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27. Juli 2011
Thomas Vorwerk
für satt.org


  Cars 2 (John Lasseter)
Cars 2 (John Lasseter)
Cars 2 (John Lasseter)
© Walt Disney Studios Motion Pictures Germany GmbH
Cars 2 (John Lasseter)
Cars 2 (John Lasseter)
Cars 2 (John Lasseter)


Cars 2
(John Lasseter)

USA 2011, Co-Regie: Brad Lewis, Buch: John Lasseter, DOP - Lighting: Julien Schreyer, DOP - Camera: Jeremy Lasky, Schnitt:, Musik: Michael Giacchino, mit den Originalstimmen von: Owen Wilson (Lightning McQueen), Larry the Cable Guy (Tow Mater), Michael Caine (Finn McMissile), Emily Mortimer (Hollie Shiftwell), John Turturro (Francesco Bernoulli), Eddie Izzard (Miles Axlerod), Bonnie Hunt (Sally), Thomas Kretschmann (Professor Zündapp), Joe Mantegna (Grem, the Gremlin), Peter Jacobson (Acer, the Pacer), Tony Shalhoub (Luigi), Paul Dooley (Sarge), Guido Quaroni (Guido), Lloyd Sherr (Fillmore), Jason Isaacs (Siddeley, Leland Turbo), Franco Nero (Uncle Topolino), Vanessa Redgrave (The Queen, Mama Topolino), John Ratzenberger (Mack), Cheech Marin (Ramone), Jenifer Lewis (Flo), Michael Wallis (Sheriff), Katherine Helmond (Lizzie), Michael Michelis (Tomber, French Tri-Wheel), Lewis Hamilton (Lewis Hamilton, #2), Carlo Veloso (Carlo Veloso, #8), Jeff Gordon (Jeff Gorvette, #24), Max Schnell (#4), Shu Todoroki (#7), Darrell Waltrip (Darrell Cartrip), John Lasseter (John Lassetire), Kinostart: 28. Juli 2011

Vor einigen Wochen echauffierte ich mich im Zusammenhang mit Kung Fu Panda 2 darüber, wie überflüssig manche Sequels sind, und vor wenigen Tagen hatte ich weiß Gerd etwas besseres zu tun als mir das Sequel zu Hoodwinked anzuschauen. Zu Cars 2 ging ich mehr oder weniger mit dem Vorsatz, zur Abwechslung mal einen schlechten Pixar-Film zu sehen.

Cars wird von manchen Kritikern (aber auch normalen Kinogängern) als der schlechteste Pixar-Film eingeordnet. Ich persönlich benutze Superlative eigentlich nur, wenn zumindest auch das Positiv des Adjektivs zutrifft, und bei Cars fand ich das Experiment, eine Frank-Capra-Geschichte mal ganz anders zu erzählen, interessant genug, um über das Scheitern des Experiments und mein Desinteresse an den Figuren hinwegzusehen.

Ohne jetzt lange zu recherchieren, würde ich aber davon ausgehen, dass es zu keinem Capra-Film jemals ein Sequel gab, und dafür muss man sich auch nicht lange Gründe zusammenstammeln. Und nun kommen wir zur Pointe dieser Einleitung, denn Cars 2 ist in meinen Augen kein Sequel. Ein Sequel erzählt die Geschichte eines Originalstoffs im selben (oder modernisierten) Stil weiter, mitunter ist es auch ein verkapptes Remake (wie Rocky 2). Cars 2 hingegen übernimmt zwar die Figuren des Originalfilms und erweitert auch die dort gezeigte Welt, aber mit Capra hat der Film fast nichts zu tun. (Immerhin gibt es aber einen kleinen Insider-Gag über die Figur Otis, der es ebenso misslingt, »Radiator Springs« zu verlassen, wie es George Bailey bei Bedford Falls in It’s a Wonderful Life nicht vergönnt war.) Und an dieser Stelle sollte man mal darüber nachdenken: Wenn Brody und Hooper aus Jaws (dt.: Der weiße Hai) in einem zweiten Film bei einem Angelwettbewerb teilnehmen und Hooper sich in eine Konkurrentin verliebt, wäre das ein Sequel? Oder andersrum: Wenn Rock Hudson und Paula Prentiss als Willoughby und Abigail aus Man’s Favorite Sport? (dt.: Ein Goldfisch an der Leine) sich auf einer kleinen Nussschale in der Gewalt einer Riesenkrake wiederfinden würde, wäre das ein Sequel? Ist Fierce Creatures (selbe Darsteller, neue Figuren) ein Sequel von A Fish called Wanda? Oder Runaway Bride eines von Pretty Woman? Meines Erachtens ist selbst Speed 2 (ohne Bus, ohne Keanu) noch eher ein Sequel, weil er immerhin dieselbe Geschichte nochmal erzählen will (wenn auch ohne Bus und ohne Keanu).

Cars 2 hingegen ist keine Kleinstadt-Liebeskomödie (mit Autorennen-Subplot) wie Cars, sondern ein auf mindestens drei Kontinenten, im Wasser und in der Luft spielender Action-Agenten-Film, in dem zwar Lightning McQueen und Tow Mater (dt. Rollenname: Hook) wieder die Hauptrollen spielen (Lightnings Freundin Sally hat nur geringfügig mehr Dialog als Sean Connery in Robin Hood - Prince of Thieves), das Thema ihrer Freundschaft ähnlich wie bei Buzz und Woody oder Shrek und Donkey wieder eine große Rolle spielt, und es auch wieder einen Autorennen-Subplot gibt - aber das war’s dann auch so ungefähr. Neu und prägend für Cars 2 sind zwei neue Figuren. Michael Caine spricht den britischen Superagenten Finn McMissile (man beachte die nur teilweise auto-bezogene Phallussymbolik), der für mich als Auto-Ignoranten schon ein wenig an einen Aston Martin erinnert, und seine jüngere Kollegin Hollie Shiftwell (auch ein sehr hübscher Name, selbst wenn er mehr an Austin Powers als an James Bond erinnert), die gemeinsam gegen einen geheimnisvollen Oberschurken antreten, der mithilfe eines etwas schmalbrüstigen deutschen Wissenschaftlers (Thomas Kretschmann mit Monokel als Professor Zündapp) die globalen Pläne für erneuerbare Brennstoffe mithilfe einer Superwaffe zunichte machen wollen. Und einzig das Detail, dass der etwas tumbe Abschleppwagen Mater schon von der kurvigen Hollie komplett überfordert ist, verhindert wohl, dass wir wie in einem Bondfilm auch ein »bad girl car« haben.

Nun ist natürlich die Idee, einen Agentenfilm einzig mit sprechenden Autos zu bevölkern, genauso bekloppt wie ein Frank-Capra-Film mit sprechenden Autos (auch wenn Dudu und K.I.T.T. protestieren), aber aus der Sicht des Zielpublikums, elfjähriger Jungs, machen die Renn- und anderen Autos, die teilweise mit Waffen ausgestattet sind und fliegen können, und gemeinsam James Bond spielen, natürlich viel mehr Sinn als das Erbe eines klassischen amerikanischen Regisseurs, der fast ausschließlich Stumm- und Schwarzweiß-Filme drehte, und der mit ihrem Eindruck der Filmgeschichte so gar nichts zu tun hat (»Mr. Deeds? - Das war so ein etwas schlaffer Film mit Adam Sandler«).

Und als familientauglicher Agentenfilm (mit etwa so viel Action wie The Incredibles) weiß der Film auch zu überzeugen, selbst wenn die Freundschaftsgeschichte etwas rührselig und die Gags um den tollpatschigen Tow etwas infantil sind (in dieser Hinsicht dürfte Cars 2 stärker als andere Pixar-Filme vor allem auf das kindliche Publikum zugeschnitten sein).

Es gibt mal wieder viel zu entdecken für den Zuschauer. Bei einem Abstecher nach Paris sieht man natürlich die Leuchtreklame des Restaurants von Gaston, in London hingegen gehören die »Tyre Bridge« und der »Big Bentley« zu den Sehenswürdigkeiten. Und in Italien lernt man Mama und Papa Topolino* kennen. Auch dem in der Zeit seit Cars verstorbenen Paul Newman gedenkt man, und zwischenzeitig hört man auch den 80er-Jahre-Klassiker You might think, allerdings nicht von den Originalinterpreten (wer das nicht selbst weiß, dem verrate ich es auch nicht), sondern von Weezer.


*Der italienische Name von Mickey Mouse.

Das Fazit also: auf den ersten schlechten Pixar-Film muss man weiterhin warten. Mir persönlich gefiel Cars 2 sogar besser als das Original, und das, obwohl mir Frank Capra eigentlich weitaus mehr liegt als James Bond. Aber bei dem neuen Sujet wirken die Protagonisten nicht ganz so deplaziert (und vielleicht habe ich mich inzwischen auch einfach daran gewöhnt).