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8. April 2015
Thomas Vorwerk
für satt.org


  Der kleine Tod. Eine Komödie über Sex (Josh Lawson)
Der kleine Tod. Eine Komödie über Sex (Josh Lawson)
Der kleine Tod. Eine Komödie über Sex (Josh Lawson)
Bildmaterial © Weltkino Filmverleih
Der kleine Tod. Eine Komödie über Sex (Josh Lawson)
Der kleine Tod. Eine Komödie über Sex (Josh Lawson)
Der kleine Tod. Eine Komödie über Sex (Josh Lawson)
Der kleine Tod. Eine Komödie über Sex (Josh Lawson)


Der kleine Tod.
Eine Komödie über Sex
(Josh Lawson)

Australien 2014, Originaltitel: The Little Death, Buch: Josh Lawson, Kamera: Simon Chapman, Schnitt: Christian Gazal, Musik: Michael Yezerski, mit Bojana Novakovic (Maeve), Josh Lawson (Paul), Damon Herriman (Dan), Kate Mulvany (Evie), Erin James (Monica), Patrick Brammall (Richard), Kate Box (Rowena), T.J. Power (Sam), Lisa McCune (Maureen), Alan Dukes (Phil), Kim Gyngell (Steve), Ben Lawson (Glenn), Lachy Hulme (Kim), Tasneem Roc (Yael), Zoe Carides (Doctor Barnes), Paul Gleeson (Counsellor), 95 Min. Kinostart: 9. April 2015

Während es kaum Filme gibt, die mich weniger interessieren als Nymphomaniac oder 50 Dings of Bums, habe ich durch Filme wie See You Next Wednesday (»Was willst du Zitterjochen?«) oder Secretary erfahren, dass mich Sexfilme im Kino vor allem dann anmachen, wenn auch der Humor eine wichtige Rolle spielt. Und zwar – wenn möglich – nicht der Humor für Pubertierende (Filmbeispiele kann sich hier jeder entsprechend seiner Generation selbst denken). Humor entspannt, und Entspannung ist beim Sex eigentlich immer von Vorteil.

In dieser teilweise sehr seltsamen Komödie um fünf australische Paare mit seltsamen sexuellen Präferenzen und Fantasien geht es ein wenig zu wie in Woody Allens Everything you always wanted to know about sex (but were afraid to ask). Mit dem Unterschied, dass die Episoden fein miteinander verwoben sind und sich nicht in verschiedenen Filmgenres abspielen. Ähnlich wie bei Woody lernt man aber auch etwas. Und wenn es nur die wissenschaftlichen Fachbegriffe zu abstrusen Vorlieben sind. Oder wussten Sie, dass man das sexuelle Vergnügen, das mancher dabei empfindet, wenn er jemanden weinen sieht, als »Dacryphilie« bezeichnet? Man kann sich vorstellen, dass es einigermaßen kompliziert ist, in einer halbwegs funktionierenden Partnerschaft solch Wünsche des einen Partners zur beiderseitigen Befriedigung »einzuarbeiten«. Noch schlimmer (und missverständlicher) wird es, wenn einer der beiden versucht ohne das konkrete Wissen des anderen, dies umzusetzen. Dies trifft etwa auf Rowena zu, die fortan Anlässe findet, ihren Gatten Richard in Tränen ausbrechen zu lassen (zum Beispiel, indem sie den Hund kidnappt). Aber in noch schlimmeren Ausmaß auf Phil, der zunächst unabsichtlich seine Maureen betäubt, aufgrund seiner Somnophilie plötzlich ein erfülltes Sexual-leben hat und sich immer stärker in einen Teufelskreis begibt, bei dem er sie betäubt, dann aber auf der Arbeit einschläft, weil er selbst nicht zum Schlafen kommt …

Hier und da sind diese Geschichten schon extrem grenzwertig, etwa bei den Komplikationen, die dadurch entstehen, dass Paul sich Szenarien ausdenkt, die dazu führen könnten, dass er die Fantasie seiner Frau Maeve erfüllt, die gerne mal vergewaltigt werden will. Aber nur von Paul – und irgendwie auch so, dass sie es nicht weiß, dass es Paul ist. Da kommt man sehr schnell in Gefahr, die Gefilde einer Komödie zu verlassen und eher in einem Almodóvar-Film zu landen. Nicht besonders hilfreich ist hierbei auch Steve, der – alleinstehend – ebenfalls neu zur Nachbarschaft gehört und sich bei seinen neuen Nachbarn jeweils vorstellt. Mit einer fast vergessenen lokalen Köstlichkeit namens »Gollywogs« und der gerichtlichen Verfügung, sein Umfeld von bestimmten Details in Kenntnis zu setzen (»... also I'm required by federal law to inform you that I am a convicted sex offender …«). Steve hat hierbei Glück, dass alle von ihm besuchten Pärchen selbst ihre eigenen Probleme haben und – ganz nach seinem Plan – bestimmte Ausführungen gar nicht wahrnehmen.

Mich beschlich ja bei dem Film irgendwann der Verdacht, dass Steve und Maeve irgendwie aufeinandertreffen würden – und es dem Film dadurch nicht leichter fallen würde, »die Kurve zu kriegen«. Aber ganz so jenseitig wird es dann doch nicht ganz, der Humor färbt sich zwar hin und wieder dunkelblaufastschwarz, aber wie man mit den abwegigen Abläufen umgeht, entbehrt nie einer gewissen Liebenswürdigkeit – und das heißt ja schon was, wenn es um Entführung, Betäubung oder Vergewaltigung geht.

Bei einem Paar ist es immerhin so, dass beide gemeinsam sich ein Ziel gesetzt haben: denn Dan und Evie lassen sich auf Rollenspiele ein – allerdings mit unterschiedlicher Euphorie. Und meine Lieblingsgeschichte erzählt von einem Paar, das eigentlich noch erst eines werden muss. Der englischsprachige Fachbegriff heißt bei dieser Episode »telephone scatalogy«, also die »Erregung durch obszöne Anrufe«. Und hier besteht die Komplikation darin, dass Monica bei einem Call-Center arbeitet, das für per Skype zugeschaltete Gehörlose Informationen in Gebärdensprache für zu kontaktierende Personen in normale Worte »dolmetscht«, was zwar ziemlich abgedreht klingt, aber durchaus ein Berufsfeld scheint, das funktionieren könnte. Aber für The Little Death muss man die Schraube mal wieder ein wenig weiter drehen, und jetzt geht es darum, dass der gehörlose Sam bei einer Telefon-Sex-Hotline anrufen will, und Monica der auch irgendwie etwas abgelenkten Dame am anderen Ende der Leitung die Situation erklären muss und dann beiden Seiten zu einer Kommunikation verhelfen muss, bei der eine Mittelsfrau eigentlich reichlich unangebracht wirkt. Außer vielleicht für Sam, der sich über eine gewisse visuelle Stimulanz (die eigentlich nicht Teil von Monicas Jobbeschreibung ist) jedenfalls nicht beschwert.

Wem diese Beschreibungen der Basiskonflikte bereits viel zu »weird« sind, der wird mit dieser seltsamen Mixtur aus Shortbus und Männerherzen evtl. so seine (oder ihre) Probleme haben, aber ein cleveres Drehbuch, engagierte unbekannte Darsteller und eine geschickte Umsetzung bei geringem Budget machen The Little Death zu einer im besten Sinne »ansteckenden« Komödie, bei der einem schon mal vor Lachen das Popcorn aus dem Mund ejakulieren kann.