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Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen




13. November 2019
Thomas Vorwerk
für satt.org


  Booksmart (Olivia Wilde)


Booksmart
(Olivia Wilde)

USA 2019, Buch: Emily Halpern, Sarah Haskins, Susanna Fogel, Katie Silberman, Kamera: Jason McCormick, Schnitt: Brent White, Jamie Gross, Musik: Dan the Automator, mit Kaitlyn Dever (Amy), Beanie Feldstein (Molly), Skyler Gosondo (Jared), Molly Gordon (Triple A), Austin Crude (Alan), Noah Galvin (George), Billie Lord (Gigi), Jessica Williams (Miss Fine), Nico Hiraga (Tanner), Mason Gooding (Nick), Diana Silvers (Hope), Jason Sudeikis (Principal Brown), Will Forte (Amys Dad), Lisa Kudrow (Amys Mom), 102 Min., Kinostart: 14. November 2019

Booksmart entspricht ganz den Gesetzen eines eher verpönten Genres: der Highschool-Komödie. Da geht es normalerweise um die üblichen, nach sozialen Merkmalen sortierten Gruppen im Schulalltag, und natürlich um die erste Liebe und / oder das erste Mal, wobei das unterschiedlich sexorientiert ausfallen kann.

Der erste Unterschied zu normalen Vertretern dieses Genres: Hier stehen im Zentrum der Geschichte zwei vorbildliche Streberinnen, die sich während ihrer Schulzeit immer darauf konzentriert haben, für die Aufnahme an einer Elite-Uni zu büffeln, während alle anderen sich auf alles andere, also den Spaß konzentriert hatten.

Booksmart (Olivia Wilde)

© 2019 Annapurna Pictures, LLC. All Rights Reserved.

Am vorletzten Tag bekommen Amy und Molly dann mit, dass all die gestörten Partyjunkies um sie herum im Grunde an ähnlich guten Unis wie sie angenommen wurden - und weil das irgendwie total unfair ist, wollen unsere beiden seltsamen Heldinnen jetzt quasi in einer Nacht nachholen, was sie in Jahren verpasst hatten.

Molly (Beanie Feldstein, Lady Bird) entspricht dabei so gar nicht gängigen Schönheitsidealen (eher so eine Mischung aus Amy Farrah Fowler und Ruth Bader Ginsberg), was aber im Film nahezu überhaupt nicht thematisiert wird - was irgendwie erfrischend ist. Amy (Kaitlyn Dever, die u.a. in Bad Teacher, Detroit und Beautiful Boy kleine Rollen innehatte) indes ist vom Typ aufstrebendes Hollywoodsternchen, aber eine Lesbe, die hoffnungslos in eine Mitschülerin verknallt ist und noch auf ihre ersten Erfahrungen wartet. (Mein »aber« soll betonen, dass dieser Twist bisher nicht zum Standardrepertoire der Hauptfiguren gehört, meistens gibt es da eher einen Sidekick oder eine unbedeutendere Nebenfigur, die alibimäßig für Diversität steht.)

Booksmart (Olivia Wilde)

© 2019 Annapurna Pictures, LLC. All Rights Reserved.

Da ich es vermeide, im Voraus zu viel über Filme zu wissen, will ich noch erwähnen, dass ich mich vor allem für die Sichtung von Booksmart entschied, weil ich es meistens interessant finde, wenn Schauspieler sich im Regiefach probieren. Hier ist die Debütantin Olivia Wilde, bekannt aus Filmen wie Tron Legacy, Cowboys & Aliens oder Rush. Ich hoffe, es klingt jetzt nicht zu bösartig, aber Frau Wilde landete im Scheinwerferlicht Hollywoods als superschöne neue Star-Aspirantin, konnte sich aber nicht so durchsetzen wie geplant. Falls sie besonderes schauspielerisches Talent hat, wurden ihr nicht unbedingt die Rollen angeboten, in denen sie dieses unter Beweis stellen konnte.

Booksmart ist aber kein Film, dem man seine unerfahrene Regisseurin anmerkt, denn die großen Standpfeiler des Films sind das Drehbuch, das Casting und ein erfahrenes (Komödien-)Produktionsteam (um Will Ferrell und Adam McKay). So eine Highschool-Komödie bietet nämlich nur eingeschränkt Potential für wirklich neue Ideen und man umschifft dieses Manko dadurch, dass man ein großes Ensemble von Nebenfiguren anhäuft, die alle auf ihre Weise interessant wirken (und in den Erwachsenen-Rollen auch noch prominent besetzt sind).

Booksmart (Olivia Wilde)

© 2019 Annapurna Pictures, LLC. All Rights Reserved.

Und so liegt es weniger daran, dass Molly und Amy sich ausgiebig um vermeintliche Mythen des Lesbensex unterhalten und in die selben Fettnäpfchen treten, die man aus Filmen von Porky's bis American Pie kennt, dass dieser Film das Publikum erreicht, sondern die fassbare Energie und Spielfreude, mit der vom Klischeeschwulen bis zum Direktor in allen Nebenfiguren in oft nur drei kurzen Szenen mitgerissen wird. (Zumindest meine Erfahrung.)

Ob das stumpfsinnig wirkende Partygirl Gigi (Billie Lord), die als Nymphomanin verschriene »Triple A« (Molly Gordon), der superreiche Vollnerd Jared (Skyler Gosondo), die abwegige Lehrerin Miss Fine (Jessica Williams), die repräsentativen Vollpfosten und superschwulen Anführer der Theater-AG: diese Figuren mögen zwar Klischees entsprechen, aber sie werden größtenteils mit wenigen Pinselstrichen so skizziert, dass sie in Erinnerung bleiben und auch nicht völlig unrealistisch wirken. Etwas überzogen durchaus, aber auf unterhaltsame Weise.

Booksmart (Olivia Wilde)

© 2019 Annapurna Pictures, LLC. All Rights Reserved.

In Winzrollen können auch Jason Sudeikis (nebenberuflich der Vater von Olivia Wildes Kindern) als Direktor oder Will Forte und Lisa Kudrow als Amys Eltern glänzen.

Wie einige Konflikte und Erwartungen am Ende des Films eher konventionell aufgelöst wurden, war ein kleiner Dämpfer (da hätte ich mir mehr Mut gewünscht), aber alles in allem ist Booksmart einfach ein Feelgood-Movie, das glänzend funktioniert - und ich bin dafür bekannt, dass mich überzogene gespielte Lebensfreude in Filmen abtörnt wie nur wenig anderes - aber hier funktioniert es einfach - und die Gags sind zu großen Teilen auch nicht schlecht.