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16. September 2010
Thomas Vorwerk
für satt.org


  The American (R: Anton Corbijn)
The American (R: Anton Corbijn)
The American (R: Anton Corbijn)
Bildmaterial © TOBIS FILM
The American (R: Anton Corbijn)
The American (R: Anton Corbijn)
The American (R: Anton Corbijn)


The American
(R: Anton Corbijn)

USA 2010, Buch: Rowan Joffe, Lit. Vorlage: Martin Booth, Kamera: Martin Ruhe, Schnitt: Andrew Hulme, Musik: Herbert Grönemeyer, mit George Clooney (Jack), Violante Placido (Clara), Thekla Reuten (Mathilde), Paolo Bonacelli (Padre Benedetto), Irina Björklund (Ingrid), Bruce Altman (Larry), Samuli Vauramo, Björn Granath, Filippo Timi, Jeffrey Feingold, 99 Min., Kinostart: 16. September 2010

The American hatte einen gelungenen amerikanischen Kinostart, und ich nehme an, dies liegt mit am Trailer, der vom Tempo her durchaus mit den Event-Filmen eines Jerry Bruckheimer oder den aktuellen Action-Thrillern mit vielen Explosionen mithalten kann. Der Film selbst ist eher europäisch und erinnert vom Tempo her an Jim Jarmuschs letzten Film, The Limits of Control (und auch, wenn ich den nicht mochte, meine ich dies durchaus positiv).

Filme über Auftragskiller kann man größtenteils in einige wenige Gruppen aufteilen. Zumeist geht es zunächst um die Ausführung von Jobs, doch das allein (so schwierig es auch sein mag) reicht nicht. Von da aus gibt es zwei Hauptstränge, die oft in Kombination auftreten: Aus unterschiedlichen Gründen soll der Killer »in Ruhestand versetzt« werden und kämpft um sein Überleben gegen andere Killer oder eine ganze Organisation (mitunter auch noch gegen die Polizei). Hauptgründe für den »Auftrag gegen den Killer« sind zumeist, dass der Killer nicht mehr so gute Arbeit abliefert oder sich zum Sicherheitsrisiko entwickelt oder sich gar ganz konkret gegen die Ausführung eines Jobs entschieden hat (weil er sich in das Opfer verliebt hat, ein Gewissen entwickelt und / oder plötzlich nicht mehr mit den Beweggründen seiner Auftraggeber konform geht). Unterschiedliche Variationen dieses Plots umfassen quasi die komplette Filmgeschichte dieses Subgenres: This Gun for Hire, Le samurai, Leon, Ghost Dog: The Way of the Samurai.

Zwei weiterentwickelte Unterarten von diesem häufig variierten Plot, die zumeist in Richtung schwarze Komödie gehen, sind Filme, in denen zwei Killer verliebt oder gar verheiratet sind und gegeneinander antreten (Prizzi’s Honor, Mr. & Mrs. Smith), und Filme, in denen ein Auftragskiller bestellt wird (oft von einem Lebensmüden) und dieser Auftrag rückgängig gemacht werden soll (I Hired a Contact Killer).

Gänzlich in Richtung Komödie (und zwar die Romantic Comedy) gehen dann noch die Filme, in denen sich der Killer verliebt, seinen Job an den Nagel hängen will, und es sogar ein Happy End gibt (die wenigsten ernstzunehmenden Filme über Auftragskiller enden nicht mit dem Tod des Killers). In dieser Kategorie spielt etwa Grosse Pointe Blank oder dieser Film mit Nora Tschirner und Rick Kavanian, den ich aber nicht gesehen habe.

Rein plottechnisch hier Neuland zu betreten, ist somit schwierig, aber auch in seinem ersten Film, Control, hat sich Anton Corbijn an das ausgelutschte und starre Genre des Biopic getraut und sich scheinbar wenig darum gekümmert. Und so ist auch The American ein Film, der zwar den Plot nicht aus den Augen verliert, sich aber mehr um Atmosphäre und Themen kümmert als um das Vorantreiben der Handlung. Lange, lange Zeit passiert im Film eigentlich nichts (was ihn so europäisch und interessant macht), aber er hält trotzdem eine unbestimmte Bedrohung aufrecht, was an Filme der 60er und 70er Jahre erinnert (sowohl die amerikanischen Paranoia-Filme des New Hollywood als auch europäische Politthriller). Und solche Filme gibt es heutzutage einfach nicht mehr, jedenfalls nicht mit so einem Budget und die zumindest mit Clooney gegebene Besetzung (wie in Control interessiert sich Corbijn wieder eher für unbekanntere Gesichter).

Und so kann sich der Film Zeit nehmen für Themen, die vielleicht nicht jeder der Zuschauer, die in der ersten Woche in den Staaten ins Kino rannten, interessant findet - die aber um ein vielfaches interessanter sind als die kompletten »Themen« von Filmen wie The Sorcerer’s Apprentice, Machete oder Resident Evil. Und so erkundet der Film Landschaft und Architektur im iatlienischen Hinterland (der von Clooney gespielte Killer Jack gibt sich als Fotograf aus), die Hauptfigur kümmert sich kaum um die Anordnung »and above all: Don’t make any friends« und diskutiert mit einem Geistlichen oder trift sich auch mal außerhalb der Arbeitszeit mit einer Prostituierten (zumindest andeutungsweise ein Zugeständnis an die weiblichen Zuschauer, die mit »ihrem« Traummann George bereits nach zehn Minuten Laufzeit ein handfestes Problem haben könnten). Es geht um traditionelle Handwerksarbeit, man isst Gulasch, und anhand eines etwas aufdringlichen Schmetterlings wird es sogar eine Spur esoterisch. Doch bei alledem bewahrt sich der Film einen gewissen Charme, erinnert lieber an Sergio Leone (das hätten wir auch ohne Namensnennung gemerkt) oder North by Northwest als an supercoole Clooney-Figuren bei Soderbergh und dem ganzen hirnlosen Geballer*, das im Mainstream-Kino heutzutage obligatorisch scheint. Aber es nicht ist, wie dieser Film beweist, dem ich schon deshalb viel Erfolg wünsche!

*Es tut mir leid, ich leide noch unter dem
traumatischen Erlebnis, Ben Afflecks The Town
gesehen zu haben. Rezension dazu folgt bald.

Bonus-Track

Killer haben Muskeln,
Killer sind furchtbar stark,
Killer können alles,
Killer kill’n auch im Bürgerpark und
Killer sind einsame Streiter,
müssen durch jede Wand, müssen immer weiter.

Killer haben’s schwer, nehmen’s leicht,
außen hart und innen ganz weich,
werd’n als Kind schon auf Kill geeicht.
Wann ist ein Killer tot?
(Da-bum-dödim ... Da-bum ... Da-bum-dödim)

Killer kaufen Frauen,
Killer stehen ständig unter Strom,
Killer baggern wie blöde,
Killer lügen am Telefon und
Killer sind so verletzlich,
Killer sind auf dieser Welt einfach unersetzlich.

Wann ist ein Killer tot?
Färbt sich der Schnee dann rot?
Explodiert gar ein Boot?
Wann ist ein Killer tot?

Killer führen Kriege,
Killer ertränken auch bei Trockenheit,
Killer weinen heimlich,
Killer brauchen viel Zärtlichkeit und
Killer sind furchtbar schlau,
Killer bau’n ihre Wummen ganz ganz genau.

(Da-bum-dödim ... Da-bum ... Da-bum-dödim)

Clooney kriegt keine Kinder,
Clooney kriegt graues Haar,
Clooney trinkt Espresso,
Clooney ist etwas sonderbar,
Clooney ist allzeit bereit,
Clooney besticht durch sein Lächeln und seine Lässigkeit.

Jetzt ist das Lied schon aus.
(Da-bum-dödim ... Da-bum ... Da-bum-dödim)
[Fade-out]