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November 2003
Thomas Vorwerk
für satt.org


Kevin Blechdom:
Bitches without Britches

Chicks on Speed Records 2003

Kevin Blechdom: Bitches without Britches

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Kevin Blechdom

Kevin Blechdom:
Bitches without Britches





Kevin Blechdom: Bitches without Britches
Kevin Blechdom




Wenn ich dieses Album als Mischung zwischen "Peaches" und "James Kochalka Superstar" anpreisen würde, käme ich der Wahrheit zwar gefährlich nahe, doch trotz der offensichtlichen Ähnlichkeiten mit diesen zwei von mir geschätzten Interpreten fehlt Kristin Erickson alias Kevin Blechdom noch ein wenig Subtilität, um wirklich mit ihnen mithalten zu können. Der Opener "Use your heart as a telephone" erinnert bis auf die weibliche Stimme in jeder Nuance an Kochalka: ein naiv-liebenswerter Text mit ebensolcher Melodie, einzig die Länge des Tracks (fast drei Minuten) ist verglichen mit Kochalka eher eine Maxi, und leider spürt man dies auch, denn selbst ein Banjo-Solo gegen Schluß kann nicht davon ablenken, daß die Grundidee des Songs ein wenig überstrapaziert wird. Ein Elektro-Country-Popsong wie "Binaca", der proklamiert, daß die Erzählerin nun "frei von hygienischer Verantwortung" sei, ist hingegen ein wirkliches Juwel, schon weil die politisch höchst inkorrekte Aussage bis hin ins Extrem ausgespielt wird ("ever since I got my tubes tied, I don’t have to have abortions any more"). Solche Texte erinnern mich dann fast an die frühen feministischen Songs von P J Harvey (wenn das kein Lob ist …), während "I am nastay", "Interspecies Love" oder "Boob’a’Q" vor allem pubertär wirken, somit also auch der Vergleich mit "Peaches" hinkt, wenn man über schiere Derbheit der Texte hinauskommen will, die ja an sich noch kein Qualitätsmerkmal ist.

Im Booklet zur CD gibt es zu jedem Song auch die in Illustrationen aufbereiteten Lyrics, wobei hier natürlich der Vergleich mit Kochalka zu Ungunsten der jungen Frau ausfallen muß. Aber einige der Seiten sind durchaus vielversprechend, und Ellen Forney hätte sich vielleicht vor zwanzig Jahren gefreut, wenn sie damals schon so hätte zeichnen können (Dieses Statement soll keinesfalls Ms Forney diskreditieren, sondern andeuten, daß Ms Erickson mit viel Übung mal irgendwann eine ernstzunehmende Illustratorin - oder Musikerin - werden könnte).

Immerhin wird man noch mit einer Cover-Version von Tina Turners "Private Dancer" verwöhnt, bei der auch die Striptease-Nummer eines Strichmännchen (bzw. -weibchen) im Booklet einen gewissen Charme versprüht, während auf anderen Seiten die Drittklässler-Zeichnungen von Geschlechtsorganen schnell langweilen.