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Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen




Oktober 2007
Thomas Vorwerk
für satt.org


Pornorama (R: Marc Rothemund)
Pornorama (R: Marc Rothemund)
Pornorama (R: Marc Rothemund)
© 2007 Constantin Film, München
Pornorama (R: Marc Rothemund)
Pornorama (R: Marc Rothemund)
Pornorama (R: Marc Rothemund)

Pornorama
oder Die Bekenntnisse der mannstollen Näherin Rita Brauchts
(R: Marc Rothemund)

Deutschland 2007, Buch: Stephan Puchner, Co-Buch: Granz Henman, Kamera: Martin Langer, Schnitt: Hans Funck, Musik: Mousse T., mit Tom Schilling (Bennie), Karoline Herfurth (Luzi), Benno Fürmann (Freddie), Michael Gwisdek (Herr Eckert), Valentina Ludovini (Gina Ferrari), Dieter Landuris (Cesare), Lisa Maria Potthoff (Irene), Elke Winkens (Frau Schröder), Martin Glade (Lothar), Christian Näthe (Walter), Michael Schönborn (Hauptkommissar Wiesner), Leonie Brill (Emmelie), Patrick Finger (Lasse), Sandra Ferrara (Elke), Heinz Badewitz (er selbst), Josef Heynert (Polizei-Obermeister Stürmer), 94 Min., Kinostart: 11. Oktober 2007

Es gibt viele “Komödienspezialisten” in Deutschland, aber bei Regisseur Marc Rothemund kommt noch hinzu, daß in seinen Filmtiteln immer Adjektive vorkommen, die bestimmte sexuelle Konnotationen mitbringen. Hier ist immer irgendwer “geschlechtsreif” oder “hart”. Von dieser Erfolgsregel wich er bisher erst einmal ab, dafür brachte er aber einen erfolgversprechenden Frauennamen, nämlich “Sophie Scholl”, im Titel ein. Und bei seinem neuen Film vereinigt er diese beiden Prinzipien, indem es um “Rita Brauchts” geht, die nebenbei auch noch “mannstoll” ist.

Der zugkräftige Titel ist hier die Bezeichnung für einen “Film im Film”, von dem eine Filmfigur, die es besser wissen sollte, mal sagt: “Guter Titel”. Daß selbst unterbezahlte Synchronsprecher bei den Simpsons oder Austin Powers bereits mehrfach gelungenere zweideutige Frauennamen wie Lasmiranda Densevilla oder Annette Halbestunde ersinnen konnten, lässt “Rita Brauchts” reichlich hausbacken wirken, aber womöglich ist dies auch absichtlich, denn der “Film-im-Film” ist (ungeachtet gegensätzlicher Entwicklungen im Film) nicht unbedingt hohe Kunst.

Rothemunds Film ist natürlich auch keine hohe Kunst, und gibt es auch nie vor. Die Geschichte um Bennie (Tom Schilling), den zunächst widerwilligen Regisseur eines “Aufklärungsfilms”, wirkt wie ein Remake eines anderen (Constantin-)Films mit Tom Schilling. In Verschwende Deine Jugend spielte Schilling einen jungen Bankangestellten, der seine Geldprobleme mit einem NDW-Konzert beseitigen wollte, diesmal wird die Geschichte anderthalb Jahrzehnte vorverlegt, Schilling ist Lehrling in einem anderen Spießerberuf (Polizist), und die semi-künstlerische Karriere wird vom Pop zum Popp-Film verlegt.

Dabei muss man Schilling zugute legen, daß er den Part des verschämt-pickligen Jünglings, dem seine Ambitionen über den Kopf wachsen, während er auf sein Coming-of-Age (lies: erstes Mal) wartet, mittlerweile perfektioniert hat (vergleiche auch Elementarteilchen, einen anderen Constantin-Film). Sein Co-Star Benno Führmann hingegen scheint gar nicht mitbekommen zu haben, daß er in einer Komödie agiert, und er strampelt sich ab als “großer Verführer” oder rollt mit den Augen wie ein veritabler Hamlet-Darsteller, während die Untiefen seiner Filmfigur doch allenfalls Sketchup-Niveau erreichen. Dem vom Plakat wie den Hauptdarsteller angepriesenen Schauspieler, der in früheren Filmen wie Der Krieger und die Kaiserin oder Wolfsburg durchaus Potential zeigte, sollte mal jemand dringend davon abraten, weitere Constantin-Produktionen anzunehmen, sonst wird man sich bald nur noch an seine talentfreien Auftritte wie in Die Nibelungen erinnern.

Eine dritte Darstellerin, deren Karriere (ähnlich wie die des Regisseurs oder Drehbuchautors) mit der Constantin verwoben zu sein scheint, ist Karoline Herfurth (Mädchen Mädchen, Das Parfum), aus meiner Sicht der vielleicht beste Grund, sich den Film anzuschauen. Für ihre Rolle wird ihr schauspielerisches Talent zwar kaum gefordert, aber dafür, daß sie den ganzen Film durch am meisten Textil am Körper hat, braucht sie auch nur in einem Hemd am Kühlschrank zu stehen und Wassermelone zu essen, um beispielsweise ihre italienische Kollegin bei ihrer orgiastischen Nähmaschinen-Einlage an knisternder Erotik klar zu übertreffen.

Die Hauptdarstellerin des Films im Film, Valentina Ludovino aka Gina Ferrari, sieht zwar aus wie eine Loren oder Lolobrigida (was mit passender Handbewegung als “Talent” verkauft wird, nur einer der direkt aus den Sechzigern übernommenen Scherze), bringt aber die zwei Probleme mit sich, daß sie kein Wort Deutsch spricht, und sich auch weigert, sich auszuziehen, womit das Hauptproblem der Dreharbeiten bereits zusammengefasst ist. Leider ertränkt der Film die Auftritte der zumindest sympathischen Jungdarsteller (allen voran Lisa Maria Potthoff als Irene) dann aber in standardisierten Kalauer-Auftritten vom sächselnden Michael Gwisdek oder der als “Frau Schröder” wie eine Verkörperung des sexuell unterdrückten Spießertums erscheinende Fernseh-Darstellerin Elke Winkens, die den Film oft auf der Stelle treten lassen, oder die Lücken im Drehbuch noch betonen. Die allzu spießige Auflösung des Films, bei der noch jedem Töpfchen ein Deckelchen zugewiesen wird, wirkt gegenüber den guten Ansätzen des Films (Assoziationsmontage, Gastauftritt Heinz Badewitz: “einmal triebhaft, gierig, hemmungslos”) wie ein Messerstich in den Rücken, und das Fazit kann leider nur sein: Völlig überflüssig (und trotz diverser Fördergelder wie eine riesige Steuerabschreibeaktion wirkend). Aber immer noch um Klassen besser und ambitionierter als die momentan die Kinos verstopfenden anderen Constantin-Filme wie Resident Evil: Extinction, der neue Bully oder der neue Leander Haußmann …