Spider-Man 2
Regie: Sam Raimi,
Buch:
Alvin Sargent,
Story:
Alfred Gough, Miles Millar, Michael Chabon,
Vorlage:
Stan Lee, Steve Ditko,
Kamera:
Bill Pope,
Schnitt:
Bob Murawski,
Musik:
Danny Elfman,
Special Effects Supervisor:
John Dykstra,
Darsteller:
Tobey Maguire (Spider-Man / Peter Parker), Kirsten Dunst (Mary Jane Watson), James Franco (Harry Osborn), Alfred Molina (Dr. Otto Octavius), Rosemary Harris (Aunt May), J.K. Simmons (J. Jonah Jameson), Donna Murphy (Rosalie Octavius), Daniel Gillies (John Jameson), Dylan Baker (Dr. Curt Connors), Bill Nunn (Joseph 'Robbie' Robertson), Vanessa Ferlito (Louise), Aasif Mandvi (Mr. Aziz), Willem Dafoe (Norman Osborn), Cliff Robertson (Uncle Ben), Ted Raimi (Hoffman), Bruce Campbell (Snooty Usher), Elya Baskin (Mr. Ditkovich), Hal Sparks (Elevator Passenger), Stan Lee (Man Dodging Debris), Christine Estabrook (Mrs. Jameson), John Landis (Doctor),
122 Min.,
Kinostart:
8. Juli 2004
Der wahrscheinlich am sehnsüchtigsten erwartete Film des Kinosommers 2004 zeichnet sich wie schon X-Men 2 dadurch aus, daß sämtliche Hauptfiguren (und deren Darsteller) auch im Sequel wieder eine Rolle spielen. Sogar die in Spider-Man verstorbenen Uncle Ben und der Green Goblin haben flashback-ähnliche Auftritte, aber insbesondere die Wiederkehr von J. K. Simmons als J. Jonah Jameson gehört zu den wahren Stärken des Films, der unter der erfahrenen Regie von Sam Raimi nicht bloß versucht, die atemberaubenden Kamerafahrten des Vorgängers zu übertreffen, sondern sich vor allem auf eine weitverzweigte Story mit vielen (auch humoristischen) Höhepunkten konzentriert.
An der Story arbeitete immerhin Michael Chabon mit, der mit seinen Amazing Adventures of Kavalier and Clay bewies, daß sogar Comic-Autoren und -Helden einen Pulitzer Price wert sein können. Tobey Maguire spielte ja auch die Hauptrolle in der Filmadaption von Chabons Wonder Boys, dennoch frage ich mich, wie es wohl zu dieser bemerkenswerten Zusammenarbeit gekommen sein mag …
Der eigentliche Drehbuchautor Alvin Sargent ist in seinem Metier mindestens so erfolgreich wie der Romanautor Chabon, bekam er doch für Ordinary People und Julia bereits zwei Oscars und war weiterhin für die Drehbücher von Nuts oder Paper Moon verantwortlich.
Daß das Drehbuch selbst bei einem Film wie Spider-Man 2 wichtiger sein kann als die Spezialeffekte oder die gutaussehenden Hauptdarsteller, zeigt sich beispielsweise bei der Origin-Szene des Bösewichts, dem von Alfred Molina gespielten Dr. Otto Octavius, später genannt Dr. Octopus oder kurz Doc Ock. Schon der aus der Comic-Vorlage übernommene Name des Schurken ist so absurd, daß der Film selbst diese Absurdität der Lächerlichkeit preisgibt. Doch auch, wenn es allzu offensichtlich erscheint, einem Superhelden, der sich wie eine Spinne über die Dächer der Stadt bewegt und Kriminelle bevorzugt in einem Netz fängt, einen Gegenspieler entgegen zu setzen, der zufällig acht Gliedmaßen hat, die modernisierte Version, wie "Doc Ock" nicht nur seine zusätzlichen Arme bekommt, sondern auch einen Hang zum Größenwahn und eine gesunde Abneigung gegen Spider-Man, ist einerseits nicht völlig unähnlich der Story hinter dem Green Goblin, aber umso überzeugender.
Die Weiterentwicklung der Geschichte um Peter Parker und seine große Liebe Mary Jane Watson ist verglichen damit etwas an den Haaren herbeigezogen. Im Leben des als Superhelden immer sein Privatleben vernachlässigenden Studenten Parker folgt eine Katastrophe auf die nächste, bis er schließlich sein Kostüm in den Mülleimer stopft und sich fortan mehr um sein Leben kümmern will, wie jedermann aus den Trailern bereits weiß. In Antizipation seiner natürlich später revidierten Entscheidung müsste dies dem Zuschauer eigentlich als Plot-Twist lächerlich entscheiden, doch auch hier zeigt sich das clever konstruierte Buch, daß selbst hieraus noch Kapital zu schlagen weiß. Allein die Rückkehr Spider-Mans mit den Worten "I'm back! I'm back!", kurz darauf gefolgt von einer recht ähnlichen Verlautbarung, rechtfertigt diese Finte des Drehbuchs, die die Handlung dynamisch vorantreibt, ohne die einzelnen Subplots aus den Augen zu verlieren. Meisterhaft, selbst der etwas antiklimaktische Showdown und das folgende Nachspiel verzücken in ihrer Unvorhersehbarkeit des Vorhersehbaren.
Spider-Man 2 ist aber vor allem ein Fun-Film. Sei es Spideys Ausflug als Pizzalieferant oder sein Superman-mäßiger beim Kampf gegen eine nicht zu bremsende Hochbahn, der Film macht fast soviel Spaß wie Shrek 2 - und das ist ein wirkliches Kompliment! Gerade im Vergleich mit Filmen wie Men in Black 2 zeigt sich, daß nicht die Spezialeffekte und das coole Auftreten der Helden den Reiz eines Films ausmacht, sondern die Geschichte dahinter.
Nahezu nichts schmälert den Spaß an diesem Film. Höchstens vielleicht die mit Bildern von Marvels-Superstar Alex Ross aufgemotzte Vorspannsequenz. Dessen erschreckende Talentlosigkeit offenbart sich spätestens, wenn die Bilder (deren photographischen Vorlagen man aus dem Vorgänger-Film kennt) sich aufgeblasen auf der großen Kinoleinwand präsentieren. Und vielleicht die Tatsache, daß im Film immer wieder von den Opfern weggeblendet wird, weil es sich ja um Familienunterhaltung handelt. Sam Raimi lässt es sich zwar nicht nehmen, auch Kreis- und Kettensägen in den Film einzubauen, nur fließt so gut wie kein Blut (vom etwas malträtierten Parker mal abgesehen. Doc Ock kann einerseits mit seinen künstlichen Armen Autos werfen und Mauern pulverisieren, wenn er aber Aunt May an der Gurgel packt, hat sie später nicht einmal einen blauen Fleck. Und wenn die Passagiere der geretteten Hochbahn sich schließlich voller Zivilcourage sogar Doc Ock entgegenstellen, ist die Auflösung dieses Drehbuchdilemmas auch etwas zu harmlos. Etwas mehr Konsequenz hätte zum Verantwortungsthema des Films sicher beigetragen.