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Februar 2008
Thomas Vorwerk
für satt.org


  No Country for Old Men (R: Joel & Ethan Coen)
No Country for Old Men (R: Joel & Ethan Coen)
No Country for Old Men (R: Joel & Ethan Coen)
No Country for Old Men (R: Joel & Ethan Coen)
No Country for Old Men (R: Joel & Ethan Coen)
No Country for Old Men (R: Joel & Ethan Coen)

No Country for Old Men
(R: Joel & Ethan Coen)

USA 2007, Buch: Joel & Ethan Coen, Lit. Vorlage: Cormac McCarthy, Kamera: Roger Deakins, Schnitt: Roderick Jaymes [das sind Joel & Ethan Coen], Musik: Carter Burwell, Casting: Ellen Chenoweth, mit Josh Brolin (Llewelyn Moss), Javier Bardem (Anton Chigurh), Tommy Lee Jones (Sheriff Ed Tom Bell), Kelly MacDonald (Carla Jean Moss), Woody Harrelson (Carson Wells), Garret Dillahunt (Deputy Wendell), Barry Corbin (Ellis), Beth Grant (Agnes [Carla Jean’s Mom]), Gene Jones (Gas Station Proprietor), Tess Harper (Loretta Bell), Stephen Root (Man who hires Wells), Kathy Lamkin (Desert Aire Manager), Ana Reeder (Poolside Woman), H. Roland Uribe (Well-Dressed Mexican), 122 Min., Kinostart: 28. Februar 2008

“What’s in the satchel?”
“It’s full of money.”
“Yeah, that’ll be the day.”

Seit Blood Simple verfolge ich die Karriere der Coen-Brüder mit Interesse, seit Raising Arizona bin ich ein Fan, aber seit einigen Jahren erfüllt mich der Start eines neuen Films der Brüder nicht mehr mit der Ehrfurcht, mit der ich Miller’s Crossing, Fargo, The Big Lebowski, ja selbst noch The Man who wasn’t there beobachtete. Filme wie Intolerable Cruelty waren zwar amüsant, aber weit entfernt von den großen Zeiten der Brüder, als es noch Ehrensache war, dass sie ihre Drehbücher selber schrieben. Bei No Country for Old Men haben die beiden Brüder wieder vom Drehbuch bis zum Schnitt alles selbst übernommen und ihren altbewährten Kameramann Roger Deakins (seit Barton Fink) oder den Hauskomponisten Carter Burwell engagiert. Nur bei den Darstellern haben sie nicht die altbewährten Regulars wie Steve Buscemi, George Clooney, John Goodman, Frances McDormand oder Billy Bob Thornton bemüht, sondern aus fähigen, aber nicht automatisch überragenden Darstellern wie Woody Harrelson, Tommy Lee Jones, Josh Brolin oder Javier Bardem Erstaunliches herausgeholt.

“Just how dangerous is he?”
“Compared to what? The bubonic plague?”

Die Story entstammt zwar einem Roman von Cormac McCarthy (All the Pretty Horses), doch die Dialoge und die Story wirken wie die Rückkehr der Coens zu ihren härteren Stoffen (Blood Simple, Miller’s Crossing, Fargo), auch wenn der Film dabei lange Zeit so komisch ist wie die besten Komödien der Brüder. Bis einem wie bei Fargo hin und wieder das Lachen im Halse stecken bleibt. Mit den Arbeiten von McCarthy, der teilweise in einem Atemzug mit Philip Roth oder William Faulkner genannt wird, kenne ich mich nicht aus, die Story könnte aber genauso gut von Elmore Leonard stammen (Filmfreunden, die selten lesen, indirekt durch Filme wie Out of Sight oder Jackie Brown bekannt), und ohne zuviel verraten zu wollen, geht es um den Kampf zwischen dem gewitzten Schlitzohr Llewelyn Moss (Josh Brolin), der zufällig die Überreste eines Shootouts zwischen Drogenhändlern findet und den Geldkoffer nicht liegenlassen mag, und dem psychopathischen Auftragskiller Anton Chigurh (Javier Bardem), der meist eher auf Nummer Sicher geht und mit harten Geschützen und einem Hochdruck-Bolzenschussgerät eine lebhafte Blutspur hinter sich lässt. Diese beiden liefern sich einen Kampf zwischen Bauernschläue, Gerissenheit und Erbarmungslosigkeit, doch mit Sheriff Ed Tom Bell (Tommy Lee Jones) und dem Spezialisten Carson Wells (Woody Harrelson) setzen sich zwei weitere Parteien auf die Fersen der zwei Kontrahenten, und das Ergebnis ist so unvorhersehbar wie der Kampf zwischen einem Farmer und seinem Stier ...

“If I don’t come back, tell mother I love her.”
“Your mother’s dead, Llewelyn.”
“Well, then I’ll tell her myself.”

Der trockene Humor und die knallharte Brutalität ergänzen sich perfekt, und auch, wenn einige Aspekte der Protagonisten an unterschiedlichste Figuren aus dem Coen-Universum erinnern (etwa an Marge & Norm Gunderson, Tom Regan, Gaear Grimsrud oder den “Nice Old Grocery Man” aus Raising Arizona), wirken sie nicht wie Neuaufgüsse, sondern brandneu und aufregend, und gerade die teilweise recht subtilen Querverbindungen zwischen den unterschiedlichen Figuren geben dem Film eine gewisse Tiefe (nicht nur intellektuell, sondern auch, was die menschlichen Abgründe angeht), wie man sie aus anderen, beispielsweise aus der Feder von Quentin Tarantino stammenden Filmen, die eher mit einem Mexican Shootout enden, statt mit den Überresten eines solchen zu beginnen, nicht kennt.

“How come you reckon the coyotes ain’t been at them?”
“I don’t know. Supposedly, a coyote won’t eat a Mexican.”

Ach ja ... wer sich die Zeit nimmt, auf Details wie die Nummern von Hotelzimmern zu achten, wird in dem Film auch einen wichtigen Beitrag gegen die Stigmatisierung der 13 als Unglückszahl (vergleiche etwa Zimmer 1408) erkennen.

“I got a bad feeling, Llewelyn.”
“Well, I got a good feeling, so that should even out.”



» www.nocountryforoldmen.de