Jumanji: Willkommen im Dschungel
(Jake Kasdan)
USA 2017, Originaltitel: Jumanji: Welcome to the Jungle, Buch: Chris McKenna, Erik Sommers, Scott Rosenberg, Jeff Pinkner, Jake Kasdan, Lit. Vorlage: Chris van Allsburg, Kamera: Gyula Pados, Schnitt: Steve Edwards, Mark Helfrich, Musik: Henry Jackman, Kostüme: Laura Jean Shannon, Production Design: Owen Paterson, Art Direction: Hugo Santiago, mit Dwayne Johnson (Spencer), Karen Gillan (Martha), Jack Black (Bethany), Kevin Hart (Anthony / Fridge), Bobby Cannavale (Van Pelt), Nick Jonas (Alex), Alex Wolff (Young Spencer), Ser'Darius Blain (Young Anthony / Fridge), Madison Iseman (Young Bethany), Morgan Turner (Young Martha), Rhys Darby (Nigel), Marc Evan Jackson (Principal Bentley), Colin Hanks (Older Alex), Missi Pyle (Coach Web), Tim Matheson (Old Man Vreeke)Marin Hinkle (Spencer's Mom), Tracey Bonner (Fridge's Mom), Natasha Charles Parker (Bethany's Mom), William Tokarsky (Bread Vendor), Rohan Chand (Boy at Bazaar), Tait Fletcher (Scorpion Recipient), Steve Dunlevy, Rob Mars (Transportation Shed Guards), Brian Kayode-Patrick Johnson (High School Teacher / Bazaar Patron), 119 Min., Kinostart: 21. Dezember 2017
Vom 1995er Jumanji mit Robin Williams und den teilweise unglaublich peinlichen CGI-Tieranimationen habe ich immer nur kurze Strecken beim Durchzappen in der Glotze gesehen. Dafür kenne ich aber Zathura nach einem Buch desselben Autoren recht gut und weiß, worum es in so einem Film geht, den man in der Kurzform »Holodeck Adventure« auch alle Nase lang in den im 24. Jahrhundert spielenden Star-Trek-Serien erleben kann.
Vom Brettspiel mit den Ereigniskarten (so lief das bei Zathura) entfernt sich Jumanji: Welcome to the Jungle klugerweise weit weg, wobei die Evolution des Spiels, die mir im Vorfeld etwas bekloppt vorkam, hier mit einer gewissen Chuzpe ganz gut erklärt wird.
Im Grunde läuft der Film also so ab: vier Kids landen in einem Videospiel (wovon man rein graphisch im Film nur wenig merkt, wenn auch die abgerufenen Stärken und Schwächen der »Avatare« in 8-Bit-Ästhetik auftauchen), und um da wieder herauszukommen, müssen sie das Spiel »zuende spielen«. Also quasi genauso wie einige Star-Trek-Helden in Folgen wie »A Fistful of Datas« (TNG / Western), »Our Man Bashir« (DS9 / James Bond) oder »Heroes and Demons« (VOY / Beowulf).
© 2017 Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH
Als Trekkie ist man schon mit einigen versierten Variationen dieser Prämisse vertraut. Zumeist droht den Star-Trek-Figuren beim immer mal wieder die Sicherheitseinstellungen außer acht lassenden Holodeck, dass ihre zwischengespeicherten Daten gelöscht werden, sobald sie beim play acting sterben sollten. In der James-Bond-Folge wird das zu einem echten Problem, weil die normalen Figuren hier auf beiden Seiten landen, also sowohl als »JB« oder einem der »guten« Bondgirls als auch in der »Dr. No«-Rolle bzw. eines der typischen Bond-Nebenschurken. Und der besondere Kniff in der Folge (Star-Trek-Spoiler!) besteht dann darin, dass man einfach die Welt der Spielhandlung zerstört, weil das Leben der Spieler wichtiger ist als die Illusion der Bond-Geschichte.
Von dieser Komplexität, die sich über diverse Staffeln von Holodeck-Abenteuern entwickelte, ist Jumanji: Welcome to the Jungle weit entfernt. Die Todesgefahr wird schon mal abgeschwächt, in dem jeder Spieler drei Leben zur Verfügung bekommt (wobei es eine gewisse Schwäche im Drehbuch darstellt, wenn man als Zuschauer mitzählt und mit Recht davon ausgeht, dass jedes überzählige Leben irgendwann verwirkt werden muss). Viel wichtiger ist hier, dass die Kids während ihres Abenteuers etwas »lernen« müssen - und dass das Abenteuer bei allen Nashorn-Stampedes auch witzig sein muss.
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Wenn man von diesen Vorbedingungen und einer Kindertauglichkeit ausgeht, ist es erstaunlich, wie viel Jake Kasdan und seine Autoren aus dem doch deutlich eingeschränkten Franchise herausholen. Obwohl bei der Promotion des Films nur die Spielfiguren umworben werden und die Kids beispielsweise auf keinem einzigen der Pressefotos zu sehen sind, so ist es doch so, dass sie die eigentlichen Hauptfiguren sind. Wenn der Gamer / Nerd Spencer (Alex Wolff, der kleine Bruder von Nat Wolff) sich im Körper des muskelstrotzenden Dwayne Johnson wiederfindet, während der Football-Spieler Anthony (genannt »Fridge«) plötzlich im mickrigen Kevin Hart steckt, ist superdeutlich, dass die beiden hier voneinander lernen können bzw. einen Einblick bekommen, wie es ist, quasi im Körper des anderen zu stecken. Als Side-Kick, der eigentlich nur damit beschäftigt ist, die Waffen des hunk zu transportieren, ist Anthony beispielsweise hocherfreut, dass er nun zoologisches Fachwissen herunterrasseln kann oder eine Schwarze Mamba nicht nur erkennt, sondern auch weiß, wie man mit ihr umzugehen hat.
Bei den beiden Mädels (hier stellt sich die interessante Frage, ob man die Grundanforderungen des Bechdel-Tests erfüllen kann, wenn eine der Frauen von Jack Black gespielt wird) sind die Kids ähnlich klischeehaft verteilt, wobei die handysüchtige Bethany (»I think that ever since I lost my phone, my other senses are heightened...«) in ihrer Oberflächlichkeit schon etwas überzogen wird, während die vermeintlich verhuschte Martha kaum eine Chance bekommt, sich im Prolog zu profilieren. Dass Spencer auf sie steht (und sie insgeheim auf ihn), muss hier für die Story praktisch schon reichen.
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Ihr Comedy-Gespür hat Karen Gillan (die Nebula aus Guardians of the Galaxy) in der leider nach einer Staffel schon abgesetzten Serie Selfie mehrfach bewiesen. Hier ist sie als »Ruby Roundhouse, Killer of Men« quasi eine Lara Croft, die gern tanzt. Aber die Martha in ihr hat noch nie einen Jungen geküsst, weiß nicht, wie man mit denen spricht usw. Und wenn dann der trotz Vollbart erstaunlich feminine »dicke alte Mann« Jack Black in seiner Bethany-Rolle die Grundregeln des Flirten erklärt (wobei diese eher dem 1x1 zum Erstellen von fotogenen Selfies entsprechen), dann hat das durchaus Humorpotential. Dass die Penis-Witze im Film fast den selben Stellungswert einnehmen, ist etwas traurig, aber immerhin macht man das ziemlich stilsicher und verzichtet dafür auf Pipi-Kaka, Fürze usw. Dass Bethany bei ihrem Debüt als Stehpinklerin keinen feuchten Unfall hat, zeugt ja schon fast von einer unerwarteten Zurückhaltung - zu Jake Kasdans früheren Filmen gehören immerhin Bad Teacher und Sex Tape - die haben eher den Farrelly- als den Lubitsch-Touch. Aber wer einen Film wie Walk Hard - The Dewey Cox Story fertigbringt, kann als Regisseur nicht völlig talentlos sein.
Einen gewissen Reiz, der schon in die Meta-Ebene abdriftet, hat in Jumanji: Welcome to the Jungle der Umstand, dass man immer wieder betont, dass die »Jumanji«-Handlung (in Abgrenzung zu dem Prolog und - Spoiler? - Epilog mit den Kids) eben nur den Anforderungen eines Videospiels aus den 1990ern genügen muss. So gibt es typische Levelgegner und NPCs (non-player characters), die mitunter auf eine stumpfsinnige, aber liebenswerte Art immer wieder die für die Handlung notwendigen Infos abspulen (besonders hübsch macht das der Brothändler auf dem Basar). So hat man natürlich quasi gleich die Verpflichtung, auch die eine Hälfte der Filmhandlung ziemlich campy und ohne besonderen Tiefgang abzuliefern. Trotz der Lebensgefahr geht es ja nur um ein gemeinsam absolviertes Spiel. Wenn mal jemand Fang den Hut, Snakes and Ladders oder Spitz, pass auf! verfilmt, muss man dafür auch nicht unbedingt Meryl Streep und Tom Hanks verpflichten.
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Gerade auch angesichts einiger vernichtenden Urteile über den Film fühlte ich mich bestens unterhalten, Abzüge gibt es nur für den drangepappt wirkenden Epilog, der die Veränderungen bei etwa Bethany allzu drastisch umsetzt und einem dann auch noch eine Art Zeitreise-Paradox unterjubelt. Darauf reagiere ich als Trekkie natürlich allergisch.
Robin Williams in allen Ehren, aber das war jetzt mal ein Reboot, das wirklich funktioniert. Auch wenn hier natürlich nicht das Rad neu erfunden wird. Ich fand es übrigens auch interessant, dass einige Szenen, die ich in jedem anderen Film idiotisch gefunden hätte (man denke an die Hubschrauber-Szenen in bestimmten Mission: Impossible-, Charlie's Angels- oder James-Bond-Filmen), hier angesichts dessen, dass sie »im Spiel« passieren, durchaus annehmbar waren. Wer jemals in einem Computerspiel eine Folge von komplizierten Aktionen zu 470sten Mal vergeigt hat, ehe es dann gelingt, weiß, wovon ich spreche.