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September 2004
Thomas Vorwerk
für satt.org

Silent Waters
Khamosh Pani

Pakistan / Frankreich / Deutschland 2003

Silent Waters (Khamosh Pani) (R: Sabiha Sumar)

Regie:
Sabiha Sumar

Buch:
Paromita Vohra

Kamera:
Ralph Netzer

Schnitt:
Bettina Böhler

Musik:
Madan Gopal Singh, Arshad Mahmud

Casting:
Sabiha Sumar

Darsteller:
Kirron Kher (Ayesha / Veero), Aamir Malik (Saleem), Arshad Mahmud (Mahboob), Salman Shahid (Amin), Shilpa Shukla (Zubeida), Sarfaraz Ansari (Rashid), Shazim Ashraf (Zubair), Navtei Johar (Jaswant), Fariha Jabeen (Shabnam-Shabbo), Adnan Shah (Mazhar), Rehan Sheikh (Afsaan)

99 Min.

Kinostart:
2. September 2004

Silent Waters
Khamosh Pani


Im Jahre 1947 kam es bei der Teilung des indischen Subkontinents in die unabhängigen Staaten Indien und Pakistan zur strengen Trennung der vorhandenen Religionen, der Hindu, Sikh und Moslems. Ein beliebtes Mittel im daraus entbrannten Krieg der Religionen war es, die Frauen des anderen Glauben zu vergewaltigen oder zu verschleppen, um dadurch die andere Religion zu verhöhnen …

Noch schlimmer für die Frauen war es aber, daß deren Väter und Männer zur Wahrung der Ehre es mitunter vorzogen, derlei Übergriffe zu verhindern, indem sie die Frauen zum Selbstmord trieben …

Silent Waters (Khamosh Pani) (R: Sabiha Sumar)
Silent Waters (Khamosh Pani) (R: Sabiha Sumar)
Silent Waters (Khamosh Pani) (R: Sabiha Sumar)
Silent Waters (Khamosh Pani) (R: Sabiha Sumar)
Silent Waters (Khamosh Pani) (R: Sabiha Sumar)

Charkhi, ein Dorf nahe der indischen Grenze im pakistanischen Punjab, 1979.
Das Leben der moslemischen Witwe Ayesha dreht sich größtenteils um ihren 17jährigen Sohn Saleem, der in die 16jährige Zubeida verliebt ist. Doch im Gegensatz zu Zubeida weiß Saleem noch nicht recht, was er mit seinem Leben anfangen soll, insbesondere bei der Jobsuche ist eher phlegmatisch.

Nahezu tragisch ist es da, daß ausgerechnet einige Fundamentalisten, die unter der Militärdiktatur General Zia ul-Haqs die strengen islamischen Regeln auch im Dorf durchsetzen wollen, in Saleem Motivationen freisetzen können, die man nie geahnt hätte. Für Ayesha und Zubeida (und den Zuschauer) ist es offensichtlich, daß der Weg, den Saleem eingeschlagen hat, der falsche ist. Kurz darauf beendet er sogar die Verbindung zu Zubeida, um sich ganz seinen neuen Zielen widmen zu können …

Unterdessen findet seit einigen Jahren erstmals wieder eine Pilgerfahrt der Sikhs zu einem Sikh-Heiligtum in der Nähe des Dorfes statt. Die Dorfbewohner beäugen die Reisenden argwöhnisch. Ayeshas Nachbarn, Amin und Shabnam, haben guten Grund für ihre Ablehnung der Sikh. Ihre Tochter Mina wurde damals von den Sikh verschleppt, weshalb Amin seine Frau und die zweite Tochter Hina seither wie seinen Augapfel beschützt. Nun trifft Anim auf Jaswant, einen der Pilger, der ein ähnliches Schicksal zu beklagen hat. Er ist auf der Suche nach seiner Schwester Veero, die wiederum damals von den Moslems verschleppt wurde …

Immer wieder wird die Geschichte des Films durch Flashbacks in ausgeblichenen Farben unterbrochen, die langsam die ganze Tragik des Dorfes und Ayashas Familie offenbaren. Während der kürzlich in Deutschland angelaufene Fünf Uhr am Nachmittag eher eine Enttäuschung war, ist Silent Waters weitaus mehr als nur ein selbstverliebter Frauenfilm. Zwar sind auch hier die Frauen sowohl die handelnden Protagonisten als auch die Opfer des Patriarchats und unsinniger Regeln, doch vor allem ist Silent Waters ein spannender Film voller kraftvoller Bilder, der sein Geheimnis erst langsam preisgibt und den Zuschauer zunächst emotional gefangen nimmt, um schließlich aus der tragischen Ironie der Situation seine Intensität zu beziehen.

Die zuvor ausschließlich im Dokumentarbereich tätige Regisseurin Sabiha Sumar überzeugt mit ihrem Spielfilmdebüt auf ganzer Linie, was sicherlich auch damit zusammenhängt, daß die Idee zu Silent Waters eigentlich auch aus Recherchen für einen Dokumentarfilm entstand. Doch da man die betroffenen (insbesondere die damals verschleppten) Frauen kaum finden, geschweige denn vor einer laufenden Kamera dazu bewegen konnte, ihr Schicksal zu schildern, wurden reale Einzelschicksale für den Film fiktionalisiert - und die Stärke des Materials erwuchs aus den für einen Spielfilm ungewöhnlich intensiven Recherchen.

Aufgrund ihrer Erfahrungen im Dokumentarfilmbereich (u.a. für Channel Four / ZDF / arte) hatte Sabiha Sumar auch Connections zu Produzenten in Westeuropa und so ergab es sich beispielsweise, daß der Film nun als Cutterin Bettina Böhler bekam, die man in Deutschland durch ihre Arbeiten mit Christian Petzold (Die innere Sicherheit, Wolfsburg), Michael Klier (Heidi M., Farland) oder Angela Schanelec (Mein langsames Leben, Marseille) kennt und liebt, und die die Intensität des Films sicher auch vorangetrieben hat, selbst, wenn es offensichtlich scheint, daß die Handlungstruktur mit den Flashbacks ebenso wie die dazu passende ausgeprägte Farbdramaturgie von vorherein geplant waren. Eben diese Planung des Films von langer Hand, den gewitzten Einsatz der filmsprachlichen Mittel - diese Ingredenzien hat man bei Fünf Uhr am Nachmittag vermisst …

Silent Waters hingegen hält das Versprechen, das der Filmtitel impliziert: "Stille Wasser sind tief".