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10. März 2010
Thomas Vorwerk
für satt.org


  Jerry Cotton (Cyrill Boss & Philipp Stennert)
Jerry Cotton (Cyrill Boss & Philipp Stennert)
Jerry Cotton (Cyrill Boss & Philipp Stennert)
Fotos © 2010 Constantin Film Verleih GmbH
Jerry Cotton (Cyrill Boss & Philipp Stennert)
Jerry Cotton (Cyrill Boss & Philipp Stennert)
Jerry Cotton (Cyrill Boss & Philipp Stennert)


Jerry Cotton
(R: Cyrill Boss & Philipp Stennert)

Deutschland 2010, Buch: Cyrill Boss & Philipp Stennert, Lit. Vorlage: mag ich so nicht nennen, Kamera: Torsten Breuer, Schnitt: Stefan Essl, Musik: Helmut Zerlett, Christoph Zirngibl, Titel-Design & Animation: Lutz Lemke, mit Christian Tramitz (Jerry Cotton), Christian Ulmen (Phil Decker), Monica Cruz (Malena), Christiane Paul (Daryl D. Zanuck), Heino Ferch (Klaus Schmidt), Jürgen Tarrach (Ruby), Joram Voelklein (Johnny Rocco), Herbert Knaup (John High), Moritz Bleibtreu (Sammy Serrano), Janek Rieke (Ted Conroy), Manou Lubowski (Steve Dilaggio), Frank Giering (Rezeptionist), Lara-Isabelle Rentinck (June Clark), Anna Julia Kapfelsperger (Peggy Martin), Günther Kaufmann (Joe Brandenburg), Oliver Kalkofe (Big Morrow), Bastian Pastewka (Baron Munchhausen), Christoph Maria Herbst, Kinostart: 11. März 2010

Nach den Erfolgen des Schuh des Manitu und der Filme um den Wixxer war es nur eine Frage der Zeit, bis man auch Jerry Cotton mit ironischer Brechung auf das heutige Publikum loslässt. Cotton-Experte Christos Tses spricht sogar von einer "heiligen cinematographischen Dreifaltigkeit der 60er Jahre": Karl May, Edgar Wallace und Jerry Cotton (den literarischen Vergleich der Vorlagen spare ich mir an dieser Stelle).

Aus heutiger Sicht wirkt Jerry Cotton wie eine Mischung aus James Bond und Sin City. Die Pulp-Mentalität des Films ist schon im hübsch animierten Vorspann offenkundig, und (wie vor einer Woche bei Alice in Wonderland) gleich mit der ersten Einstellung verdient sich der Film zumindest meine Sympathie: Man sieht das Cover eines "Jason Spirit"-Groschenromans (die Anlehnung an ein Produkt aus dem Bastei-Verlag ist unübersehbar, und mit Karoline Herfurth als Scream Queen auf dem Titelbild hat man schon den ersten von vielen Cameo-Auftritten hinter sich). Dann fährt die Kamera zurück und die piefige Wohnung eines Ehepaars offenbart sich, an deren Decke sich ein Wasserschaden abzeichnet, aus dem aber nach kurzer Zeit Blut tropft. Das mit dem Bluttropfen ist physikalisch gesehen natürlich Schmonzes, aber wenn es ein so schönes Bild und einen so gelungenen Einstieg ermöglicht, sieht man darüber natürlich hinweg.

Die Humorelemente des Films sind unverkennbar. Christian Ulmen verblüfft als Phil Decker durch seine Verkleidungen, Christian Tramitz als Cotton ist schon durch sein weltmännisches Gehabe (mit leichtem Augenzwinkern) eine Freude und seltsamerweise funktioniert sogar der running gag, wenn Cotton dem Zuschauer in jeder dritten Szene im Off-Kommentar auf dem Laufenden hält, seit wie vielen Stunden er schon nicht mehr geschlafen hat.

Wenn in einem in New York spielenden, aber gänzlich auf Deutsch gedrehten Film jemand bemerkt "Dem Akzent nach ist das ein Deutscher", und dieser Film ausgerechnet von Constantin verliehen wird (großer Verfechter von Synchronfassungen, solange Mel Gibson nicht etwas anderes verlangt), dann ist das eine Selbstreflexivität, die im deutschen Mainstreamkino Seltenheitsstatus hat.

Überall hängen US-Flaggen herum (sogar als Duftbäumchen) und die Filmemacher nehmen sich selbst nicht so wichtig, verraten aber auch ihre Story nicht für ein paar müde Gags, sondern balancieren Plot und Fun zum gegenseitigen Nutzen.

Einzig Christiane Paul als Ermittlungsbeamte überzeugt nicht annähernd (und sollte die Leute, die für ihren "Look" zuständig waren, verklagen). Das Regie-Team Boss und Stennert debütierte mit Neues vom Wixxer, bereitet gerade Triple Wixx vor und hat unter anderem ein Remake von Doktor Mabuse in Planung. es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis auch Perry Rhodan in modernem Gewand auf die Leinwand darf. Nur bitte nicht mit Til Schweiger!