Bullyparade - Der Film
(Michael »Bully« Herbig)
Deutschland 2017, Buch: Michael »Bully« Herbig, Alfons Biedermann, Christian Tramitz, Rick Kavanian, Kamera: Torsten Breuer, Schnitt: Alexander Dittner, Musik: Ralf Wengenmayr, Kostüme: Anke Winckler, Szenenbild: Bernd Lepel, mit Michael »Bully« Herbig (Winnetou, Mr. Spuck, Sissi, Sigi Solo, König Ludwig, Lutz, Kastagnette), Christian Tramitz (Old Shatterhand, Captain Kork, Kaiser Franz, Mr. Moneymaker, Jörg Kasirske, Bronko Kulieka, Kastagnette), Rick Kavanian (Schrotty, Feldmarschall, Dr. Schmitz, Tschango, Löffler, Makler Dimitri, King Klon, Klon-Armee, James Beam, Jens Kasirske, Pavel Pipowic, Yeti, Standesbeamter, Kastagnette), Cornelia Ivancan (Annette), Sky Du Mont (General Motors), Alexander Schubert (Lieutenant), Jasmin Lord (Susirella), Laura Berlin (Monirella), Jeanne Goursaud (Babsirella), Jane Chirwa (Mozzarella), Denise & Desire Balaz (Doppelrella), Liz Howard (Gospel-Mamarella), Andreas Fröhlich (Erzähler), Til Schweiger (Sheriff Chiller), Lena Meyer-Landrut, Lena Gercke (Sirenen), Elyas M'Barek, Matthias Schweighöfer, Jürgen Vogel, Peter Maffay, Chuck Norris, Stefan Mross, Kinostart: 17. August 2017
Zum 20. Geburtstag der Bullyparade (sechs Staffeln von 1997-2002) versucht der in letzter Zeit nicht mehr ganz so vom Erfolg verwöhnte Michael »Bully« Herbig (Zettl, Pro7-Sitcom Bully macht Buddy, Haribo-Erbe von Thomas Gottschalk), noch mal an die alten Zeiten anzuschließen. Immerhin sind Der Schuh des Manitu (2001) und (T)Raumschiff Surprise - Periode 1 (2004) nach wie vor die beiden erfolgreichsten deutschen Filme aller Zeiten.
Bullyparade - Der Film wirbt damit, dass man quasi gleich fünf sehr unterschiedliche Kinoabenteuer in einem bietet, darunter Variationen der bereits kinoerprobten Parodien von Star Trek, Sissi und den Karl-May-Verfilmungen, aber auch die Rückkehr von Figuren aus der Bullyparade, die ich (war nie ein echter Fan, sobald der Trek-Bezug fehlte) mittlerweile alle vergessen habe, etwa »Lutz und Löffler«, die aus Zwickau stammenden Kasirske-Brüder oder zwei Tschechen namens Pavel und Bronko.
Die vier letztgenannten tauchen gleich in der ersten Episode des Films auf, »Zurück in die Zone«. Hier modifiziert man Robert Zemeckis' Back to the Future-Trilogie (sehr hübsch: der Trabbi mit den für einen DeLorean typischen Türen) und mischt das Ganze mit einem Schuss Forrest Gump: Um einen Auftritt von David Hasselhoff zu verhindern, klaut man Günter Schabowski seinen Spickzettel. Nett gemacht und schnell absolviert, und das obligatorische Zeitreise-Paradox fehlt auch nicht: »Wenn wir jetzt die Geschichte verändern, dann kriegen wir kein Begrüßungsgeld.« - »Das haben wir doch schon längst versoffen!«
Foto: Marco Nagel, © 2017 Warner Bros. Ent. / herbX film
Die zweite Episode, »Winnetou in Love«, ist übrigens kein Sequel zu Der Schuh des Manitu, wie der unaufmerksame Betrachter denken könnte, denn inzwischen darf man die Original-Namen der Karl-May-Figuren verwenden, und statt Abahachi und Ranger sind jetzt eben Winnetou und Old Shatterhand unterwegs.
Ich bin kein Karl-May-Experte, aber nehme an, dass insbesondere auch in den 1960er-Filmen von Harald Reinl und Alfred Vohrer selten das genaue Jahr der Western-Handlung angegeben wurde. In Bullyparade - der Film beginnt die Geschichte 1865 und setzt dann 15 Jahre später wieder ein. Der Grund: Old Shatterhand musste untertauchen, weil Abraham Lincoln mit seinem Gewehr erschossen wurde. Wenn man schon ein Eckdatum der deutschen Geschichte verulkt, schreckt man auch nicht davor zurück, ein Attentat auf einen Präsidenten für einen Gag am Rande zu nutzen. Dass dann 1880 ein gewisser Zahnarzt mit Namen Dr. Schmitz (Rick Kavanian) auftaucht, der eine Handpuppe namens »Tschango« durch die Gegend trägt, soll nur vage an Tarantinos Django Unchained anknüpfen, weshalb man auch vernachlässigen sollte, dass der gesamte Bürgerkriegshintergrund jetzt, 15 Jahre danach, natürlich fehlt. Nur »Tschango« ist mit seinem Emanzipationskampf etwas hinterher.
Foto: Marco Nagel, © 2017 Warner Bros. Ent. / herbX film
Der gesamte Film hat einige sehr witzige Passagen, aber leider auch diverse Durchhänger. Worauf man sich verlassen kann: Die Tanz- und Gesangspassagen sind durchgehend besonders peinlich, einzig die im Westernteil übernommene Fahrradszene aus Butch Cassidy and the Sundance Kid (in der auch einzig Burt Bacharach auf dem Soundtrack singt) und eine spätere Ballettnummer mit Rick Kavanian sind nicht zum Fremdschämen.
Mit Beginn der Episode »Wechseljahre einer Kaiserin« dachte ich sogar, dass der Bullyparaden-Film intelligenter sein könnte, als man bisher angenommen hatte. Denn man wechselt hier nur den Spielort, nicht die Zeit, und es fiel schon stark auf, dass jetzt die beiden selben Schauspieler wieder in einer Kutsche sitzen, erneut einen Schlüssel suchen und abermals einen betrügerischen Vertrag unterzeichnen sollen. Töricht von mir, anzunehmen, dass man hier tatsächlich so etwas wie eine Meta-Narration aufbauen wollte - Es sind einfach nur die selben abgedroschenen Handlungs-Klischees, die sich wiederholen.
Foto: Marco Nagel, © 2017 Warner Bros. Ent. / herbX film
Die Sissi-Passage wirkte auf mich ziemlich misslungen, weil man sich vor allem auf überzogenen Klamauk mit Rick Kavanian als Feldmarschall beschränkt, der hier in Zeitraffer durchs angebliche Gespensterschloss läuft und irgendwann mit dem Kopf durch ein Gemälde rasselt, das eine »stereo« stillende Frau zeigt, was dann doch eher dem Humor von Achtjährigen entspricht. Eine detaillierte Analyse der Frauenfiguren des Films wird übrigens auch nur Peinliches zum Vorschein bringen, man ist hier (wie beim Humor) oft nicht weit vom Level von Klimbim und Benny Hill entfernt.
Die schwächste Episode ist jedoch »Lutz of Wall Street«, die mit Martin Scorsese fast nichts zu tun hat, sondern als Höhepunkt nur eine in die Länge gezogene Zeitlupenszene bieten kann - und den unerwartetsten all der kleinen Überraschungsauftritte von Prominenten. Außer Manuel Neuer und Stan Lee rennt eigentlich fast jeder mal kurz durchs Bild (siehe Stabangaben, wenn man Spoiler mag).
Zum Schluss kommt dann »Planet der Frauen«. Hier hat man beim Auftritt von Mr. Spuck, Schrotty und Captain Kork ein Update zur J.J.-Abrams-Version vorgenommen (mit ausschaltbarer lense flare). Bully dazu im Presseheft: »Es macht keinen Sinn, 2017 etwas zu parodieren, was in den 1960er Jahren aktuell war.« Hier kokettiert er natürlich mächtig, denn nicht nur bei Karl May und Sissi entwickelt man sich in Bullyparade - Der Film nicht wirklich weiter, auch die weibliche Bevölkerung des Planeten zeichnet sich durch Namen wie Babsirella, Susirella und Monirella aus, was für die Kids vermutlich witzig klingt, aber als kultureller Bezug (Roger Vadim nach Jean-Claude Forest) so veraltet wirkt wie nur irgendwas im Film.
Foto: Marco Nagel, © 2017 Warner Bros. Ent. / herbX film
Auch hier gab es mal eine Szene, die mich kurz dazu motivierte, meine Erwartungen hochzuschrauben. Denn die Kontaktaufnahme mit einigen Aliens erinnerte schon stark an Arrival, nur dass man hier ein winziges gelbes Wörterbuch zurate zieht. Das Aussehen der Aliens wirkt auch erst von dem wohl aktuellsten filmischen Vorbild inspiriert, doch dann sehen die Außerirdischen erst wie projiziertes Pril-Wasser aus, hinter dem dann eben die Frauen auftauchen, die übrigens wegen ihrer langen Haare von einer Klonarmee angegriffen werden. Und auch hier heißt die kaum veränderte, von Rick Kavanian gespielte Figur nicht mehr wie einst »Jens Maul«, sondern nun »King Klon«, was wohl dem Bedürfnis entsprach, lieber einen neuen Witz zu bringen. Hätte nur etwas witziger sein sollen.
Bemerkenswert ist, dass die neueste Version des »Bullyversums« immer noch erstaunlich nah am ProSieben-Universum verortet ist. Nicht nur bei den Gaststars, auch beim Umstand, dass man für zwei Songs sogar Stefan Raab aus seinem Ruhestand hervorzerren konnte. Und sich etwa auf den Bachelor bezieht. Ach nee, der ist ja auf RTL...
Zum Abschluss noch meine Lieblingsgags des Films (die schlechtesten habe ich nicht so detailliert im Gedächtnis behalten). Sissi hat neben ihrem Bett eine goldene Kordel, an der sie manchmal zieht. Und dann geht die auf dem Nachttisch stehende Kerze an oder aus. Und die Weltraumrecken (diesmal übrigens ergänzt um den Getränkelieferanten »Sigi Solo«, dessen Weizenbierglas Teil der Merchandise-Offensive ist) haben diesmal ein neues Raumschiff, die U.S.S. Hasselhoff, deren Design großartig ist, auch, wenn man den Gag dann etwas zu breit austritt, um sicherzugehen, dass auch jeder es verstanden hat.
Foto: Marco Nagel, © 2017 Warner Bros. Ent. / herbX film
Der Schuh des Manitu war in meinen Augen eine mittelschwere Offenbarung, weil man hier aus der Fernsehkonstellation eine teilweise wirklich liebevolle Parodie bastelte, die davon zeugte, dass man sich wirklich mit den Vorbildern beschäftigt hatte und ihnen - auch und gerade in den Schwächen - gerecht werden wollte. Von da ab ging es bergab. Das (T)Raumschiff war schwach, Lissi und der wilde Kaiser noch schwächer, den Wickie-Film habe ich nicht gesehen, aber der hat ja auch keinen Bezug zur Bullyparade. »Zurück in die Zone« hat hier den größten Drive, auch wenn die Geschichte kaum vorhanden ist. Danach gibt es hin und wieder kleine Geniestreiche, aber als echten »Film« kann man das ganze eigentlich nicht ansatzweise bezeichnen. Das Ganze erinnert mich an die Otto-Filme. Da war auch mit jedem neuen Aufguss mehr die Luft raus. Wer meinen Standpunkt hier teilt, weiß dann auch, ob er eine Kinoticket lösen muss oder sich die Kohle spart.