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Meine Dänischkenntnisse sind kaum existent und ich habe mir auch nicht die Zeit genommen, gründlich zu recherchieren, aber daß es bei Se til ventsre, der er en svensker irgendwie um einen Schweden geht, ist offensichtlich. Und wir wissen alle um die kleinen Sticheleien unter den skandinavischen Nationen. Leider wird dies in der deutschen Synchronisation des Films überhaupt nicht thematisiert, man findet hier noch weniger Schweden als in der ursprünglichen Synchronfassung von Casablanca Deutsche vorkamen - komplette Fehlanzeige! Andererseits fügt sich der deutsche Titel Alt, neu, geliehen und blau nahtlos in die Tradition der zumeist US-amerikanischen Hochzeitskomödien, angefangen vielleicht mit Klassikern wie The Philadelphia Story (Die Nacht vor der Hochzeit, George Cukor, 1940, nach wie vor der Film mit dem weltbesten Hauptdarsteller-Trio: Katherine Hepburn, Cary Grant und James Stewart) oder Father of the Bride (Vincenti Minelli, 1950). Im letzten Jahrzehnt scheint das Hochzeits-Thema wieder sehr attraktiv geworden: Filme wie Four Weddings and a Funeral, The Wedding Singer, Runaway Bride oder My Best Friend's Wedding waren allesamt an den Kinokassen sehr erfolgreich. Zwar lehnt sich Alt, neu, geliehen und blau durchaus an die Handlungsmuster einiger dieser Filme an (und endet mit einer eindeutigen Referenz an einen etwas anderen US-Film mit einer Hochzeit), doch durch die typisch skandinavisch-derbe Prägung der Atmosphäre entsteht ein völlig anderer Film. So geht es hier u.a. (Kenner des skandinavischen Kinos werden aufstöhnen: "schon wieder!") um die Psychiatrie-Insassin Mette, die zufällig die Schwester unserer Braut ist. Seit ihr Freund Thomsen Mette verlassen hat, hat sie den Boden unter den Füßen verloren. "Leck mich doch, Ingeborg!" ist eine ihrer Antworten auf die Bemühungen ihrer Umwelt, sie wieder zur Besinnung zu bringen. Ihre Schwester Katrine bringt es nicht einmal fertig, sie zu ihrer Hochzeit einzuladen, doch da kehrt Thomsen zurück und bringt alles (inkl. die Hochzeitsplanungen) gewaltig durcheinander. Schon, wenn er sich dem zukünftigen Hochzeitspaar aufdrängt und nach seinem ausgedehnten Afrika-Aufenthalt ein typisches Mahl kredenzen will, ahnt der Zuschauer, daß bei dieser Hochzeit nicht alles so klappen wird wie die auf Äußerlichkeiten wie Tischkarten fixierte Schwiegermutter es gern hätte. Thomsens Kommentar zu seinem Kochergebnis könnte für seine ganze Lebenseinstellung stehen: "Sieht für euch vielleicht angebrannt aus, das Gericht wird aber genau so angerichtet!" Ungewöhnlich für die typische Screwball-Handlung ist allenfalls, daß der Wirbelwind, der hier alles durcheinanderbringt, diesmal männlich ist. Und daß Thomsen einige Geheimnisse mit sich bringt, die so in einem Hollywood-Film nichts zu suchen hätten. Und der nicht ganz jugendfreie Kommentar, der hier über Julia Roberts, den Star zweier der oben angeführten Filme, abgegeben wird, fasst die rebellisch unverschämte Einstellung des ganzen Films zu den Hochglanz-Vorbildern aus Übersee hervorragend zusammen. (Für eine Wiederholung dieses Kommentars erscheint mir dieser Ort leider unangemessen - auch Minderjährige könnten diese Zeilen lesen - und beim bloßen Abtippen würde ich schon rot anlaufen). Und durch diese kleinen Brechungen (der Friseurbesuch, der zotige Junggesellenabend, der ungehaltene Pfarrer, die in der deutschen Synchronisation ziemlich entstellten Auftritte von Kåre Bjerkø) und das quirlige Tempo (eine wunderschöne ausführliche Parallelmontage bildet das Herzstück des Films) wird Alt, neu, geliehen und blau zum wahrscheinlich erfrischendsten Beitrag zum skurrilen Subgenre der Hochzeitskomödie innerhalb der letzten zehn Jahre - weltweit! |
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