Originaltitel: Straw Dogs, USA 2011, Buch: Rod Lurie, Original-Drehbuch: David Zelag Goodman, Sam Peckinpah, Lit. Vorlage: Gordon Williams, Kamera: Alik Sakharov, Schnitt: Sarah Boyd, Musik: Larry Groupé, mit James Marsden (David Sumner), Kate Bosworth (Amy Sumner), Alexander Skarsgård (Charlie), James Woods (Coach Tom Heddon), Dominic Purcell (Jeremy Niles), Laz Alonso (John Burke), Rhys Coiro (Norman), Billy Lush (Chris), Drew Powell (Bic), Willa Holland (Janice Heddon), Walton Goggins (Daniel Niles), Anson Mount (Coach Milkens), Kristen Shaw (Abby), Rod Lurie (Logger #1), 110 Min., Kinostart: 1. Dezember 2011
Momentan gibt es ja von fast jedem Backwoods- oder Slasherfilm der 1970er ein Remake, und mittlerweile hat man dazu wohl auch jene Filme auserkoren, die zwar irgendwie zum Sub-Subgenre des Rape Revenge Films gehören (vor kurzem etwa The Last House on the Left), aber die Horrorgefilde ein wenig verlassen und sich seinerzeit an den hartgesotteneren Teil des Mainstreampublikums richteten. Dies erkennt man zum Beispiel an den Hauptdarstellern wie Burt Reynolds in Deliverance oder eben Dustin Hoffman in Straw Dogs von Sam Peckinpah.
Aus dem kleinwüchsigen Hoffman als Mathematiker wird nun im Remake Strahlemann James Marsden (»Cyclops« in der ersten X-Men-Trilogie, Prinz Edward in Enchanted, Lois Lanes Gatte in Superman Returns), der zwar einen Schreiberling ohne handwerkliche Erfahrungen mimt, aber dabei immerhin einen erfolgreichen Hollywood-Autor, der gerade an einem Drehbuch über Stalingrad sitzt. Und dessen Nickelbrille (die wie vieles in diesem Film eine Siebziger-Atmosphäre beschwört) eher wie eine Clark-Kent-Verkleidung wirkt als bei Hoffman, dem man den Intellektuellen (oder das Weichei) jederzeit abnahm.
Wie damals verirrt sich der Stadtmensch David in den Süden, weil seine von dort stammende Frau (Kate Bosworth) sich um das Haus ihres Vaters kümmern will. Doch das damalige Drehbuch wurde an vielen Stellen noch subtil verfeinert und poliert, sogar elaboriert, was in der ersten Hälfte des Films zu einem interessanten (sehr bedächtigen) Tempo führt, was man im amerikanischen Mainstream-Kino (und schon gar nicht bei solch einem Film) nur selten sieht.
Vieles an Straw Dogs ist interessant (wie auch schon damals bei Peckinpah), doch so wie damals auch vieles kontrovers war, so wird es im Remake fast schon obszön. Denn in der zweiten Hälfte des Films, in der die dem deutschen Titel innewohnende »Gewalt« sich in den Vordergrund drängt, wird plötzlich das Tempo gefühlt vervierfacht, was zuvor feministisch modernisiert wirkte, wird nur noch traurig, und insbesondere die Montage erweckt einige Assoziationen, die nicht nur auf psychischer, sondern auch auf intellektueller Ebene schmerzhaft sind.
Und so wird der Stadtmensch bei einem seltsamen Männlichkeitsritual zum Wildern animiert, während die vermeintlichen »echten Männer« parallel die Jagdsaison auf seine Frau ausrufen. David erschießt einen Hirsch, ist gleichzeitig angewidert und fasziniert von der durch ihn ausgeübten Gewalt, und streichelt schließlich das Fell der verendenden unschuldigen Kreatur. Und zack, Schnittkante, auf seiner Couch passiert seiner Frau quasi dasselbe (nur, dass die Projektile genital bleiben).
Dieser »fasziniert und angewidert«-Modus beherrscht den Film und seine Rezeption. Nur nicht unbedingt aufgrund seiner Mittel (wie es bei Peckinpah stärker war), sondern aufgrund seiner Implikationen. Der Film beginnt wie ein Bummelzug und entwickelt sich dann zu einer unaufhaltsamen Massenkarambolage und man schaut hilflos mit zu, wie Frauen »es ja nicht anders wollten« und Männer sich in tödlichen Machtkämpfen ergehen. Und wenn dann zum einunddreißigsten Mal jemand die Nummer aus Steinbecks Of Mice and Men bzw. Tex Averys Lonesome Lenny (»Once I had a little friend … but he don’t move no more ...«) abzieht, gehört das fast noch zu den »poetischen« Momenten des Films.
Straw Dogs ist nicht gänzlich schlecht, aber jeden Einzelaspekt des Films sah man bereits mehrfach besser umgesetzt, und der »Mix« an sich ist jetzt auch nichts, wofür man diesen Film bräuchte. Wenn man nachvollziehen könnte, dass es nur um die schnellverdiente Kohle gänge, wäre es ja okay, aber offensichtlich hat der Regisseur und Autor Rod Lurie sich schon einige Gedanken gemacht. Aber am Endprodukt ändert das etwa soviel, als wenn sich Zack Snyder bei einem seiner Filme viele Gedanken macht: Der Film für sich wird besser, aber eine Existenzberechtigung hat er dadurch trotzdem nicht.