USA 2011, Buch: Scott Wiper, John Petro, Kamera: Remi Adefarasin, Schnitt: Valerio Bonelli, Musik: Lucas Vidal, mit Henry Cavill (Will Shaw), Verónica Echegui (Lucia), Bruce Willis (Martin Shaw), Sigourney Weaver (Jean Carrack), Joseph Mawle (Gorman), Caroline Goodall (Laurie Shaw), Rafi Gavron (Josh Shaw), Emma Hamilton (Dara), Michael Budd (Esmael), Roschdy Zem (Zahir), scar Jaenada (Maximo), Joe Dixon (Dixon), Colm Meaney (Bandler), 93 Min., Kinostart: 3. Mai 2012
The Cold Light of Day ist ein reichlich seltsames Ungetüm. Was an und für sich bei Filmen oftmals ein gutes Zeichen ist. Aber nicht immer. Regisseur Mabrouk El Mechri drehte zuvor JCVD, einen etwas anderen Actionfilm mit Jean-Claude van Damme, von dem ich einiges Gutes gehört hatte, und die Besetzung mit Bruce Willis, Sigourney Weaver und in einer kleinen Rolle Colm Meaney lockte mich ebenfalls.
Die Hauptrolle spielt Henry Cavill, an den ich mich vage in Rollen als »the other boyfriend« in Stardust und Whatever Works erinnern kann, und der mit seinen Rollen als Theseus unter der Fuchtel des Regisseurs Tarsem Singh respektive als Superman unter Zack Snyder wohl in die Action-Schönling-Kategorie aufgestiegen ist. Was irgendwie auch auf The Cold Light of Day zutrifft, aber darauf komme ich noch …
Will Shaw (Cavill) ist ein vielbeschäftigter »business consultant« (klingt auf Englisch einfach großkotziger), der für einen Segeltörn mit seiner Familie (Mama, Papa, Bruder mit Freundin) nach Alicante fliegt, sich aber zunächst nicht wirklich freimachen kann von seinem ach so wichtigen Job. Außerdem hat Will ein angespanntes Verhältnis zu seinem Vater (Bruce Willis), einem »Kultur-Attaché« (das hört sich wiederum auf Franzdeutsch versnobter an). Kultur-Attaché hin oder her, Bruce Willis spult das volle Macho-Programm ab, und wer von der Offenbarung, dass Papi eigentlich einen anderen, gefährlicheren Job hat, im Kinosessel überrascht wird, der hat wahrscheinlich außer drei Folgen Moonlighting und Blind Date nie ein Fitzelchen Film mit Willis gesehen …
Statt an dieser Stelle die Filmhandlung wiederzugeben, fasse ich mal zusammen, dass der Film wie eine Mischung aus North by Northwest (dt.: Der unsichtbare Dritte) und Die Hard wirkt. Ein harmloser Anzugträger gerät in eine Verschwörung und muss sich gegen Berufskiller, Geheimdienste usw. durchsetzen.
Den Genre-Wechsel bereitet der Film gut vor, die Kameraarbeit von Remi Adefarasin (Emma, Elizabeth, Match Point, Scoop) ist bis auf ein paar nach Dawson's-Creek-Manier ausgeleuchtete Küsten-Atmos und eine Spur Angabe nett anzusehen, und was der Film aus dem Standard-love-interest bastelt, ist immerhin interessant. Und der Höhepunkt des Films ist Sigourney Weaver, die hier (wenige Monate vor dem Start von Prometheus) zur Abwechslung mal den Part ihrer Konkurrenten in Aliens übernommen hat, den der reichlich mies gelaunten Alien Queen.
Doch, um auf meine Vergleichsfilme zurückzukommen: The Cold Light of Day ist meilenweit entfernt von der (insbesondere filmischen) Eleganz Hitchcocks und der Adrenalinpumpe, die sich John McTiernan nennt. Teilweise jagt eine halbe Stunde lang eine Actionsequenz die nächste, doch weder konnte ich mit der reichlich profillosen Hauptfigur viel anfangen, noch wähnte ich die unschuldigen Nebenfiguren in Gefahr, noch war inszenatorisch etwas auch nur 15% über dem Durchschnitt. Und ich meine damit nicht den Durchschnitt der heutigen Actionfilme (was da 50% besser ist, ist immer noch Riesenmist), sondern den Durchschnitt des gesamten Genres, von John Ford über Howard Hawks bis Walter Hill, aber natürlich auch mit den Ausfällen der Filmgeschichte, die es aber nicht verdient haben, hier namentlich genannt zu werden. Bis Mabrouk El Mechri es verdient hat, dass man sich seinen doch etwas komplizierten Namen merken muss, werden noch einige bessere und schlüssigere Filme folgen müssen. Laut imdb ist er momentan vollauf mit der zweiten Staffel der französischen Fernsehserie Maison close beschäftigt (er hat bisher jede einzelne von 13 Folgen inszeniert), und eine kurze Recherche gibt mir das Gefühl, dass dies auch nicht unbedingt vielversprechend ist, was seine Regie-Karriere angeht. Aber vielleicht sind das nur blöde Vorurteile, weil die Serie offenbar in einem Bordell spielt (der Fachbegriff des »verschlossenen Hauses« taucht auch im Originaltitel des jüngst in Deutschland gestarteten Franzfilms Haus der Sünde auf) und es auch einen gleichnamigen Online-Shop für Damenunterwäsche zu geben scheint. Da würde mich eine eingehende Recherche einfach zu weit vom Thema abbringen …