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Mother
(R: Bong Joon-ho)
Originaltitel: Madeo, Südkorea 2009, Buch: Bong Joon-ho, Park Eun-kyo, Kamera: Hong Kyung-Pyo, Schnitt: Moon Sae-kyoung, Musik: Lee Byeong-woo, Production Design: Ryu Seong-hie, mit Kim Hye-ja (Mother), Won Bin (Yoon Do-joon), Goo Jin (Jin-tae), Yoon Jae-Moon (Je-mun), Jun Mi-sun (Mi-sun), Lee Young-Suck (Ragman), Song Sae-Beauk (Detective), Na Mun-hee (Moon Ah-jung), 128 Min., Kinostart: 5. August 2010
Nach seinem internationalen Erfolg mit dem eigentümlichen Monsterstreifen Gwoemul / The Host kehrt Bong Joon-ho mit seinem neuen Film zu einem ähnlichen Sujet zurück, der schon Memories of a Murder zum Geheimhit werden ließ. Erneut geht es um einen Mädchenmord, einen minderbemittelten Hauptverdächtigen und Ermittlungsbeamte, die zum einen überfordert scheinen und zum anderen auch keinen Anspruch darauf besitzen, automatisch die Hauptfiguren des Films zu stellen.
Do-Joon (Won Bin) lernen wir als Zuschauer kennen als einen nicht besonders cleveren jungen Mann, der sich von seinem durchtriebenen Kumpel Jin-tae (Goo Jin) zum Vandalismus überreden lässen. Und danach auch noch die Abfolge der Ereignisse schlichtweg vergisst. Seine Mutter (Kim Hye-ja) ist Kummer gewohnt, aber die Anzeige und der Mercedes-Rückspiegel bringen den defizitären Haushalt der beiden (wobei die Mutter alleinig für die Einkünfte zu sorgen scheint) mal wieder an den Limit.
Als kurz darauf eine Frauenleiche auftaucht, wird Do-Joon zum Hauptverdächtigen, spaltet dabei die Ansichten der ermittelnden Beamten - und erneut leidet er unter einem Gedächtnisschwund und es scheint nicht abwegig, dass sein Kumpel Jin-tae wieder etwas mit der Geschichte zu tun haben könnte. Dass neben der Leiche ein Golfball gefunden wird, und die Sache mit dem Mercedes, die Do-Joon schon sehr früh im Film auf die Polizeiwache brachte, dummerweise auch an einem Golfplatz stattfand, wirkt irgendwie eine Spur zu eindeutig ,...
Doch wie in Memories of a Murder (und Gwoemul) konzentriert sich Regisseur und Co-Autor Bong nicht auf einen überschaubaren Plot, sondern erzählt von diversen Einzelschicksalen, hat immer Zeit für ein wenig absurden Humor oder Sozialkritik (Befragungsmethoden der Polizei), und lässt seine Geschichte mit jedem neuen Beweisstück, Zeugen oder einem möglichen Motiv undurchdringbarer erscheinen. Und so geht es in dem Film auch um die Fussball-WM 2002, um Lippenstift auf einem Golfschläger oder Akupunktur.
Und natürlich heißt der Film auch nicht rein zufällig Mother. Wobei die Koreaner so ihre Schwierigkeiten haben, bei einer Transskription der englischen Worte »mother« und »murder« nichts zu verwechseln, und dieses transkulturelle Wortspiel war sozusagen die Inspiration für den Film.
Das Besondere bei den Filmen von Bong Joon-ho ist immer, dass man zunächst den Eindruck hat, dass die zahlreichen Facetten sowohl thematisch als auch atmosphärisch und stilistisch zunächst widersätzlich erscheinen, dann aber in ihrer Gesamtheit den Film ausmachen. Ansatzweise kann man das auch bei seinem Kollegen Park Chan-wook (Durst, Sympathy for Mr. Vengeance) erleben, doch bei Bong ist die Bandbreite eindeutig weiter.
Und zwischendurch gibt es auch qualitative Höhen und Tiefen, von eher holprig inszenierten Passagen bis hin zu kleinen Geniestreichen, in diesem Fall etwa jener Szene, die als Analogie zum Kriminalfall einen kleinen Hindernis-Parcours aus Wasserflaschen zeigt. Hat eigentlich für die Handlung eine eingeschränkte Bedeutung, hält aber als eine der Facetten, die noch lange im Gedächtnis bleiben werden, den Film zusammen.