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Juli 2004
Thomas Vorwerk
für satt.org

No Rest for the Brave
Pas de repos pour les braves

Frankreich 2003

Regie:
Alain Guiraudie

Buch:
Alain Guiraudie, Frédéric Videau

Darsteller:
Thomas Suire (Basile Matin), Thomas Blanchard (Igor), Laurent Soffiati (Johnny Got), Vincent Martin (Bodowski), Pierre-Maurice Nouvel (Sorano), Roger Guidone (Roger), Nicole Huc (Lydie), Jean-Claude Baudracco (Dede), Bruno Izarin (Daniel), Jacques Mestres (Jean-Luc), Serge Ribes (Jack), Jérôme Mancet (Franck)

104 Min.

Ähnlich wie beim 4. britspotting-Festival wird satt.org auch über die 4. französische Filmwoche verstärkt berichten. Ein längerer Beitrag über die Trilogie von Lucas Belvaux ist bereits online, weitere Kritiken zu ausgewählten Filmen werden folgen.
Pas de repos pour les braves konnten wir schon im Vorfeld sichten, einige weitere potentielle Höhepunkte des Festivals werden weiter unten kurz vorgestellt.


No Rest for the Brave
Pas de repos pour les braves


Vorführungen auf der 4. französischen Filmwoche in Berlin:

Samstag, 10. Juli, 20 Uhr, Cinema Paris
Dienstag, 13. Juli, 22 Uhr, Filmtheater am Friedrichshain

Igor und Basile sitzen in einem Café. Basile erzählt von seinem symbolhaften Traum, den er so deutet, daß er nur noch einmal in seinem Leben schlafen wird, sein Tod also kurz bevorsteht. Doch bevor diese Geschichte die Langeweile in Igors Leben penetrieren kann, muß Basile erst verschwinden und jemand im Nachbarkaff Soulheiles 20 Menschen töten. Gemeinsam mit dem Journalisten Johnny Got macht sich Igor nach Soulheilhes auf, wo der Mörder noch auf freiem Fuß ist - und auch schnell von den beiden gefunden wird …

Pas de repos pour les braves

Ähnlich wie Igor trifft auch den Zuschauer diese Begegnung wie ein Peitschenschlag ins Gesicht, doch nach diesem vielversprechenden Beginn verstört Pas de repos … viele Betrachter. Bis man in Hector, der bei Tage in Village-qui-vit mit seinen Freunden Billard spielt und des Nachts in Village-qui-meurt eine homoerotische Beziehung mit einem (sehr viel) älteren Mann pflegt, den zuvor kaum in Aktion getretenen Hutträger Basile wiedererkennt, vergeht durchaus etwas Zeit. Wie die seltsamen Ortsnamen (davon gibt es noch jede Menge) bereits andeuten, scheint sich Hector eher in einem Traumland zu befinden, und der Zuschauer ist damit beschäftigt, herauszufinden, ob es sich dabei um Hectors vorletzten, letzten oder übernächsten Traum handelt. Die skurrile Handlung und die ausgeprägte Farbdramaturgie des Films (kann durchaus mit Almodòvar oder Kaurismäki konkurrieren) können das Interesse des Zuschauers zwar durchaus fesseln, doch der andauernde Balanceakt der Narration zwischen Leben und Tod, Schlaf und Erwachen, Traum und Realität fordert dem unvorbereiteten Betrachter schon einiges ab.

Dann vollzieht der Film eine weitere Pirouette und man befindet sich plötzlich in einer Art Kriminalgeschichte, die mit den konkurrierenden, aber in diesem Fall zusammenarbeitenden Gangstern Bodowski und Sorano (und ihren Helfern) Figuren einführt, die ungeahnt für einige humoristische Highlights sorgen …

Guiraudies Langfilmdebüt (während der Filmwoche laufen auch zwei seiner früheren, etwa einstündigen Filme) erinnert mit seinen existenzialistisch-philosophischen Dialogen oft an den frühen Godard, allerdings ohne dessen Gabe, auch eine stringente Narration um seine Gedankengebäude zu drapieren. Pas de repos pour les braves transferiert zunächst die Langeweile von Igor auf den Zuschauer, bevor dieser sich dann wie Basile / Hector in einem Dämmerzustand wiederfindet, bei dem man nicht weiß, ob man noch wach ist oder schon schläft. Dies gelingt dem jungen Regisseur mit Bravour, für den Zuschauer stellt sich aber die Frage, ob er sich diesem Zustand (wie man ihn als Filmkritiker auch jeweils in den letzten zwei Tagen eines größeren Festivals eingeht) auch unterziehen will. Denn wer nicht gewillt ist, gemeinsam mit dem Film die Grenzen zu durchschreiten und viel Analyse- und Interpretationsarbeit in diesen Filmtraum zu investieren, kann schnell im Königreich des Schlafes zurückbleiben.



4. französischen Filmwoche


Vorführungen auf der
4. französischen Filmwoche:


Donnerstag, 8. Juli, 17 Uhr im Filmtheater am Friedrichshain
Dienstag, 13. Juli, 22 Uhr 15 im Cinema Paris:
Demi-Tarif
In ihrem einstündigen Regiedebüt schildert die junge Schauspielerin Isild le Besco (Roberto Succo, Le coût de la vie) die Abenteuer dreier Kinder, die sich während der Abwesenheit ihrer Mutter u.a. mit Diebstahl, Zechprellerei und Betteln durchschlagen. Ein Film, der durchaus zu Diskussionen Anlass gibt …

Freitag, 9. Juli, 20 Uhr im Cinema Paris
Montag, 12. Juli, 22 Uhr im Filmtheater am Friedrichshain:
La petite Lili
Ludivine Sagnier (Swimming Pool) verschlägt es als Lili erneut in den Sommerferien in eine ländliche Villa. Der Jugendflirt mit Julien, dem Sohn einer berühmten Schauspielerin, könnte fünf Jahre später zu einem eigenen Filmprojekt führen. Regie führte Claude Miller (La petite voleuse).

Sonntag, 11. Juli, 20 Uhr im Cinema Paris
Dienstag, 13. Juli, 19 Uhr 30 im Filmtheater am Friedrichshain:
Pas sur la bouche
Altmeister Alain Resnais (Hiroshima, mon amour) führt in seinem neuen Film, einer Operettenbearbeitung, einige seiner Lieblingsdarsteller wie Sabine Azéma und Pierre Arditi (Smoking / No Smoking) mit Lambert Wilson oder Audrey Tautou (Amélie) zusammen. Es geht um einen seltsamen Fall von Bigamie.

Sonntag, 11. Juli, 17 Uhr 30 im Cinema Paris
Mittwoch, 14. Juli, 22 Uhr im Cinema Paris:
Filles uniques
Eine Staatsanwältin und eine Diebin treffen sich vor Gericht - und lassen sich nicht mehr aus den Augen. Mit Sandrine Kiberlain und Sylvie Testud (La captive) hervorragend besetzt.