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März 2003
Thomas Vorwerk
für satt.org

Steven Soderbergh und seine Filme
(Hrsg.: Stefan Rogall, Mitautoren Hans Gerhold und Uwe Rasch)
Schüren Verlag, Marburg 2003

Steven Soderbergh und seine Filme

240 S., Pb.
EUR 16,80
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Steven Soderbergh und seine Filme


Pünktlich zu "Solaris" und dem bevorstehenden deutschen Kinostart des bereits zuvor entstandenen Soderbergh-Films "Full Frontal" erscheint nun im Schüren-Verlag ein Buch, das sich ausführlich mit diesem interessanten Regisseur befasst. Soderbergh, der nach seinem in Cannes ausgezeichneten Debütfilm "Sex, Lies and Videotape" vorschnell als neuer Orson Welles gehandelt wurde, verschwand nach "Kafka" in der Versenkung und tauchte erst sieben Jahre später mit "Out of Sight" wieder auf. Dann folgte ein unvergleichliches Comeback, das durch die doppelte Oscar-Nominierung für die Regie von "Erin Brockovich" und "Traffic" (und das Erringen der Auszeichnung für letzteren Film) vergoldet wurde. Mittlerweile produziert Soderbergh gemeinsam mit Clooney solch Filme wie "Welcome to Collinwood" (dt.: "Safecrackers oder Diebe haben’s schwer"), "Ocean’s Eleven" (hier auch Regie) oder Clooneys Regiedebüt "Confessions of a Dangerous Mind", und ungeachtet des geflopten "Full Frontal" und des nicht ganz wie erwartet eingeschlagenen "Solaris" kann man guter Dinge sein, daß man von Soderbergh nach dessen jetzt eingeschobenen Ruhejahr noch viel hören wird.

Unter der editorischen Leitung von Stefan Rogall beginnt zunächst einmal Hans Gerhold das Frühwerk des Regisseurs zu analysieren. Natürlich bleibt ein Vergleich zwischen "Kafka" und "Shadows and Fog" nicht aus, und es ist schon erfrischend, wie der Woody Allen-Experte Gerhold kaum ein gutes Haar an Soderberghs in vielerlei Hinsicht gescheiterten Kunstfilm lässt. "King of the Hill", ein Film, von dem ich seinerzeit vor zehn Jahren nur Plakate in amerikanischen Filmzeitschriften sah, scheint da schon eher geeignet, mal in Videotheken ausfindig gemacht zu werden, aber dafür ist Soderberghs vierter Film, das Film-Noir-Remake "The Underneath" laut Gerhold abermals nicht viel wert.

Nun folgen die hungrigen Jahre, in denen Soderbergh mit "Schizopolis" und "Gray’s Anatomy" zwei preiswertere Experimentalfilme schuf, die nun Uwe Rasch seziert. Leider neigt dieser Autor, der auch eine längere Einleitung zum Buch beisteuert, und sich im weiteren mit Stefan Rogall abwechselt, zu ärgerlichen, weil blöden Fehlern. So wird aus Jacques Derrida unvermittelt "Derrick" (kein Scherz, siehe S. 94!) und während ich es noch nachsehe, daß man den Nachnamen des tumben Actiondarstellers Steven Seagal falschschreiben kann und darf (insbesondere, wenn man sich eh über ihn lustig macht), so sollte doch selbiges nicht bei Bette Davis passieren. Und auf sparwitzige Wortspiele und gequälte Fußnoten-Scherze sollte man in solch einer Publikation auch verzichten.

Immerhin gelingt es Rasch, in seinem Kapitel zum wohl unterschätztesten Soderbergh-Streifen "The Limey", mit seiner detaillierten Untersuchung auch mich wieder zufriedenzustellen.

Herausgeber Rogall scheint sich die Rosinen herausgepickt zu haben, er ist der Mann für Straightforward-Unterhaltungsfilme, um uns dann zu erklären, wie fein- und hintersinnig der Regisseur diese gestrickt hat. Leider überschlägt er sich dabei manchmal noch stärker als Rasch in Lobhudeleien, insbesondere das Kapitel zum doch nicht unumstrittenen "Solaris" ist streckenweise unerträglich.

Es folgt dann noch das übliche "Exklusiv-Interview" (von Daniel Kothenschulte, magere fünf Seiten) und die Filmographie mit detaillierten Stabangaben, aber der Gesamteindruck leidet doch unter den nicht sehr homogenen Autoren. Für Rogall, der mal unter Gerhold studierte, muß es ein tolles Gefühl gewesen sein, seinen ehemaligen Dozenten unter die Fittiche zu nehmen, doch gerade bei diesem Vergleich fällt auf, daß Gerhold einfach die größere Souveränität besitzt, wenn er nicht gerade kleinlich auf uninformierten Kritikerkollegen rumhackt.

Durchweg besticht das Buch durch die reichhaltige und fundierte Bebilderung, wie man es von Schüren (und Bertz) gewohnt ist, und trotz mancher Kritikpunkte ist der Unterhaltungsfaktor ebenso groß wie der Lernfaktor, wenn man etwa das weitverzweigte Netz des Steven Soderbergh langsam zu durchschauen beginnt oder endlich erfährt, hinter welchen Pseudonymen sich Soderbergh noch so versteckt, und wie er diese Namen fand (was nur bei Sam Lowry einigermaßen leicht zu durchschauen ist).