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Bildmaterial: Senator Film
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The Road
(R: John Hillcoat)
USA 2009, Buch: Joe Penhall, Lit. Vorlage: Cormac McCarthy, Kamera: Javier Aguirresarobe, Schnitt: Jon Gregory, Musik: Nick Cave, Warren Ellis, Casting: Francine Maisler, Production Design: Chris Kennedy, mit Viggo Mortensen (Man), Kodi Smit-McPhee (Boy), Charlize Theron (Woman), Robert Duvall (Old Man), Guy Pearce (Veteran), Molly Parker (Motherly Woman), Michael Kenneth Williams (Thief), Garret Dillahunt (Gang Member), Bob Jennings (Bearded Man), Buddy Sosthand (Archer), Agnes Herrmann (Archer's Woman), Kirk Brown (Bearded Face), Jack Erdie (Bearded Man #2), David August Lindauer (Man On Mattress), Gina Preciado (Well Fed Woman), 111 Min., Kinostart: 7. Oktober 2010
Seit No Country for Old Men ist Cormac McCarthy auch Kinogängern ein Begriff (Billy Bob Thornton hatte auch mal All the Pretty Horses verfilmt, aber wer hat das schon mitbekommen?), und seine Endzeitparabel The Road (Pulitzer-Preis!) gilt für viele als sein bestes Werk. Die Erwartungen an eine Verfilmung waren da hoch, oder anders formuliert: man ahnte Schlimmes.
Doch John Hillcoat (Ghosts of the Civil Dead, The Proposition) ist ein Regisseur, der kein Probleme damit hat, seinem Publikum mit der Faust ins Gesichts zu schlagen (ich persönlich warte dann immer grinsend auf den nächsten Schlag), und auch wenn die Besetzung mit Viggo Mortensen und Charlize Theron zunächst nach Hollywood riecht, ist dies ein Vorwurf, den man dem Film wirklich nicht machen kann.
Die Reise eines namenlosen Mannes und seines vorpubertären Sohnes durch ein verbranntes Amerika (der Film verliert über die Gründe schnell einige Sätze und kümmert sich nicht weiter drum, im Roman ist es ähnlich, aber die Sätze sind über die erste Hälfte des Buches verteilt) ist eine Geschichte über zerfallende Schuhe, das quietschende Rad eines Einkaufswagens mit den letzen Habseligkeiten, Hunger und die möglichen Gegenmittel zum Hunger, darunter Selbstmord und Kannibalismus.
Im Film ist das genauso erschreckend wie im Buch, doch im Film klingen die Erinnerungen an Zombie-Streifen oder Horrorfilme über im Hinterland hausende Killerfamilien durch, was aber den Film nie in den Genre-Bereich abdriften lässt, die Parabel ist genauso stark, und das »Man« und »Boy« jetzt Gesichter haben, kann man dem Film nicht wirklich ankreiden (vor allem, weil das Gesicht des Kindes Charlize Theron so dermaßen ähnlich ist, dass die Problematik der verlorenen Mutter dadurch durchaus verstärkt wird).
Hin und wieder gibt es mal ein kleines CGI-Tableau, dass den Ausmaß des Zivilisationsverfalls wiedergibt, doch Hillcoat lässt dies nicht zum Spektakel verkommen wie Spielberg in War of the Worlds mit seiner bunten Blutpracht. The Road ist ein Film so grau wie von Tarkowskij, so erbarmungslos wie von (einem altersmilden) Tobe Hooper und so humanistisch wie die Klassiker des Neoralismus (und das sage ich nicht nur wegen des ähnlich klingenden Films Fellinis, sondern wegen Ladri di biciclette, der ein ähnliches Vater-Sohn-Gespann zeigte).
Garantiert kein Feelgood-Movie, aber seit langem das beste Road-Movie, das aus der Reise ans Meer etwas macht, das lange im Betrachter nachwirkt.
Boy: »Is it blue? The sea?« – Man: »I don't know. It used to be ...«