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5. Mai 2010
Thomas Vorwerk
für satt.org


  Iron Man 2 (R: Jon Favreau)
Iron Man 2 (R: Jon Favreau)
Iron Man 2 (R: Jon Favreau)
Bildmaterial © 2010 Concorde Filmverleih GmbH
Iron Man 2 (R: Jon Favreau)
Iron Man 2 (R: Jon Favreau)
Iron Man 2 (R: Jon Favreau)


Iron Man 2
(R: Jon Favreau)

USA 2010, Buch: Justin Theroux, Kamera: Matthew Libatique, Schnitt: Richard Pearson, Dan Lebental, Musik: John Debney, mit Robert Downey, jr. (Anthony “Tony” Stark / Iron Man), Gwyneth Paltrow (Virginia “Pepper” Potts), Mickey Rourke (Ivan Vanko / Whiplash), Don Cheadle (James “Rhodey” Rhodes), Sam Rockwell (Justin Hammer), Scarlett Johansson (Natalie Rushman / Natasha Romanov / Black Widow), Jon Favreau (“Happy” Hogan), Garry Shandling (Senator Stern), Samuel L. Jackson (Nick Fury), Clark Gregg (Agent Coulson), John Slattery (Howard Stark), Paul Bettany (Stimme "Jarvis"), Adam Goldstein (Himself [DJ]), Stan Lee (Himself), 125 Min., Kinostart: 6. Mai 2010

Die Erwartungen an das neueste Sequel unter den Superhelden-Filmen waren hoch, und sie wurden enttäuscht. In Iron Man nahm man die Figur des Tony Stark noch ernst, sowohl die Actionvorgabe an einen Rüstungsfabrikanten als auch die persönlichen Probleme etwa mit Alkoholismus. Diesmal sieht man einen Tony Stark, der angetrunken bei einer Party in seiner Iron-Man-Rüstung Schießübungen mit Sektflaschen macht - ohne die geringste Reflektion, dass diese Schießübungen im Hausinneren stattfinden und die zahlreichen Partygäste durch herunterregnende Glasscherben womöglich verletzt werden könnten. Dass die “innocent bystanders” in Comic-Verfilmungen zumeist nur dann in wirklicher Gefahr schweben, wenn das Drehbuch es so verlangt, ist nichts Neues, aber die Art und Weise, wie Stark hier immer wieder ohne die geringsten Gewissensbisse Menschenmengen in unnötige Gefahr bringt, hat mit einem Superhelden eigentlich nicht mehr viel zu tun. Wenn die bösartigen Roboter, die das “Stark Expo”-Gelände bedrohen wie einst die durchdrehenden Zeichentrickfiguren in “Itchy & Scratchy-Land”, dann beispielsweise einen kleinen Jungen in Iron-Man-Verkleidung beinahe aufgrund ihrer Programmierung pulverisieren, wird daraus nur ein kleiner Scherz am Rande, so etwas wie Konsequenzen gibt es in diesem Film nicht.

Im ersten Film der Serie gab es noch einen große, mit Eleganz überbrückte Kluft zwischen dem “tongue-in-cheek”-Humor, den Hauptdarsteller Robert Downey, jr. mit in den Film einbrachte, und der Kriegs- und Rüstungs-Thematik, die man seinerzeit noch ernst nahm. In Iron Man 2 gibt es statt des überragenden Jeff Bridges als Bösewicht eine Zweiteilung zwischen dem Superschurken Whiplash (Mickey Rourke spult abgesehen von diversen Tattoos und einer eigentümlichen Frisur nur sein übliches Programm ab) und dem mit diesem zusammenarbeitenden Rüstungs-Konkurenten Justin Hammer (Sam Rockwell), der zu jedem Zeitpunkt nur eine ahnungslose Witzfigur bleibt (obwohl Sam Rockwell sicher auch die dunklen Seiten einer solchen Figur hätte überzeugend darstellen können).

Ebenso harmlos bleiben die Superhelden-Ergänzungen, die bereits auf das bevorstehende Avengers-Film-Crossover vorbereiten. Samuel L. Jackson als Nick Fury ist auf den ersten Blick eine interessante Besetzung, doch der auf Camp und Trash abonnierte Darsteller kann diesmal nicht einmal mehr seine sonstige Coolness vorführen und erinnert irgendwie an Frank Millers Superfiasko The Spirit, in dem ja auch schon Scarlett Johansson mitspielte, die auch hier nurmehr auf ihre weiblichen Attribute reduziert ist und als “Black Widow” lange Zeit nur wie überflüssiger Zierrat erscheint, ehe sie dann in einer in keinem Verhältnis zu ihren früheren Auftritten stehenden One-Woman-Show mal ihr rotes Haar beim Ausschalten diverser Security-Guards aufleuchten lassen darf (vom Stil her erinnert ihre durch die Inszenierung etwas kaschierte Kampftechnik an Summer Glau in Serenity, die aber auch die Körperlichkeit zu beherrschen schien und nicht nur durch die Kameraführung vortäuschte). Doch auch hier misslingt das Spiel mit der Coolness (wie bei jener Rennwagen-Explosion, die Whiplash nicht weiter tangiert), wenn sie ganz auf ihren Catwalk konzentriert wie nebenbei einen der Sicherheitsmänner per zuvor im Kampf ergattertem Pfefferspray ausschaltet.

Am schlimmsten entgleist ist der die Handlung bestimmende Zweikampf Starks mit seinem Vertrauten “Rhodey” (Terrence Howard wurde durch den preiswerteren, aber ihm so gar nicht ähnlichen Don Cheadle ersetzt). In Superhelden-Comics kämpfen ja oft beispielsweise Hulk und Spider-Man erstmal das halbe Heft lang gegeneinander, ehe sie realisieren, dass sie eigentlich auf der selben Seite stehen. Mithilfe einer zweiten Iron-Man-Rüstung wird dies auch hier initiiert (kurz nach den erwähnten Schießübungen mit den Sektflaschen), nur dass dieser komplette Handlungsstrang hier nicht den geringsten Sinn macht. Anstelle eines nachvollziehbaren Missverständnisses zwischen den Figuren benehmen sie sich beide hier nur so, wie es das (sehr schwache) Drehbuch verlangt. Das ist zugegebenermaßen auch in vielen Comicheften ähnlich blöd, doch es kann wohl kaum das erklärte Ziel der Filmemacher sein, ausgerechnet jene Elemente der Marvel-Comics auf die Leinwand zu bannen, die bereits jeden halbwegs intelligenten 15jährigen aufstöhnen lassen.

Einiges Positives gibt es natürlich auch zu berichten. Wie so oft in Superhelden-Filmen ähneln sich der Held und der Schurke. Das geht hier so weit, dass bereits die Eltern von Tony und Ivan (!) ähnlich begabte Wissenschaftler auf beiden Seiten des eisernen Vorhangs waren. Tonys Vater Howard Stark wird mit seinem “Stark Expo”-Gelände und einer alten Filmaufnahme sogar stark in die Nähe von Walt Disney gerückt (selber netter Mann mit Schauzbart), und das Erbe der zwei Väter bestimmt auch die Feindschaft zwischen den Söhnen (und die komplette Missachtung der veränderten weltpolitischen Situation). Die andere große Vaterfigur, Stan Lee, erlebt wieder einen Kurzauftritt, und wird diesmal nicht mit Hugh Hefner, sondern mit Larry King verwechselt. Auch die (theoretisch unmögliche) Synthetisierung eines neuen Elements ist so “over the top” und eine gelungene Vorführung eines MacGuffins, das die Absurdität der ausgedehnten Szene fast schon wieder Charme hat. Für den Zuschauer besteht der Unterschied zwischen zwei chemischen Elementen in dem Unterschied zwischen dem Design-Element “Kreis” bzw. “Dreieck” (der Flux-Kompensator lässt grüßen!)

Während zumindest Gwyneth Paltrow sich stilvoll aus der Affäre zieht, und Sam Rockwell trotz der erwähnten Mängel in der Charakterisierung seiner Figur all sein Talent aufbringt, hat Regisseur Jon Favreau die besten Szenen für sich selbst aufgehoben. Beim Showdown auf der Rennstrecke von Monaco rettet er seinem Chef selbstlos den Blechhintern und ist während der gesamten Szene der Einzige, um den man sich tatsächlich Sorgen macht. Und wenn Scarlett Johansson später mit Leichtigkeit ein Dutzend Sicherheitsmänner ausschaltet, als sei es nur eine Tanzchoreographie, die sie in fünf Minuten einstudiert hat, führt “Happy” einen harten und erbitterten Kampf mit einem einzigen Mann, die fast schon an den Mord an Wolfgang Kieling in Alfred Hitchcocks Torn Curtain erinnert. Sein abschließendes “I got him” gerät dann zwar zum Scherz auf seine eigenen Kosten, aber inmitten all der superstarken, vermeintlich superschnellen und oft superarroganten Figuren wirkt er in seiner Menschlichkeit fast wie ein Fremdkörper. Schade, dass er dieses menschliche Element in seiner Position als Regisseur nicht auch stärker in den Film einfließen lassen konnte, leider erinnert Iron Man 2 mehr an die Transformers-Filme als an den eigenen Vorgänger. Und ich befürchte fast, das ist von den Produzenten mit einem Blick auf die Zuschauerzahlen durchaus so gewollt.