Star Wars
Die letzten Jedi
(Rian Johnson)
Originaltitel: Star Wars: The Last Jedi, USA 2017, Buch: Rian Johnson, Kamera: Steve Yedlin, Schnitt: Bob Ducsay, Musik: John Williams, Kostüme: Michael Kaplan, Production Design: Rick Heinrichs, Supervising Art Directors: Todd Cherniawsky, Chris Lowe, mit Daisy Ridley (Rey), Adam Driver (Kylo Ren), Mark Hamill (Luke Skywalker), Carrie Fisher (General Leia Organa), Oscar Isaac (Poe Dameron), John Boyega (Finn), Kelly Marie Tran (Rose Tico), Joonas Suotamo (Chewbacca), Laura Dern (Vice Admiral Amilyn Holdo), Benicio Del Toro (DJ), Domhnall Gleeson (General Armitage Hux), Andy Serkis (Supreme Leader Snoke), Gwendoline Christie (Captain Phasma), Billie Lourd (Lieutenant Connix), Anthony Daniels (C-3PO), Jimmy Vee (R2-D2), Tim Rose (Admiral Ackbar), Justin Theroux (Master Codebreaker), Lupita Nyong'o (Maz Kanata), Warwick Davis (Hermione Corfield), Veronica Ngo (Paige), Gareth Edwards, Joseph Gordon-Levitt, 152 Min., Kinostart: 14. Dezember 2017
Nach dem Star-Wars-Film ist vor dem Star-Wars-Film: Die vorweihnachtliche Tradition, fast so kommerziell wie das Fest selbst, ist mindestens bis zum nächsten Avatar- oder Rowling-Film konkurrenzlos, und das bereits nach nur drei Jahren.
Mit Star Wars 8, Buch und Regie von Rian Johnson (Brick, Looper) bietet der Disney-Konzern die ultimative Materialschlacht. Zumindest gefühlt explodieren hier mehr Raumschiffe als je zuvor. Und im Dialog heißt es dazu, wie ein dunkles Omen, »The war is only just beginning«. Bevor J.J. Abrams für Star Wars 9 zurückkehrt, kann ich zumindest verlauten lassen, dass mir der neue Film weitaus besser gefiel als die abgefeierte 7 von Abrams. Nach der fast schon penetranten Wiederholung der Story-Muster früherer Filme versucht Johnson wenigstens mal was Neues.
Foto: Jonathan Olley © 2016 Lucasfilm Ltd. & ™, All Rights Reserved.
Zwar folgt man dem typischen Disney-Trend zur Diversität durch die neue Figur Rose Tico (Kelly Marie Tran), eine Technikerin, die als kleinwüchsige, aber wohlgenährte Asiatin das großteilig kaukasische Cast ergänzt (und gleich mal dem Alibi-Schwarzen Finn, der durch seine Stormtrooper-Vergangenheit interessanter wird, zur Seite gestellt wird), aber im Gegensatz zum großen Reigen an neuen Figuren im letzten Film, fügt sich Rose dynamisch in die Geschichte ein und bekommt schon in ihrem ersten Film genügend Raum, um ein eigenes Profil zu entwickeln. Da war die Riege der neuen Saubermänner in The Force Awakens zunächst vergleichsweise brav und gleichgeschaltet.
Ob Rey (Daisy Ridley), Finn (John Boyega), Poe Dameron (Oscar Isaac) oder gar Luke Skywalker (Mark Hamill): diesmal kommen die zuvor blitzblanken Helden allesamt Möglichkeiten, auch mal Schwächen zu zeigen. Meistens zwar sehr konventionell zur Abfertigung eines Charakterbogens, der das Heldenhaftige nur bestätigt - aber das ist immer noch viel spannender als die Gruppe von Freunden, die eigentlich kaum weiß, wie ihr geschieht, aber jederzeit im Bilde ist, was zu tun ist, um der hellen Seite der Macht zu dienen.
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Ein bisschen penetrant ist diesmal der Trend zur Cuteness. Der Kugeldroid BB-8 ist bereits voll integriert in das Universum, aber diesmal gibt es eine Menge neue »Tierfiguren«, die sich teilweise anfühlen wie geschaffen für das weihnachtliche Spielzeug-Sortiment. Schon in The Force Awakens tauchten die Porg auf, eine Art Mischung aus Pinguin und Goldbroiler mit Rehaugen, die vor allem als süüüßer comic relief auftauchen, Chewbacca zum genervten Vegetarier erziehen und ansonsten gefährlich gut in die Ewok-Teddy-Nische passen. Auf dem selben Planeten ansässig sind die »Caretakers«, eine Art Unken in Preteen-Größe, die in Mönchskutten herumlaufen und - ebenfalls ganz für die komödiantischen Momente abgestellt, wohl vor allem die Funktion haben, dass Jedi-Meister Luke in seinem Exil nicht selber die Hausmeister-Tätigkeiten ausführen muss. In zwei kleinen Auftritten sind sie vor allem damit beschäftigt, die durch die impulsive Rey entstandenen Immobilienschäden auszubessern.
Im Lucas-Universum war schon immer gut, wer niedlich - und böse, wer hässlich war. Vielleicht mit Ausnahme der Sandpeople. In diese Kerbe schlagen auch die »crystal critters« (vermutlich nicht die offizielle Bezeichnung), eine Art intelligent wirkende Kristallfüchse, die klimpern wie ein Windspiel. Sehen hübsch aus, beißen nicht und helfen zumindest unfreiwillig mit. Weitaus weniger überzeugend, weil in einer der misslungeneren Szenen auftretend, sind die für wenig Tierwohl repräsentativen großohrigen Reittiere auf dem Casino-Planeten Canto Bight, der generell eine ziemlich schwache Ergänzung der ständig wachsenden Schar der exotischen Planeten darstellt. Ähnlich wie einst Cloud City handelt es sich hier um einen Tummelplatz der Reichen, eine Art Monte Carlo mit Pferdewetten statt Formel-1-Rennstrecke, wo vorrangig Waffenhändler als Stellvertreter des Bösen auftauchen. Kleine Pointe am Rande: man ist sich nicht zu schade, seine Waren sowohl der »First Order« als auch der Resistance anzubieten.
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Zu den teilweise erstaunlichen plot holes des Films zählt die narrative Grundkonstellation, die schon zu großem Abzug in der B-Note drängt. Nachdem man gleich mit einem großen Raumkampf begann, besteht das Problem der Rebellen darin, dass die fetten Schlachtschiffe der dunklen Seite ihnen nun selbst durch die Lichtsprünge folgen können. Aber das Problem im intergalaktischen Verfolgungsverkehr scheint zu sein, dass die Vehikel hier nur wahlweise in den zweiten oder achten Gang schalten können. Wenn man sich mit einem Jump in eine gänzlich andere Ecke der Galaxie befördert, sind die imperialen Flotten einem schneller auf der Spur als die Zylonen. Aber wenn man dann Sichtkontakt hat, haben beide quasi exakt die selbe Kurzstrecken-Höchstgeschwindigkeit und ein Großteil der Filmhandlung erstreckt sich auf die sechs Stunden oder so, während man sich im vergleichsweisen Schneckentempo verfolgt und beschießt, während beide Parteien darauf warten, dass der Sprit von General Leia Organa (Carrie Fisher) ausgeht. Im gleichen Zeitraum (auch wenn die parallel geschnittenen Szenen um Rey und Luke offensichtlich eher mehrere Tage beanspruchen) versuchen Finn und Rose auf dem schwer geschützten Riesenraumschiff des Supreme Leaders Snoke (Andy Serkis in einer seiner hässlichsten CGI-Rollen), den tracking device ab- bzw. auszuschalten. Nicht die intelligenteste Handlung im Lucas'schen Märchenuniversum, aber immerhin nutzt man dies, um einen kleinen Machtkampf zwischen zwei weiblichen Generälen und Poe Dameron zu inszenieren, an dem er zum besseren Krieger reifen kann (auch wenn Laura Derns fliederfarbene Haarpracht noch bekloppter aussieht als die auffälligen Frisuren von Leia und Rey).
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Einen erstaunlich großen Raum der Handlung nimmt diesmal eine telepathische Kontaktaufnahme ein, die man meist über die Montage erzählt. Immer wieder palavert Rey heimlich mit Kylo Ren (Adam Driver), dem avisierten Vader-Nachfolger, der vielleicht die größte Hoffnung der Jedi darstellen könnte, wenn er seinen inneren Konflikt (schon im letzten Film präsent, aber durch den Mord an seinem Vater überschattet) zugunsten der guten Seite beilegt. Zwischen Kylo und Rey gibt es eine Art Hassliebe, die an das Originaldreieick Han / Leia / Luke erinnert. Er ist durchaus interessiert an ihr, aber für emotionale Bindungen zwischen Mann und Weib ist hier (im achten Film) kaum Raum. Da gibt es mal einen flüchtigen Kuss nach einer Rettung, oder es werden bedeutsame Nachrichten übermittelt, denen man nur folgen kann, wenn man die Sprache der Wookies beherrscht. Die rein filmisch schönste Szene neben dem crowd pleaser einer Hommage an die Raumpatrouille Orion ist eine Szene zwischen Kylo Ren und seiner Mutter: Hier wird die Parallelmontage eingesetzt wie ein match-cut, Kylo soll offenbar den Abzug betätigen, spürt aber irgendwo tief unten in seiner dunklen Seele noch einen Funken von Gewissen, und er entscheidet sich dagegen. Nur dumm gelaufen, dass sich - alte KZ-Routine - schnell jemand anderes findet, der stattdessen abdrückt.
Diese Szene leitet übrigens die größte Überraschung des Films ein, die man meines Erachtens auch ohne weiteres spoilern könnte. Aber im Grunde ist die individuelle Realisierung der Überraschung durch den Zuschauer spannender als der eigentliche Handlungsfaden.
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Es ist mir nicht entgangen, dass ich ziemlich fahrig zwischen Einzelpunkten hin- und herspringe, aber wenn man nicht die wichtigen plot points preisgeben will (und der Verleih bittet inständig darum), ist das halt die beste Taktik.
Zum Abschluss will ich aber noch mal zur Rekrutierung neuer Fans zurückkommen. Für Kids ist Star Wars eigentlich viel zu dunkel und kriegerisch, aber fast jeder Achtjährige will Star Wars Lego oder Darth-Vader-Bettwäsche (habe gerade im aktuellen Aldi-Prospekt gesehen, wie man auf der selben Seite - direkt untereinander - sowohl »Prinzessinnen-Kekse« als auch »Disney Feuchtes Toilettenpapier« (Sorte Cars mit Kirsch-Bananen-Duft) anbietet, solange nur irgendwelche Disneyfiguren drauf prangen). Entsprechend (Anbindung der jungen Konsumenten) gibt es im Film (ähnlich wie in fast jedem Marvel-Streifen) auch ein paar heldenhafte Kids. Erst die unterdrückten Stallburschen der bereits erwähnten Reittiere (die aber glücklicherweise keine große Rolle für die Handlung spielen). Und dann, als Visualisierung der erstaunlich oft erwähnten »Hoffnung« für die Resistance eine Variation des Zauberlehrlings Micky Maus: Ein Knabe, der seinen Besen wie ein Laserschwert hält und gen Nachthimmel schaut. Und mit einer kleinen, kaum sichtbaren Bewegung wird hier suggeriert, dass jedes Kind ein zukünftiger Jedi-Ritter werden könnte (The Last Jedi? - sind wir alle). Auf eine Art macht mich das etwas sauer, aber es hat auch eine gewisse Poesie...
Fazit: Trotz einiger deutlicher Schwächen ist The Last Jedi für mich einer der drei besten Star-Wars-Filme. (Man könnte es auch ungleich negativer formulieren und sagen: einer der drei Star-Wars-Filme, die ich mir als DVD ins Regal stellen würde.) Gleich nach Rogue One und dem Originalfilm. Allerdings bin ich aber auch kein Fan des mittlerweile gut 60 Jahre Handlung umfassenden Kriegsgetümmels, sondern Pazifist und stolzer Trekkie. (Selbst den überall abgefeierten The Empire Strikes Back finde ich überschätzt - vielleicht aber auch, weil ich den als einzigen nie im Kino sah.)