Shaun das Schaf
- Der Film:
Ufo-Alarm
(Richard Phelan
& Will Becher)
UK / Frankreich / USA 2019, Originaltitel: A Shaun the Sheep Movie: Farmageddon, Buch: Jon Brown, Mark Burton, Schnitt: Sim Evan-Jones, Musik: Tom Howe, Designer / Director Credit Sequence: Gavin Strange, mit den Originalstimmen von Justin Fletcher (Shaun / Timmy), John Spakes (The Farmer / Bitzer), David Holt (Muggins), Kate Harbour (Timmy's Mum), Chris Morrell (Farmer John), Joe Sugg (Pizza Delivery Boy), 86 Min., Kinostart: 26. September 2019
Nachdem der letzte Langfilm des britischen Animationshauses Aardman, Early Man, so ein schrecklicher Mist geworden war, konnte man nur hoffen, dass die jahrelange Vertrautheit des Teams mit dem Shaun-Franchise dafür sorgen würde, dass man wieder an die früheren Erfolge anschließen würde.
Die Kurzepisoden um Shaun das Schaf, hierzulande Teil des traditionellen Kinderprogramms innerhalb der Sendung mit der Maus, zeichnen sich dadurch aus, dass man mit einem kleinen Personenensemble, bei dem die Schafherde und der Hütehund generell nicht sprechen, während der Bauer zwar dazu in der Lage sein dürfte, man aber auch auf seine Wortbeiträge generell verzichtet. Der Slapstick-Humor wird also größtenteils pantomimisch verzogen, nur ganz selten sieht man vielleicht mal eine Zeitungschlagzeile oder die Aufschrift eines Schildes. Erklärtes Ziel ist es aber, gerade das allerkleinste Publikum zu unterhalten.
© 2019 Aardman Animations Ltd & Studiocanal SAS. All Rights Reserved.
Beim ersten Shaun-Langfilm verlegte man das Abenteuer in die »big city«, wodurch auch das Abenteuerformat anzuwachsen schien. Diesmal findet ein Großteil der Handlung zwar wieder auf der altbekannten Farm statt, aber zum einen plant der Bauer einen leicht größenwahnsinnigen Vergnügungpark (eben »Farmageddon«), zum anderen gibt es einen waschechten Alien, der zwar auf Sprachelemente zurückgreift, aber seine ganz eigene - aber ohne Probleme verständliche - Sprache spricht. Hierbei ist besonders erstaunlich, dass man nicht, wie bei den Minions, einfach internationale Wortbrocken entlehnt, sondern tatsächlich, wie bei den Klingonen, eine eigene Sprache entworfen hat. Selbst, wenn diese sich auf eine einstellige Wortzahl beschränkt.
Zu Beginn des Jahres (auf der Berlinale) hat erst das norwegische Knetgummi-Abenteuer Månelyst i Flåklypa ein Weltraum-Abenteuer erzählt, und auch die Aardman-Favoriten Wallace & Gromit waren ja einst auf den Mond geflogen, irgendwas scheint bei der so handfesten Knetgummi-Stop-Motion-Animation besonders geeignet, um das so irdische Gestaltungsmaterial »abheben« zu lassen.
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Auf jeden Fall versteht man sich ähnlich wie beim Flåklypa-Film darauf, die Sci-Fi-Filmgeschichte Revue passieren zu lassen und großzügig im Fundus zu räubern. Das nennt man dann Hommage.
Hier merkt man das schon sehr früh, wenn ein Geschäft am Wegesrand auf den Namen »H.G. Wheels« hört. Ein Ufo-ähnlicher Frisbee birgt Gefahren für des Bauern neuesten Angebermähdrescher, und sein Verlangen nach einem neuen Modell sorgt dann auch für die seltsame Geschäftsidee »Farmageddon«. Der übrigens kindliche Alien, der kaum putziger sein könnte, erkennt im Mähdreschen sein Raumschiff wieder (»zoom zoom«) und will wie einst E.T. am besten Zuhause anrufen, nebenbei bringt man nahezu jeden naheliegenden Gag ein. Da dürfen die Kornkreise nicht fehlen, ein Roswell-Verweis oder eine eigentümliche (natürlich kindgerechte) Version der chestburster-Szene aus Alien (vgl. auch Shrek 2).
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Eine simple Toastscheibe schiebt sich zu den Klängen von Also sprach Zarathustra vor die Sonne und gemahnt an den Monolithen aus Kubricks 2001 - doch die Gags funktionieren fast durchgängig auch für das kleine Publikum, dass all die Sci-Fi-Klassiker noch nicht kennen kann (musikalisch entlehnt man übrigens unter anderem auch die Tonfolge aus Close Encounters und das Hauptthema der X-Files).
Wenn durch eine Art Vulcan Mindmeld auch die Backstory des kleinen Alien offenbart wird, funktioniert auch dies sehr visuell und ohne Kinder zu überfordern, auch auf Gruselmomente verzichtet man fast komplett (nur beim ersten Treffen muss man natürlich ein wenig mit der Angst vor dem Unbekannten spielen).
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Zu den weiteren filmischen Vorbildern gehören neben dem Standard-musical cue von Kubrick/Strauß u.a. noch Terminator 2 (wie schon bei A Close Shave nutzt man einen Roboter als Gegenspieler), Arrival oder die typischen Geheimzentren bei James Bond. Für einen britischen Film eigentlich obligatorisch gibt es auch einen Doctor-Who-Moment. Die eigentliche Geschichte bleibt aber bis auf einen kleinen Ausflug ins all sehr erdverbunden, mit Verfolgungsjagden oder einem Ausflug in einen Supermarkt.
Kein Meisterwerk wie einst die Offenbarung bei A Close Shave, dass man Claymotion auch für Hitchcock-Kino nutzen kann, aber eine rundum gelungene Familienunterhaltung, wo man als Kinderbegleiter auch auf seine Kosten kommt (wenn man nicht alle zehn Minuten jemand zur Toilette begleiten muss, weil die Halbliter-Eimer Cola zu früh leergetrunken wurden).