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September 2004
Thomas Vorwerk
für satt.org

Collateral
USA 2004

Filmplakat

Regie:
Michael Mann

Buch:
Stuart Beattie

Kamera:
Dion Beebe, Paul Cameron

Schnitt:
Jim Miller, Paul Rubell

Musik:
James Newton Howard

Darsteller:
Tom Cruise (Vincent), Jamie Foxx (Max), Jada Pinkett Smith (Annie), Mark Ruffalo (Fanning), Peter Berg (Richard Weidner), Bruce McGill (Pedrosa), Irma P. Hall (Ida), Javier Bardem (Felix)

120 Min.

Kinostart:
23. September 2004

Collateral


Der Auftragskiller Vincent (Tom Cruise) soll in einer konzertierten Aktion innerhalb einer Nacht fünf Schlüsselzeugen töten, die seinen Auftraggeber Felix (Javier Bardem) belasten würden. Während Vincent am Flughafen von Los Angeles ankommt, fristet Max (Jamie Foxx) seinen Job als Taxifahrer, ausnahmsweise hat er mit Annie (Jada Pinkett Smith) mal einen angenehmen Fahrgast, bei einer Wette um die bessere Fahrroute gewinnt er, und schließlich steckt hinter seiner Sichtblende die Visitenkarte der gutaussehenden Anwältin.

Filmszene
Filmszene
Filmszene
Filmszene
Filmszene

Sein nächster Fahrgast ist Vincent, der ihm entgegen den Bestimmungen für Taxifahrer das Angebot macht, für 600 Dollar die ganze Nacht hindurch sein privater Chauffeur zu sein, damit er möglichst schnell seine fünf "Geschäftstreffen" über die Bühne bringen kann. Widrige Umstände führen dazu, daß Max schon sehr schnell von Vincents wahrer Mission erfährt, hinter vorgehaltener Pistole bleibt ihm aber nichts über, als den Deal zu erfüllen, auch wenn es offensichtlich scheint, daß er nach Abwicklung der verbleibenden vier "Jobs" wohl kaum den nächsten Fahrgast suchen darf.

Noch stärker als von der Medienpräsenz Tom Cruises erster Schurkenrolle (Filme wie Interview with a Vampire nicht mitgezählt) lebt dieser Film von seiner simplen, aber genialen Grundidee, die an Speed und vor allem an Phone Booth erinnert, denn für die Polizei wird es schnell so aussehen, als sei Taxifahrer Max jener Killer, der mit seinem rotgelben Fahrzeug mit skrupelloser Präzision den Tod bringt - einzig ein Polizist (Mark Ruffalo, kaum wiederzuerkennen!) ahnt, daß mehr dahinter stecken könnte.

Der stark angegraute Tom Cruise ist eindeutig der Star des Films (er hat bezeichnenderweise auch die ersten und letzten Worte), aber Jamie Foxx (Any Given Sunday, Ali) könnte wie Sandra Bullock oder Colin Farrell durch diesen Film seinen Durchbruch erleben - wie er sich während des Films verändert, ist jedenfalls genauso spannend mitzuerleben wie Cruises bekannt smarte Ausstrahlung, die dem Killer eine verführerische Note gibt, die durch den trockenen bis zynischen Humor des Killers nur noch unterstrichen wird, wie wir es seit Orson Welles' Harry Lime selten gesehen haben. ("Six billion people on the planet, you're getting bent out of shape cause of one fat guy")

Die Bedeutung des Filmtitels beschränkt sich nicht nur auf den für Vincent zu verschmerzenden Verlust seines Chauffeurs, mit jedem Versuch von Max, Hilfe anzufordern, bringt er höchstens zusätzliche Personen in Gefahr, der Kollateralschaden ist spätestens nach dem Mord in der Disco beträchtlich. Was soll man machen, wenn man in seinem Taxi ans Lenkrad gefesselt ist und darauf wartet, daß der Killer von seinem Job zurückkehrt? Wie ein Verrückter auf die Hupe klopfen und um Hilfe rufen? Reagiert in L. A. überhaupt jemand auf sowas oder bringt man sich dadurch nur noch mehr in Gefahr?

Das Drehbuch des bisher allenfalls durch seine Mitarbeit bei Fluch der Karibik aufgefallenen Stuart Beattie (er schrieb auch mit an Derailed mit, dem in Post-Production befindlichen Hollywood-Debüt von Mikael "Evil" Håfström mit Jennifer Anniston und Clive Owen) macht viel aus der Prämisse, als Zuschauer wird man immer wieder überrascht und nach jedem Beifallssturm für eine Idee von Max, sich aus der Situation zu befreien, bleibt Vincent ihm auf den Fersen, oft ist er sogar seinem Chauffeur (und dem Publikum) einige Schritte voraus. Zu den kleinen Höhepunkten des Films gehört die Szene, in der Jazzfan Vincent seinen Chauffeur in einen Jazzclub einlädt oder dafür sorgt, daß Max den Obergangster Felix kennenlernt, was Javier Bardem (Before Night Falls) die Möglichkeit zu einem gelungenen Kurzauftritt gibt.

Obwohl ich persönlich sein Talent etwas überschätzt finde, hat Miami Vice-Schöpfer Michael Mann mit seinen Werken etwas öfter ein glückliches Händchen als Phone Booth-Regisseur Joel Schumacher (demnächst mit Phantom of the Opera … kein Kommentar), und nach dem Totalausfall Ali kann Mann wieder bei seinem wohl besten Film The Insider anknüpfen und bietet einen ebenso spannenden wie mit seinen visuellen Spielereien ansprechenden Film, bei dem selbst der unvermeidliche Showdown nur in weniger als der Hälfte der üblichen Hollywood-Fallen hineintappt.