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Bilder © 2009 Twentieth Century Fox
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Der fantastische Mr. Fox
(R: Wes Anderson)
Originaltitel: Fantastic Mr. Fox, USA / UK 2009, Buch: Wes Anderson, Noah Baumbach, Lit. Vorlage: Roald Dahl, Animation Director: Mark Gustafson, Kamera: Tristan Oliver, Schnitt: Andrew Weisblum, Musik: Alexandre Desplat, “Petey’s Song”: Jarvis Cocker, Production Design: Nelson Lowry, Art Direction: Francesca Maxwell, mit den Originalstimmen von George Clooney (Mr. Fox), Meryl Streep (Mrs. Fox), Jason Schwartzman (Ash), Wally Wolodarsky (Kylie), Bill Murray (Badger), Eric Anderson (Kristofferson), Michael Gambon (Farmer Bean), Willem Dafoe (Rat), Owen Wilson (Coach Skip), Juman Malouf (Agnes), Jarvis Cocker (Petey), Wes Anderson (Weasel), Robin Hurlstone (Farmer Boggis), Hugo Guinness (Farmer Bunce), Helen McCrory (Mrs. Bean), Adrien Brody (Rickity the Field Mouse), Brian Cox (Action 12 Reporter), Roman Coppola (Squirrel Contractor), Garth Jennings (Bean's Son), Tristan Oliver (Explosives Man), 87 Min., Kinostart: 13. Juni 2010
“Nobody outfoxes Fantastic Mr. Fox” heißt es auf dem Backcover von Roald Dahls 1970 erstmals erschienenem Kinderbuch. Der einzige, der ausgefuchster ist als der Fuchs selbst, kann ja nur ein anderer Fuchs sein, in diesem Fall “20th Century Fox Deutschland”, der Verleih, der den in den Staaten bereits gefloppten Film weltweit als bisher zweitletzte Nation in die Kinos bringt (nur Dänemark ist noch verschlafener), zu einem Zeitpunkt, an dem in den meisten europäischen Ländern längst die DVD erhältlich ist. Da man ferner nur in ganz wenigen Kinos das Vergnügen haben wird, den Film in der Originalfassung dargeboten zu bekommen, mit der über den üblichen Schauspielerstamm Andersons hinausgehenden Star-Riege um George Clooney, Meryl Streep oder Michael Gambon, die (wie man dem DVD-Bonusmaterial entnehmen kann) besondere, im Animationsbereich ungewöhnliche Methoden anwendeten, um dem Film eine besonders realistische, mit ganz unterschiedlichen Raumatmosphären versehene Qualität zu verschaffen, ist es eigentlich ein Unding, so etwas als “Film des Monats” anzupreisen, denn die Art und Weise, wie Fox Deutschland sich des Namensvetters “annimmt”, erinnert eher an die sporadischen Steuerabschreibeaktionen wie First Daughter oder The Secret Life of Bees, die dann nach einer Woche vorprogrammierten Totalflop in bundesweiter Übereinkunft schnell wieder aus den wenigen Kinos verschwinden.
Ganz so schlimm ist es in diesem Fall nicht, immerhin ziehen die Namen des Regisseurs und des Autors der Vorlage doch ein wenig und es wird immerhin ein wenig Geld in die Werbung gesteckt. Die Verfilmungen der Kinderbücher von Roald Dahl führten in den letzten Jahrzehnten immerhin zu einigen Achtungserfolgen, sei es Henry Selicks James and the Giant Peach, Nicolas Roegs The Witches, Danny DeVitos Matilda oder Tim Burtons Charlie and the Chocolate Factory. Seit Kinderbuchverfilmungen und ihr Zielpublikum sowohl künstlerisch als auch wirtschaftlich ernstgenommen werden, und die technologischen Möglichkeiten des Mediums Film nicht mehr vor sprechenden Tieren und fantastischen Wunderwelten zurückschrecken müssen, gab es trotz des Niedergangs des klassischen Zeichentrickfilms, der früher die logische Anlaufstelle solcher Projekte war, eine goldene Zeit der Kinderbuchverfilmungen, sei es im Bereich der epischen Fantasy (The Chronicles of Narnia, The Spiderwick Chronicles), verspielter Genre-Abenteuer (Zathura), süßer Tiere für die Kleinsten (Charlotte’s Web, Horton Hears a Who), oder auch den Bemühungen längst etablierter Regiestars, ihre persönlichen Favoriten auf die Leinwand zu bannen (Spike Jonze’ Where the Wild Things Are, Tim Burtons Alice in Wonderland). Da reiht sich Wes Anderson mit seinem Stop-Motion-Projekt perfekt ein, und wie die beiden letztgenannten lässt er dabei auch schon mal das vermeintliche Zielpublikum der Teppichratten und rennenden Meter aus den Augen und konzentriert sich ganz auf seine eigene Vision.
Es ist unumgänglich, dass man bei der Adaption eines kurzen Kinderbuches für einen abendfüllenden Spielfilm einiges dazuerfindet. Dies gelingt Wes Anderson und Noah Baumbach bei ihrem Drehbuch vorzüglich. Die Story wird ausgeschmückt, die Figuren bekommen viel mehr Tiefgang und weitergehende Motivationen, und aus undifferenzierten "four Small Foxes" werden bei Anderson ein missverstandener Sohn, ein allzu perfekter Cousin und eine junge Füchsin, für die sich beide interessieren. Entsprechend der Filmographie George Clooneys ist Mr. Fox hier auch eine Art haariger Danny Ocean, der sich an ein Leben in der Kriminalität gewöhnt hat, deswegen Probleme mit seiner Gattin hat, und aus dem Dahl-Stoff ein reinrassiges Caper-Movie macht. Wo die Füchse bei Roald Dahl recht eindeutige Fleischfresser sind, macht Anderson zwar das Leben als "wild animal" zu einem kleinen, feinen und sehr witzigen Thema, zeigt aber eine etwas kinderfreundliche Version des Fuchses, der zwar weiß, wie man Geflügel mit einem Biss tötet, aber auch Gebäck oder Äpfeln nicht abgeneigt ist.
Mir als Freund des Animationsfilm gefiel die aus Anderson-Filmen bekannte Form, Schauplätze im Querschnitt zu zeigen, nicht immer, insbesondere, wenn wie bei der Szene mit der Cider-Überschwemmung oder den riesigen Panoramen, die die drei zu bestehlenden Farmen zeigen, die Animation darunter leidet. Aber abgesehen davon bestätigt sich der Verdacht, dass jemand wie Anderson, der bei seinen Filmen das Production Design immer sehr in den Vordergrund rückt, im Animationsfilm sehr gut aufgehoben ist. Ähnliches konnte man ja auch schon über Tim Burton sagen.
Wer nicht zufällig großer Fan von Christian Berkel oder Andrea Sawatzki ist (die deutschen Stimmen von Mr. und Mrs. Fox) oder mit nicht-englischsprachigen Kindern ins Kino will, sollte sich informieren, wo der Film im Original gezeigt wird oder sich die Import-DVD besorgen. Auf dem Fernsehbildschirm geht zwar visuell einiges verloren, aber man sollte nicht unterschätzen, dass zum Tonfilm auch der Ton gehört. Und damit meine ich eben nicht den Synchronisationston, von dem ewig gestrige Filmvermarkter in Deutschland (und einigen wenigen anderen rückständigen Nationen) einfach nicht weg wollen. Wer einen Film in Synchro sieht, verhält sich so wie jemand, der seine Augen schließt und sich dann einen Sonnenuntergang beschreiben lässt. Öffnet die Augen. Und vor allem die Ohren!