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24. November 2010
Thomas Vorwerk
für satt.org


  Cyrus (R: Jay Duplass, Mark Duplass)
Cyrus (R: Jay Duplass, Mark Duplass)
Bildmaterial © 2010 Twentieth Century Fox
Cyrus (R: Jay Duplass, Mark Duplass)
Cyrus (R: Jay Duplass, Mark Duplass)
Cyrus (R: Jay Duplass, Mark Duplass)


Cyrus
(R: Jay Duplass,
Mark Duplass)

USA 2010 Buch: Jay Duplass, Mark Duplass, Kamera: Jas Shelton, Schnitt: Jay Deuby, Musik: Michael Andrews, mit John C. Reilly (John), Jonah Hill (Cyrus), Marisa Tomei (Molly), Catherine Keener (Jamie), Matt Walsh (Tim), Diane Mizota (Thermostat Girl), Kathy Ann Wittes (Ashley), Kathryn Aselton (Pretty Girl), Jamie Donnelly (Pastor), Tim Guinee (Roger), 92 Min., Kinostart: 25. November 2010

Die Brüder Duplass haben sich beim Sundance Festival mit einigen kurzen und später abendfüllenden Filmen, die jeweils ein Winzbudget hatten und größtenteils improvisiert wurden, einen Namen gemacht, und jemand von »Scott Free«, der Produktionsfirma der Brüder Ridley und Tony Scott, entdeckte sie dabei und dachte sich, man könne mit dieser dem »Mumblecore« ähnlichen Arbeitsweise und dem Thema der »painfully funny realities of modern relationships« auch einen Film mit Comedy-Stars aus dem Dunstkreis von Judd Apatow (in diesem Fall John C. Reilly und Jonah Hill, die bereits in Walk Hard - the Dewey Cox Story zusammenspielten - und zwar sowas ähnliches wie Brüder!!) auf die Beine stellen. Und da Komödien in den Staaten seit einigen Jahren boomen, hätte daraus eine wirkliche Erfolgsgeschichte werden können.

Doch so wie Judd Apatow mit seinen Filmen oft versucht, neues Terrain zu erkunden, und auch Filme wie Greenberg, Observe and Report oder The Promotion mit unterschiedlichem Erfolg ausprobierten, wie »komisch« eine Komödie eigentlich sein muss, so führt Cyrus das Prädikat »painfully funny« in ganz neue Gefilde - wo das Schmerzhafte sich immer stärker in den Vordergrund spielt und das Witzige teilweise komplett verschwindet.

Der ursprüngliche deutsche Verleihzusatztitel nach dem bekannten Schema der Ben-Stiller-Familienkomödien (Ich, meine Freundin und ihr Sohn, wurde dann glücklicherweise doch noch geändert) vertuschte ebenfalls, dass einem bei Cyrus das Lachen nicht im Halse stecken bleibt wie beim Date-Rape in Observe and Report, oder es abgemindert lange auf sich warten lässt wie in The Promotion - nein, es bleibt teilweise einfach komplett aus. Wer Greenberg gesehen hat und sich dabei halbwegs unterhalten fühlte: Verglichen mit Cyrus wird Greenberg plötzlich zu großer Filmkunst und einem Film mit Vision und klarer Richtung.

Nun hat Cyrus durchaus einige nette Ideen, und zumindest John C. Reilly und Marisa Tomei tun das ihrige, den Film zu retten. Doch spätestens, wenn sich offenbart, dass das kleine Geheimnis ihrer Romanze ist, dass Mollys Sohn Cyrus mit 21 ebenso obsessiv wie ödipal auf seine Mutter aufpasst, wird der Film oft einfach nur peinlich - und damit meine ich nicht die amüsante Ben-Stiller-Peinlichkeit, bei der man über den brüskierten lacht - man fragt sich eher, warum man im Kino sitzt und sich diesen Film antut. Für ein Beziehungsdrama ist Cyrus nicht dramatisch genug, für eine Komödie fehlen die Lacher - und für Filmkunst egal auf welchem Niveau reicht ein bißchen Kamera-Gewackel und ziemlich nerviges Gezoome auch nicht. Denn so semidokumentarisch wie der Film oft wirkt - dies führt die Geschichte oder den Sinn des Films auch kein Stück weiter. Insbesondere Zuschauer, die einfach nur ein bißchen Spaß haben wollen, kann man nur eindringlich vor diesem Film warnen. Nur wer wirklich am eigenen Körper erfahren will, zu welchen Extremen man die Komödie biegen kann, bis sie bricht - insbesondere, wenn Observe and Report hier noch nicht ausreichten - der sollte Cyrus nicht verpassen. Ich befürchte, dieser Trend wird in Zukunft noch weiter ausgebaut werden. Man sollte vielleicht nur auf dem Plakat einen Warnhinweis »Vorsicht! Broken Comedy« anbringen.