Originaltitel: Tinker Tailor Soldier Spy, Frankreich / UK / Deutschland 2011, Buch: Bridget O'Connor, Peter Straughan, Lit. Vorlage: John le Carré, Kamera: Hoyte Van Hoytema, Schnitt: Dino Jonsäter, Musik: Alberto Iglesias, Production Design: Maria Djurkovic, Supervising Art Director: Tom Brown, Kostüme: Jacqueline Durran, mit Gary Oldman (George Smiley), Benedict Cumberbatch (Peter Guillam), Tom Hardy (Ricky Tarr), Colin Firth (Bill Haydon), Ciarán Hinds (Roy Bland), Mark Strong (Jim Prideaux), Toby Jones (Percy Alleline), David Dencik (Toby Esterhase), John Hurt (Control), Simon McBurney (Oliver Lacon), Svetlana Khodchenkova (Irina), Kathy Burke (Connie Sachs), Michael Sarne (Voice of Karla), Stephen Graham (Jerry Westerby), Arthur Nightingale (Bryant), Konstantin Khabenskiy (Polyakov), Erksine Wylie (Spikeley), Amanda Fairbank-Hynes (Belinda), Rupert Procter (Guillam's Boyfriend), Sarah-Jane Robinson (Mary Alleline), Katrina Vasilieva (Ann Smiley), John le Carré (Christmas Party Guest), 127 Min., Kinostart: 2. Februar 2012
Seltsame Synchronizität: Wie Helmut Dietls Zettl ist auch Tinker Tailor Soldier Spy (ohne die Kommas) eine Wiederbelebung eines eine gute Generation zurückliegenden Fernsehphänomens. Nur eben kein überflüssiges und auf die alten Zuschauer schielendes Sequel / Spinoff, sondern ein ernstzunehmendes, nach vorne schauendes Remake bzw. eine Neuverfilmung von John le Carrés Roman von 1974.
Die BBC-Miniserie von 1979 hatte abgesehen von Alec Guinness als George Smiley (eine Figur, die in acht von le Carrés Romanen auftaucht) keine großen Stars, war aber dennoch ein so großer Erfolg, dass Smiley's People bereits zwei Jahre später nachgeschoben wurde (wieder mit Guinness). Den mittleren Roman der Karla-Trilogie um Smileys russischen Gegenspieler ließ man damals ausfallen, offensichtlich wegen der für das Fernsehbudget zu kostspieligen in Asien spielenden Szenen.
Für den Neuanfang konnte man mit Tomas Alfredson (So finster die Nacht) eine vielversprechende Regiehoffnung gewinnen, und auch die Besetzung ist einigermaßen spektakulär, neben Gary Oldman als Smiley (Oscar-Nominierung) hat man unter den vier Hauptfiguren, unter denen Smiley nach einem »Maulwurf« sucht, immerhin Colin Firth und Ciarán Hinds, als zurückgetretenen Chef »Control« John Hurt, als Smileys Assistenten Benedict »Sherlock« Cumberbatch, sowie als etwas unglückliche »aktive« und somit jüngere Auslandsagenten Mark Strong (bekannt aus diversen Filmen von Guy Ritchie und Matthew Vaughn) und Tom Hardy (Shinzon in Star Trek: Nemesis, kommt gerade - u. a. in This Means War - ganz groß raus). Außerdem dabei: Simon McBurney, den ich persönlich wegen seiner markanten Stimme und der an Roman Polanski erinnernden Physiognomie sehr schätze.
Einen misslungenen Auslandsauftrag, der in der Fernsehserie quasi die komplette erste Folge in Anspruch nahm, macht Alfredson zu einer stringent und ökonomisch umgesetzten kleinen Episode, die aber aufgrund ihrer intensiven Atmosphäre und des frühen Ausbruchs unnötiger Gewalt einen markanten Auftakt bietet. Der Rest des Films hatte für mich persönlich ein ähnliches Problem wie jüngst The Girl with the Dragon Tattoo: Die Auflösung des Whodunit, der Identität des »Maulwurfs« konnte bei mir schlichtweg kein Interesse entfachen.
Doch in diesem Fall ist es nicht so, dass der Film damit zum größten Teil steht oder fällt, denn le Carré ist zwar Bestseller-Autor, aber seine nüchternen Agentenromane führen nicht nur die Absurdität eines James Bond vor Augen, sie beschäftigen sich auch mit den Innenleben seiner Protagonisten. Und in dieser Hinsicht ist Tinker Tailor Soldier Spy ein Panoptikum auch ganz persönlicher Geheimnisse, Gary Oldmans Darstellung lebt weniger von seiner steifen Agentenfassade, sondern von der Figur, die sich dahinter verbirgt, einem älteren Herrn mit einem nominal abenteuerlichen Beruf, der sich aber in der Obskurität der Bürokratie zu verlieren droht und nebenbei um seine Ehe kämpft (wobei der Film dieses Thema besonders clever behandelt, indem Ann Smiley quasi nur ein blinder Fleck ist, eine Figur, die größtenteils durch ihre Abwesenheit auffällt, durch Briefe oder ein signiertes Feuerzeug. Erst ganz am Schluss hat Smiley dann auch endlich einen Grund zu lächeln.
Noch stärker als in So finster die Nacht weiß Regisseur Alfredson hier übrigens mit minimalem Vorrat an Filmblut einige wirkliche intensive Todesszenen zu arrangieren. Allein für drei stark in Erinnerung bleibende Erschießungen lohnt es sich schon, den Film anzuschauen. Und mein ganz persönlicher Tipp: Vielleicht schon vor dem Film die Rollennamen studieren. Ich hatte plötzlich ein Verständnisproblem, weil der mir als »Percy« vertraute Toby Jones plötzlich im letzten Filmdrittel mehrfach unter seinem Rollen-Nachnamen ins Gespräch kam - was mich kurzzeitig zum Irrglauben trieb, ein neuer Codename (und davon gibt es auch genügend) sei ins Spiel gekommen.