|
Bildmaterial: Neue Visionen Filmverleih
|
Ich reise allein
(Stian Kristiansen)
Originaltitel: Jeg reiser alene, Norwegen 2011, Buch: Tore Renberg, Kamera: Philip Øgaard, Schnitt: Lars Apneseth, Songs: The Pixies, Pulp, Bob Hund, Ognatun u.v.a., mit Rolf Kristian Larsen (Jarle Klepp), Amina Eleonora Bergrem (Charlotte Isabel Hansen), Pål Sverre Valheim Hagen (Hasse Ognatun), Ingrid Bolsø Berdal (Herdis Snartemo), Trine Wiggen (Sara Klepp), Marte Opstad (Anette Hansen), Marko Kanic (Arild Bømlo), Henriette Steenstrup (Grete Stranderbarm), Gustaf Hammarsten (Robert Gøteburg), 94 Min., Kinostart: 29. Dezember 2011
Die Skandinavier generell sind bekannt für ihre guten Kinderfilme, die Norweger insbesondere für ihre Komödien über leicht irre Typen (Kitchen Stories, O’Horten, Nord), hier hat man das ein wenig kombiniert, obwohl Jeg reiser alene trotz der kleinwüchsigen Hauptdarstellerin definitiv kein Kinderfilm ist. Die Geschichte des »biologischen« Vaters (»Hab’ ich ein Kondom benutzt? Mal nachschauen ...«), der plötzlich auf ein Kind aufpassen muss, ist jetzt nicht die neueste Erfindung in Sachen Spielfilmhandlung, aber im Gegensatz zu etwa Kokowääh (Millionen von Zuschauern verlangen nach diesem Vergleich, die dem Streifen intelligenterweise Ferngebliebenen müssen jetzt darunter leiden) ist hier nicht alles auf süß gebürstet - weder, was den Umgang mit dem Kind umgeht, noch den mit Frauen generell. Jarle ist ein Literaturstudent, der auch mal feiern oder tanzen will - Und so kam er auch (ohne es zu wissen) zu einer mittlerweile sechsjährigen Tochter, die von ihrer Mutter mal kurzfristig beim »Papa« abgegeben wird, bzw., wie der Titel schon sagt, auch noch alleine anreist, so dass Jarle keine wirkliche Möglichkeit hat, die Annahme zu verweigern oder die Mutter davon zu überzeugen, dass er in Sachen Kinderbetreuung gänzlich ungeeignet ist.
Sein Studium nimmt Jarle durchaus Ernst, er gehört zur akademischen Elite, hat ein Techtelmechtel mit der wissenschaftlichen Mitarbeiterin und arbeitet für eine führende Tageszeitung an einem Artikel über Körperbilder bei Marcel Proust - aber fürs »richtige« Leben, für Verantwortung etc. ist er noch nicht soweit. Was sich durch die kleine Untermieterin natürlich ebenso wie sein Lebensstil schnell ändert. Der Soundtrack des Films kommentiert dies mit Where is my Mind von den Pixies. Hinzu kommen weitere Verwicklungen, und natürlich findet er den Weg zu mehr Familienbewusstsein - und der Film zu einem Happy End, doch im Gegensatz zu Til Schweiger, Bella Martha und vielen amerikanischen Komödien, wo Frau oder Mann zu Mama oder Papa umgemuddelt werden (manchmal scheint es so, das jeder zweite Darsteller früher oder später solch eine Rolle über sich ergehen lassen muss), hat Jeg reiser alene trotz der wiedererkennbaren Strukturen (gerade beim Kindergeburtstag zum Filmschluss) einen gewissen Charme, man interessiert sich für die Belange von Vater und Tochter gleichermaßen und gönnt ihnen auch das Happy-End (wo ich Til Schweiger höchstens ein Klavier aus dem fünften Stock gönne).