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Im Tal von Elah
(R: Paul Haggis)
Originaltitel: In the Valley of Elah, USA 2007, Buch: Paul Haggis, Vorlage: Mark Boal, Kamera: Roger Deakins, Schnitt: Jo Francis, Musik: Mark Isham, mit Tommy Lee Jones (Hank Deerfield), Charlize Theron (Detective Emily Sanders), Susan Sarandon (Joan Deerfield), James Franco (Sergeant Carnelli), Jonathan Tucker (Mike Deerfield), Frances Fisher (Evie), Jason Patric (Lieutenant Kirklander), Josh Brolin (Chief Buchwald), Wes Chatham (Corporal Penning), Jake McLaughlin (Specialist Gordon Bonner), Mehcad Brooks (Specialist Ennis Long), Victor Wolf (Private Robert Ortiez), Devin Brochu (David Sanders), 124 Min., Kinostart: 6. März 2008
Sein Regiedebüt Crash (dt.: L. A. Crash) wurde vor zwei Jahren mit dem Oscar als Bester Film (und Bestes Original-Drehbuch) ausgezeichnet, wodurch ein nicht geringer Druck auf dem zuvor vor allem als Drehbuchautor (z. B. Million Dollar Baby) tätigen Paul Haggis lastete. Für seinen neuen, bereits letztes Jahr in Venedig gelaufenen, und nur mit einer Oscar-Nominierungen für Darsteller Tommy Lee Jones abgespeisten* Film hat er sich nun ein (zumindest in den Staaten, wo der Film auch spektakulär floppte) unpopuläres Thema ausgesucht, den überbordenden Patriotismus.
Wenn Hank Deerfield (Tommy Lee Jones), ein Militärpolizist im Ruhestand, davon erfährt, dass sein im Irak-Konflikt eingesetzter Sohn Mike beim Heimaturlaub “verschwunden” ist, so ist für ihn klar, dass sein Sohn kein Deserteur, kein Landesverräter ist, sondern etwas anderes dahinterstecken muss, und so ermittelt er auf eigene Faust. Hierbei dauert es nicht lange, bis er dahinterkommt, dass sein Sohn nahe der mexikanischen Grenze (aber auch nahe eines Miltärstützpunktes) getötet, zerstückelt und verbrannt wurde. Nun entwickelt sich der Film zum Whodunnit, bei dem zu den Verdächtigen neben den Kameraden des Sohnes auch mexikanische Drogenhändler zählen, eine weitere unglaubliche Wendung für den Vater, der seinen Sohn vermeintlich so gut kennt. Doch das Handy des Mordopfers, das trotz Hitzeeinwirkung noch einige Filmschnipsel enthält, die nach und nach von einem Hacker rekonstruiert werden, gibt erste Einblicke in den Geisteszustand des mittlerweile zweiten toten Sohnes innerhalb der Familie (Susan Sarandon als schwer angeschlagene Mutter kann ihre Vorwürfe nicht lange zurückhalten).
Und die unter ihren chauvinistischen Kollegen leidende Polizistin Emily Sanders (Charlize Theron), bei deren alleinerzogenem kleinen Sohn David der alte Hank ziemlichen Eindruck mit der Geschichte seines “im Tal von Elah” mit einer Steinschleuder tätigen Namensvetters schindet (keine Angst, es gibt keine Jones-Theron-Affäre, der körperliche Kontakt geht eher in die entgegengesetzte Richtung), unterstützt Deerfield schließlich bei seinen Ermittlungen, und eine “unbequeme Wahrheit” kommt ans Licht. Auch wenn Haggis’ Dramaturgie relativ konventionell ist, entwickelt der Film eine ziemliche Sogkraft, die einzig durch das recht symbolisch überfrachtete, und rein logisch nicht völlig überzeugende Ende (diesen sich von jedem Passanten in seinen Job reinquasselnden Hausmeister hätte ich längst gefeuert) etwas beeinträchtigt wird.
Haggis wurde durch einen Artikel im Playboy inspiriert, beginnt seinen Film auch mit der Einblendung “Angeregt durch aktuelle Ereignisse”, doch trotz allen politischen Zündstoffs bleibt In the Valley of Elah vor allem ein Krimi, und meines Erachtens ist dies nicht unbedingt ein Genre, in dem der Drehbuchautor Haggis sich besonders auskennt, relativ lieblos werden Versatzstücke des Genres abgehakt. Zu plakativ (und abgedroschen) ist beispielsweise ein am Rande erwähnter Fall, der später mit einigen überflüssigen Schuldkomplexen zur “Vertiefung der Rolle” von Charlize Theron hervorgekramt wird, und einige ambivalente Momente, wie die Frage nach dem Hintergrund von Emilys Auftstieg bei der Polizei, werden in der deutschen Synchronisation derart zunichte gemacht, dass man sie nur noch erahnen kann (ich kenne nur die deutsche Version, bin mir aber sicher, dass schon durch die unvermeidliche Entscheidung für “Du” oder “Sie” in der entsprechenden Szene einiges an Zweideutigkeit abgetötet wird).
Sicher ist In the Valley of Elah einer der fünf, sechs besten Filme, die man in diesem Jahr bisher sehen durfte, doch für meinen Geschmack hält sich Paul Haggis für cleverer, als er offensichtlich ist. Und das stößt mir sauer auf und lässt ihn selbst den Bonus für das mutige Thema verspielen. Außerdem möchte ich mal zur Abwechslung einen Film von ihm sehen, in dem Rassismus nicht als verzeihbare Charakterschwäche dargestellt wird.
*Kameramann Roger Deakins hätte vielleicht auch eine Nominierung verdient, aber wurde in diesem Jahr ja schon für No Country of Old Men und The Assassination of Jesse James by the Coward Robert Ford bedacht - allein für diese drei Leistungen hätte er meines Erachtens die Auszeichnung verdient.