dessen Name Plainview völlig unbekannt ist, ganz im Gegensatz zu seinen Beteuerungen, dass er jeden seiner Arbeiter höchstpersönlich ausgewählt hat und gut kennt. Die erste Frage lautet zwar noch “Wo ist die Leiche”, aber die zweite, wichtigere Frage “Wo ist der Bohrkopf” wird sofort hinterhergeschossen. Und wenn es dann zu dem von der Inszenierung gut vorbereiteten Unfall kommt, der das Leben des kleinen H.W. gewaltig umkrempeln wird, dann rettet Daniel zwar zunächst heldenmutig und ikonenhaft seinen Sohn, dann verlässt er diesen aber, um sich um die Ölquelle zu kümmern, und zwischendurch vergisst er den Zustand seines Sohns auch geradezu.
Im Endeffekt für den Film so wichtig wie die Vater-Sohn-Geschichte und der später auftauchende Halbbruder Daniels ist der von Paul Dano (spielte auch schon in Daniel Day-Lewis letztem Berlinale-Film The Ballad of Jack and Rose mit) mit erstaunlicher Intensität dargebotene “Gottesmann” Eli Sunday, eine den zwei Daniels (Plainview und Day-Lewis) nahezu ebenbürtige Erscheinung. Ein kleiner Dämpfer aus meiner Sicht es es, dass bei jeder Konflikt-Situation, die eigentlich auf verbaler Ebene schon völlig befriedigend (für den Zuschauer) hätte gelöst sein, eine körperliche Konfrontation folgt, die dem Titel “There will be Blood” zwar oft gerecht wird, den Film aus meiner Sicht aber nur in den seltensten Fällen bereichert hat. Das war zwar auch schon bei Punch-Drunk Love mit dem patentierten Adam-Sandler-Hau-Drauf-Humor nicht unähnlich, aber dennoch noch subtiler in den Konsequenzen.