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Fotos © 2009 Warner Bros. Ent.
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Helen
(R: Sandra Nettelbeck)
USA / UK / Deutschland / Kanada 2009, Buch: Sandra Nettelbeck, Kamera: Michael Bertl, Schnitt: Barry Egan, Musik: James Edward Barker, Tim Despic, Production Design: Linda Del Rosario, Art Direction: Brian Kane, mit Ashley Judd (Helen), Goran Visnjic (David), Lauren Lee Smith (Mathilda), Alexia Fast (Julie), Alberta Watson (Dr. Sherman), David Nykl (John), David Hewlett (Frank), Leah Cairns (Susanna), 120 Min., Kinostart: 26. November 2009
Nach Bella Martha wurde Sandra Nettelbeck hierzulande als Phänomen abgefeiert, und werden einem auch nicht viele deutsche Filme der letzten zwanzig Jahre einfallen, die es zu einem Hollywood-Remake gebracht haben (No Reservations mit Catherine Zeta-Jones und Aaron Eckhardt, der auf Deutsch Rezept zum Verlieben heißt). Es folgte der wenig bekannte Kinderfilm Sergeant Pepper, und nun hat sie es sozusagen selbst nach Hollywood geschafft, wenn auch die Besetzung mit Ashley Judd und Goran Visnjic kaum Staub aufwirbeln wird, und das Thema Depression einen auch nur ansatzweisen Kassenhit unwahrscheinlich erscheinen lässt. Doch das ist ja nicht weiter schlimm, wenn die Regisseurin und Autorin sich eines ihr persönlich wichtigen Themas annimmt und sie statt auf Ticketverkäufe zu schielen dieses Tabuthema zu einem Diskussionsstoff macht. Ähnliches hat man bei Sarah Polleys Away from Her erlebt, und Filme, die sich eines echten Themas annehmen, gibt es heutzutage nur noch selten (denn ich meine hierbei nicht Themen wie "Vampir-Romantik" oder "Roboter-Krieg").
Dummerweise ist Helen weit entfernt davon, dem Thema gerecht zu werden. Die persönlichen Probleme Helens mit ihrer Krankheit und der Fall durchs soziale Netz werden noch adäquat dargestellt, doch dann steht der Film wie seine Hauptfigur plötzlich längere Zeit auf der Stelle - und es fällt einem schwer, dies als inszenatorisch gewollt zu deuten. Die Art und Weise, wie eine Elektroschocktherapie hier fast als Allheilmittel angepriesen wird, ist sehr fragwürdig (und nur in negativer Hinsicht diskussionsfördernd), doch am Ärgerlichsten ist es, dass der Film sich weniger mit dem Innenleben von Helen beschäftigt, sondern mit Außenansichten (man könnte auch sagen: Oberflächlichkeiten). Wenn Helen komplett verzweifelt in der Umarmung ihres Mannes gefangen ist und zu ihren Füßen ein Messer sieht, dann ist das alles perfekt ausgeleuchtet. Kameramann und Ausleuchter scheinen ineinander verliebt - aber leider nicht in den Film! Denn es gibt viele Möglichkeiten, die inneren Umwälzungen von Helen filmisch darzustellen - doch man beschränkt sich größtenteils auf das Schauspiel und die Misshandlung des Mobilars. In der Filmographie von Frau Nettelbeck setzt sich immer klarer durch, dass sie Filme über die Weltansichten hübscher reicher Frauen dreht, die dann unterschiedlich schwerwiegende Probleme haben. Dass ein Film über Depression quasi mit den selben inszenatorischen Mitteln umgesetzt wird wie eine leicht verquere Romantic Comedy, ist unentschuldbar, und ungeachtet der Erfahrungen von Regisseurin und Hauptdarstellerin mit dem Thema (wenn man dem Pressematerial alles glauben darf) hätte man sich da lieber eine Regisseurin gewünscht, die statt eines überflüssigen Tantenfilms einen Film abgeliefert hätte, der dem Thema gewachsen ist.
Helen ist nicht einmal seinen Subthemen gewachsen. So gibt es eine durchaus ambivalente Freundschaft unter zwei unterschiedlich unter der Krankheit leidenden Frauen, und die Art und Weise, wie der Film damit umgeht, erinnert zum einen an die 1950er Jahre (Homosexualität sollte heutzutage längst kein Tabuthema mehr sein) und zum anderen daran, dass man ein Drehbuch nicht so strukturieren sollte, dass der Zuschauer zwischendurch schon abhaken kann, was im Folgenden noch in welcher Reihenfolge passieren muss.