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Charkhi, ein Dorf nahe der indischen Grenze im pakistanischen Punjab, 1979. Nahezu tragisch ist es da, daß ausgerechnet einige Fundamentalisten, die unter der Militärdiktatur General Zia ul-Haqs die strengen islamischen Regeln auch im Dorf durchsetzen wollen, in Saleem Motivationen freisetzen können, die man nie geahnt hätte. Für Ayesha und Zubeida (und den Zuschauer) ist es offensichtlich, daß der Weg, den Saleem eingeschlagen hat, der falsche ist. Kurz darauf beendet er sogar die Verbindung zu Zubeida, um sich ganz seinen neuen Zielen widmen zu können … Unterdessen findet seit einigen Jahren erstmals wieder eine Pilgerfahrt der Sikhs zu einem Sikh-Heiligtum in der Nähe des Dorfes statt. Die Dorfbewohner beäugen die Reisenden argwöhnisch. Ayeshas Nachbarn, Amin und Shabnam, haben guten Grund für ihre Ablehnung der Sikh. Ihre Tochter Mina wurde damals von den Sikh verschleppt, weshalb Amin seine Frau und die zweite Tochter Hina seither wie seinen Augapfel beschützt. Nun trifft Anim auf Jaswant, einen der Pilger, der ein ähnliches Schicksal zu beklagen hat. Er ist auf der Suche nach seiner Schwester Veero, die wiederum damals von den Moslems verschleppt wurde … Immer wieder wird die Geschichte des Films durch Flashbacks in ausgeblichenen Farben unterbrochen, die langsam die ganze Tragik des Dorfes und Ayashas Familie offenbaren. Während der kürzlich in Deutschland angelaufene Fünf Uhr am Nachmittag eher eine Enttäuschung war, ist Silent Waters weitaus mehr als nur ein selbstverliebter Frauenfilm. Zwar sind auch hier die Frauen sowohl die handelnden Protagonisten als auch die Opfer des Patriarchats und unsinniger Regeln, doch vor allem ist Silent Waters ein spannender Film voller kraftvoller Bilder, der sein Geheimnis erst langsam preisgibt und den Zuschauer zunächst emotional gefangen nimmt, um schließlich aus der tragischen Ironie der Situation seine Intensität zu beziehen. Die zuvor ausschließlich im Dokumentarbereich tätige Regisseurin Sabiha Sumar überzeugt mit ihrem Spielfilmdebüt auf ganzer Linie, was sicherlich auch damit zusammenhängt, daß die Idee zu Silent Waters eigentlich auch aus Recherchen für einen Dokumentarfilm entstand. Doch da man die betroffenen (insbesondere die damals verschleppten) Frauen kaum finden, geschweige denn vor einer laufenden Kamera dazu bewegen konnte, ihr Schicksal zu schildern, wurden reale Einzelschicksale für den Film fiktionalisiert - und die Stärke des Materials erwuchs aus den für einen Spielfilm ungewöhnlich intensiven Recherchen. Aufgrund ihrer Erfahrungen im Dokumentarfilmbereich (u.a. für Channel Four / ZDF / arte) hatte Sabiha Sumar auch Connections zu Produzenten in Westeuropa und so ergab es sich beispielsweise, daß der Film nun als Cutterin Bettina Böhler bekam, die man in Deutschland durch ihre Arbeiten mit Christian Petzold (Die innere Sicherheit, Wolfsburg), Michael Klier (Heidi M., Farland) oder Angela Schanelec (Mein langsames Leben, Marseille) kennt und liebt, und die die Intensität des Films sicher auch vorangetrieben hat, selbst, wenn es offensichtlich scheint, daß die Handlungstruktur mit den Flashbacks ebenso wie die dazu passende ausgeprägte Farbdramaturgie von vorherein geplant waren. Eben diese Planung des Films von langer Hand, den gewitzten Einsatz der filmsprachlichen Mittel - diese Ingredenzien hat man bei Fünf Uhr am Nachmittag vermisst … Silent Waters hingegen hält das Versprechen, das der Filmtitel impliziert: "Stille Wasser sind tief". |
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