USA 2010, Buch: Joel & Ethan Coen, Lit. Vorlage: Charles Portis, Kamera: Roger Deakins, Schnitt: Roderick Jaynes [= Joel & Ethan Coen], Musik: Carter Burwell, Kostüme: Mary Zophres, Production Design: Jess Gonchor, Supervising Art Director: Christina Ann Wilson, mit Hailee Steinfeld (Mattie Ross), Jeff Bridges (Reuben J. »Rooster« Cogburn), Matt Damon (LaBoeuf), James Brolin (Tom Chaney), Barry Pepper (Lucky Ned Pepper), Dakin Matthews (Col. Stonehill), Jarlath Conroy (Undertaker), Joe Stevens (Lawyer Goudy), Paul Rae (Emmett Quincy), Domhnall Gleeson (Moon), Ed Corbin (Bear Man), Bruce Green (Harold Parmalee), Elizabeth Marvel (40-Year-Old Mattie), 110 Min., Kinostart: 24. Februar 2011
Vor allem die Rahmenhandlung, die den Film mit einem komplett anderen Ende versieht, sucht man bei Henry Hathaways erster Verfilmung von Charles Portis’ Roman True Grit vergeblich, und den Coen Brothers, die hiermit abgesehen von ihrer freien Homer-Adaption und den den drei Neuinterpretationen der hard-boiled-detective-Klassiker Hammett, Chandler und Cain nach No Country for Old Men erst ihre zweite »waschechte« Literaturverfilmung liefern, ging es laut eigenen Angaben auch mehr um eine Neuverfilmung des Romanstoffs. Dem Publikum, das aus dem Film bereits den erfolgreichsten Coen-Streifen aller Zeiten machte, könnte hingegen die Neubesetzung von John »The Duke« Wayne mit Jeff »The Dude« Bridges wichtiger erscheinen. Bridges war übrigens mit 61 genauso alt wie Wayne, als er die Rolle spielte. Und dass Cogburn im Roman nur 40 ist und keine Augenklappe trägt, zeugt zumindest ein bißchen davon, dass die Coens den anderen Film schon irgendwie im Hinterkopf hatten. Auch wenn ein Special-Effects-Augenkrater wie bei General Martok unabhängig vom Darsteller über den Verlauf eines kompletten Spielfilms vielleicht nicht nur während der Dreharbeiten, sondern auch für das Publikum eine Zumutung gewesen wäre. John Wayne bekam für seine Darstellung, die sein Macho-Image (wie auch andere späte Rollen des ehemals beinharten Schönlings) parodierte, einen Oscar, und in einer Art Western-Remake von The African Queen (inklusive Katherine Hepburn) spielte er die Rolle in Rooster Cogburn (dt.: Mit Dynamit und frommen Sprüchen) sogar ein zweites Mal. Bridges ist immerhin nominiert, wird aber, nachdem er schon letztes Jahr einen Oscar gewann und diesmal gegen Colin Firth antreten muss, kein leichtes Spiel haben. Auch wenn er sich noch stärker zum Tölpel macht und seinen Schmerbauch unvorteilhaft in Szene setzt.
Ebenfalls für einen Oscar nominiert (okay, der Film wurde mit Nominierungen reich beschenkt) ist Hailee Steinfeld (die übrigens während der Dreharbeiten noch nicht einmal 14 wie die von ihr gespielte Mattie Ross war), die entsprechend des Romans hier zur wahren Hauptdarstellerin wurde (auch wenn es bei den Oscar-Nominierungen irgendwelche blödsinnigen Statuten gibt, die sie womöglich aufgrund ihres fehlenden Top-Billings zur Nebendarstellerin erklären) und die den Pros wie Bridges, Josh Brolin oder Matt Damon unerschrocken die Stirn bietet. Und das nicht nur innerhalb ihrer Rolle.
True Grit ist (wenn ich die üblichen Rekordmeldungen aus den Pressemitteilungen richtig in Erinnerung habe) der erfolgreichste Western seit Dances with Wolves, doch in einem Coen-Film spielt zwar das Genre immer eine Rolle, aber für den Erfolg und Nichterfolg ist weniger die Wahl des Genres (RomCom, Film Noir, Schwarze Komödie usw.) bedeutsam als das Geschick dabei, einen Stoff für die kleine aber treue Fangemeinde der Brüder mit einem Sujet und/oder eine Besetzung zu kombinieren, die auch Kinoaffine aktiviert, die sich keinen Deut um Regisseure kümmern. Und deshalb wird trotz des zu erwartenden Erfolgs der 3D-Comicverfilmung Cowboys & Aliens (mit James Bond, Indiana Jones und der Latex-Süßen aus Tron Legacy) kein Westernrevival zu erwarten sein. Dafür gibt es im herkömmlichen Planwagen einfach zu wenige verliebte Vampire.
True Grit schert sich abgesehen vom Marketing herzlich wenig um seinen Appeal für ein großes Publikum, und das zeichnet den Film auch aus. Man ist politisch unkorrekt, ohne damit Rassisten anzulocken, man verscherzt es sich mit dem weiblichen Publikum, das sich lange Zeit an der starken Frauenfigur delektieren kann, nur um dann durch das Romanende aus den 1960ern den Hintern versohlt bekommt. Der Showdown ist diesmal nicht ganz so ein Anti-Klimax wie in No Country for Old Men, aber das Timing ist schon dezidiert anders als bei Hathway (nicht zu vergessen die Rahmenhandlung, die neun von zehn Hollywood-Studios – wenn sie die Chance gehabt hätten – spätestens nach den Test Screenings rausgeschmissen hätten). Und daraus will ich gar nicht die übliche Volte schlagen, dass die Coens »echten Schneid« besitzen. Sie – und ihr Film – sind einfach so störrisch und unbelehrbar wie Rooster Cogburn. Sie lassen sich nur auf Deals ein, die ihnen in den Kram passen, ändern diese später auch mal um, und einzig, wenn es dem Film hilft, schlagen sie auch mal – zur Abwechslung – den häufiger betretenen Pfad ein. Und deshalb sind und bleiben sie ein acquired taste.
Ach ja, und falls es jemand noch nicht mitbekommen haben sollte: True Grit ist die beste Matt-Damon-Komödie seit Team America.