Originaltitel: Hansel & Gretel Witch Hunters, Deutschland / USA 2013, Buch: Tommy Wirkola, Dante Harper, Kamera: Michael Bonvillain, Schnitt: Jim Page, Musik: Atli Örvarsson, Production Design: Stephen Scott, Supervising Art Director: Andreas Olshausen, mit Jeremy Renner (Hansel), Gemma Arterton (Gretel), Pihla Viitala (Mina), Peter Stormare (Sheriff Berringer), Famke Janssen (Muriel), Thomas Mann (Ben), Derek Mears (Edward), Robin Atkin Downes (Stimme Edward), Rainer Bock (Mayor of Augsburg), Kathrin Kühnel (White Witch), Monique Ganderton (Candy Witch), Ingrid Bolsø Berdal (Horned Witch), Zoe Bell (Tall Witch), Stephanie Corneliussen (Desert Witch), Joanna Kulig (Red Haired Witch), Alea Sophia Boudodimos (Young Gretel), Cedric Eich (Young Hansel), Thomas Scharff (Father), 89 Min., Kinostart: 28. Februar 2013
Mein liebstes Bond-Girl des Jahrtausends (Gemma Arterton), die finnische Version von Felicia Day (Pihla Viitala) und der Michael Angarano für die nächste Generation (Thomas Mann) mögen allesamt Faktoren sein, die mit hineingespielt haben, aber ungeachtet einer politisch, logisch und historisch zutiefst fragwürdigen Geschichte ist Hansel & Gretel Witch Hunters ein Film, der mir wie Van Helsing oder A Knight's Tale unmäßig Spaß gemacht hat – obwohl ich es besser wissen sollte.
Die offensichtliche Parallele zu A Knight's Tale ist sicher die Freude an blödsinnigen Anachronismen (wer es nicht wusste: Als Augsburg noch ein erbärmliches Nest mitten im tiefen Wald war, gab es bereits mit Korken verschließbare Flaschen, Autogrammjäger, Steckbriefe vermisster Kinder auf Milchbehältern und das Grammophon – von den üblichen Schnellfeuergeräten und praktischen elektrischen Handgeräten gar nicht zu reden). Und die Gemeinsamkeiten mit Van Helsing erschöpfen sich keinesfalls in kernigen Sprüchen, einem brutalen Halbriesen namens Edward und einer liebevollen (hier etwas splatterfreudigeren) Umarmung des B- oder C-Movies. Und alle drei Filme vereint die nicht unnötig respektvolle Ausschlachtung literarischer Fixpunkte (ob Geoffrey Chaucer, die Gebrüder Grimm oder die gesammelten Vorlagen der Universal-Monsterfilme der 1930er und 40er).
Während A Knight's Tale hierbei fast noch ein akademisches Publikum ziehen kann (ich kenne zumindest keinen Mediävisten, der bei dem Streifen nicht ein wenig schwach wird), stoßen Van Helsing und Hansel & Gretel mit ihrer Anbiederung an ein unterhaltungssüchtiges Massenpublikum die Freunde der Vorlagen eher ab – doch, wie gesagt, ich muss da wohl ein Sonderfall sein, jemand, der zwar das Dreigestirn der Hexenliteratur kennt (Otfried Preußler, Roald Dahl und Arthur Miller), aber Neuinterpretationen auch mal eine Chance gibt.
Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass die genannten Beispielfilme jeweils in den ersten Momenten (eigentlich sogar schon vor dem Kinobesuch) unverrückbar klarmachen, dass sie nicht ernst genommen werden wollen, dass sie nicht einmal das eigene Genre über Gebühr respektieren, und dass sie einfach nur unterhalten wollen – und dies im Gegensatz zu einigen »durchdachteren« Filmen auch ohne Tempoverluste schaffen. Für Hansel & Gretel spricht hierbei außerdem, dass der Film zwar auf den 3D-Zug aufspringt, aber positiv dadurch auffällt, dass der fast obligatorische Überlängenaufschlag hier entfällt – wie die letzten Final-Destination-Filme bleibt man sogar knapp unter 90 Minuten. Dafür opfert man manchen Running Gag bereits nach dem zweiten Auftritt und liefert einen für heutige Zeiten aufs absolut notwendige gekürzten Showdown.
Eine nicht ganz so offensichtliche Parallele sehe ich übrigens zum Kino Quentin Tarantinos, denn Hansel & Gretel mag zwar dem Fantasy-Kino mit Horror- und Actionelementen zugerechnet werden, doch der Film ist tief in seinem schwarzen Herzen eigentlich ein Western. Seine Helden sind Kopfgeldjäger, die u.a. gegen einen korrupten Sheriff antreten und Unschuldige vor einem Lynchmob retten. Und die Hexen werden in vielerlei Hinsicht wie Indianer behandelt: Sie überfallen Eindringlinge in ihr Territorium und töten sie in animalischer Brutalität, weshalb ihnen alle Menschlichkeit abgesprochen wird, sie gedankenlos dahingemetzelt werden und selbst Folterszenen nicht gleich Amnesty International auf den Plan rufen. Wie Hansel es mal zusammenfasst: »Only a dead witch is a good witch.« Dass der Film seinen eigenen Rassismus mit den üblichen narrativen Schlenkern hinterfragt*, lässt einen aber selbst diese bittere Pille noch schlucken, wenn ich mir auch sicher bin, dass einige Zuschauer von diesem Zuckerguss-Überzug Bauchschmerzen bekommen und spätestens bei Sprüchen wie »I hate to break it to you – but it's not gonna be an open casket« (zutiefst zynisch und hexenverachtend) zusammenzucken werden.
Ich für meinen Fall habe mich glänzend amüsiert – auch, wenn ich es besser wissen müsste.
* Nein, trotz der verschleppten Kinder folgt jetzt kein Vergleich mit John Fords The Searchers, so sehr kratzt der Film das Thema nun doch nicht an.