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13. März 2013 | Thomas Vorwerk für satt.org | ||||
Hitchcock
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Toby Jones in The Girl Bildmaterial »The Girl« © HBO Films Sienna Miller in The Girl Bildmaterial »Hitchcock« © Twentieth Century Fox |
Apropos Trailer. Die Trailer zu Hitchcock und The Girl (ein Fernsehfilm über die Zusammenarbeit zwischen Sir Alfred und Tippi Hedren) hatte ich mir interessehalber schon einige Monate vor den jeweiligen Vorführungen angeschaut, und damals war mein Urteil recht eindeutig: Anthony Hopkins ist und bleibt Anthony Hopkins, und der zieht sein Ding durch. Toby Jones als der andere Hitchcock hingegen sieht vielleicht nicht ganz so aus, hatte aber die Stimme Hitchs (das legendäre stundenlange Interview mit Truffaut kann man sich irgendwo aus dem Netz ziehen und der Stimme des Meisters andächtig lauschen) erstaunlich gut drauf. Außerdem sprach mich bei The Girl (dem Trailer) das Visuelle (und damit meine ich nicht Sienna Miller) weitaus stärker an.
Dieser Eindruck konnte sich auch nach der Sichtung der beiden Filme (The Girl sollte recht bald als britische Import-DVD zu bekommen sein) halten. Regisseur Julian Jarrold (Becoming Jane, Brideshead Revisited) versteht sich darin, seine Geschichte durch visuelle Momente zu erzählen. Eine Einbeziehung der Leinwand (bei Probeaufführungen) oder dessen, was später auf der Leinwand zu sehen sein wird (während der Dreharbeiten) wird hier zu einem erzählerischen Mittel. Außerdem gibt es einfallsreiche Kamerapositionen (nicht nur die Standard-Aufnahme von oben), man nutzt die Steadycam und hat generell einfach ein paar Ideen, was durchaus an Hitchcock erinnert, auch wenn die eigentliche Story etwas aufgebauscht und überdramatisiert wirkt. In The Girl ist Hitchcock ein talentierter Sadist auf Abwegen, in Hitchcock jemand, der von seiner Frau von ähnlichen Abwegen abgehalten werden muss. Wobei ich übrigens Imelda Staunton, die Alma in The Girl, um einiges besser fand, weil sie eher still leidet, während bei Hitchcock und Helen Mirren das Leiden, das Frausein und die Kreativität zum Mittelpunkt des Films erklärt werden, wo ich persönlich dann doch lieber etwas mehr Hitchcock gesehen hätte. Es gibt ja in beiden Filmen eine weibliche Hauptrolle, aber Tippi Hedren alias The Girl ist ja auch die eindeutige Titelrolle, vielleicht wäre da im anderen Fall »Mr. & Mrs. Hitchcock« (übrigens eine nette Anspielung) der bessere Titel gewesen.
Zurück zum Kinofilm, der aktuell das größere Interesse auf sich ziehen wird. Ganz interessant ist die traumähnliche Einbeziehung der Geschichte Ed Geins, der als einer der bekanntesten Serienmörder neben Jack the Ripper damals auch schon für den Psycho-Romanautor Robert Bloch eine Inspiration war, und damit kann man natürlich ganz nett spielen (»Can't you stop being a mommy's son?«).
Übrigens muss ich zugeben, dass mich Anthony Hopkins, den ich beim Trailer noch wenig überzeugend fand, im Verlauf des Films nicht übermäßig gestört. Vielleicht hatte ich mich einfach an ihn gewöhnt, und die Stimme Hitchcocks wiederzuerkennen (und nicht die des eigentlichen Sprechers) fällt natürlich leichter, wenn man Toby Jones' Stimme nicht ohne weiteres festnageln kann, die von Hopkins aber natürlich an jeder Modulation wiedererkennt.
Der Film an sich hat ein paar nette Ideen, man hat aber kaum mal den Eindruck, wirklich nah am Original zu sein. Alles ist aufbereitet fürs Publikum (dass ja potentiell nicht den geringsten Schimmer hat und alles erklärt bekommen muss), die Art und Weise, wie Hitchcock etwa als Manipulator und Dirigent der Presse dargestellt wird (und das konnte er bekanntlich wirklich vortrefflich), wird dann gespiegelt in der reichlich blödsinnigen Szene, wo er (ohne Pressepublikum) quasi seinen eigenen Film (inklusive der Reaktion der Zuschauer) »dirigiert«. Selbst, wenn es dafür einen Beleg gibt, macht es halt einen Reisenunterschied, ob Sir Alfred so eine Nummer für ein Publikum abzieht, oder Sir Anthony dasselbe (abgesehen von der Filmkamera) nur aus persönlichen (und reichlich deppert wirkenden) Gründen macht.
Am besten hat mir im Film übrigens James D'Arcy als Anthony Perkins (Perkins / Hopkins – nicht durcheinanderkommen!). Zwar fand ich es etwas überzogen, wie das Wissen um die sexuelle Orientierung des Schauspielers hier quasi zur Allgemeinbildung gehört (Alma ist halt Frau und weiß Bescheid – dass Perkins 1959 noch recht unbekannt war und deshalb auch kaum Objekt solcher Gerüchte, wird komplett ignoriert), aber die Darstellung des verschüchterten Darstellers beim Vorsprechen (auch, wenn das natürlich wieder mal impliziert, dass er sich fast nur selbst gespielt hat) ist der Moment, wo ich wirklich an Psycho (bzw. Perkins) erinnert wurde (und mich nicht nur Frage, durch wie viele Wandlöcher man denn wohl noch schauen muss). Und dass Perkins auf die Frage, welche Hitchcock-Filme er den gesehen hat, ausgerechnet Strangers on a Train und Rope benennt, wirkt im Nachhinein zwar reichlich vorhersehbar, doch war dies mal eine Stelle des Films, bei der ich das Gefühl hatte, dass man, wenn man tatsächlich etwas Ahnung über Hitchcock und seine Filme hat, ein anerkennendes Zwinkern bekommt - ehe sich der Film wieder dem Massenpublikum zuwendet und das Thema Closet-Homosexualität dann mit einer platten Folge von Magazin-Covern »abhandelt«.
Hitchcock ist der gefälligere der beiden Filme, The Girl der ambitioniertere – aber manchmal auch abstoßendere in seiner bewusst provokativen Darstellung des Spoto-Hitchcocks. Unabhängig davon, ob man sich schon zuvor mit Hitchcock und seinen Filmen befasst hat, sollte man entweder beide oder keinen schauen. Der Vergleich ist interessant, die Wahrheit steckt irgendwo dazwischen. Und danach (oder davor oder dazwischen) bietet es sich natürlich an, Psycho, The Birds und Marnie anzuschauen. Und vielleicht noch die beiden Filme, die Hitchcock direkt zuvor drehte, North by Northwest (dt.: Der unsichtbare Dritte) und Vertigo. Und wer dann noch nicht angefixt ist, für den gibt es keine Hoffnung.
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