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20. Januar 2011 | Thomas Vorwerk für satt.org | ||||||
Für Leute, die nicht wegen des Films ins Kino gehen: Woher weißt du,
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Bildmaterial zu Woher weißt du ... © 2010 Sony Pictures Releasing GmbH |
Noch halbwegs erträglich ist How do you know. Die Filme von James L. Brooks wirkten schon immer etwas antiseptisch, und es lag zumeist an den Darstellern, die Figuren mit Leben zu erfüllen. Selbst, wenn man As Good as it Gets abgöttisch liebt: Alle Figuren sowie die Konstellation sind schon sehr formelhaft. Aber sowohl hier als auch bei Broadcast News »überspielen« die Darsteller die Schwächen des Buchs. Wenn ein minderer Darsteller als Albert Brooks den Schweißausbruch hätte mimen sollen, wäre der Film zur Lachnummer verkommen, und bei Greg Kinnear oder Jack Nicholson war es ähnlich. Bei Spanglish wurde das Problems schon ziemlich offensichtlich, und bei Reese Witherspoon, Paul Rudd und Owen Wilson hat man trotz ihrer unterschiedlichen Talente ein Problem, das durch das ansatzweise experimentierfreudige Drehbuch nur noch kompensiert wird (und Jack Nicholson dürfte hier wohl seine schlechteste Zusammenarbeit mit Brooks präsentieren). Lisa (Reese Witherspoon), eine Softballspielerin in der Midlife-Crisis, und George (Paul Rudd), ein Manager, der sich plötzlich unter Anklage und aus der Firma seines Vaters (Jack Nicholson) entlassen findet - Zwei liebenswerte Loser, wie füreinander geschaffen. Beide befinden sich mehr oder weniger in Beziehungen und haben sicher andere Probleme, als einem ersten verpatzen Blind Date weitere folgen zu lassen. Aber während der Baseballspieler Matty (Owen Wilson) erfolgreich und bindungswillig ist, hört er seiner Freundin nicht wirklich zu und ist ebenso eifersüchtig wie erfinderisch in seiner persönlichen Definition des Begriffs Monogamie - da wirkt der ziemlich neben der Spur befindliche George plötzlich wie die bessere Alternative - doch George hat ein ganz eigenes moralisches Dilemma, dem er aber zunächst auf die Spur kommen muss. Das Drehbuch ist gleichzeitig ganz offensichtlich auf sein Paar hin gestrickt, vertüdelt sich aber immer mehr in Nebenhandlungen. Und zumindest aus meiner Sicht war schlussendlich die Geschichte der schwangeren Sekretärin Annie (Kathryn Hahn) viel interessanter als das Bäumchen-wechsel-dich-Spiel zwischen George, Lisa und Matty.
Die Filme von James L. Brooks begnügen sich nur selten mit einer Laufzeit von unter zwei Stunden, aber die Längen sind hier so offensichtlich wie nie zuvor. Insbesondere ein Heiratsantrag wird dadurch nicht romantischer, witziger oder spannender, wenn man ihn gleich mehrfach ausführlich durchspielt. Und das Ende des Films ist so unbefriedigend wie selten, insbesondere weil das (bereits erwähnte) moralische Dilemma gegen Ende einfach durch eine seltsame Entscheidungshilfe heruntergespielt und dann letztlich komplett ausgeblendet wird. Hauptsache, der Zuschauer hat gute Laune beim Verlassen des Films (was aber auch längst nicht für alle Zuschauer gilt).
Bildmaterial zu Dickste Freunde © 2010 Universal Pictures International |
Fahren wir fort mit The Dilemma, einer »Bromance« zwischen Vince Vaughn und Kevin James. Der deutsche Titel »Dickste Freunde« fasst es ausnahmsweise ganz gut zusammen. Vermarktet den Film aber auch irgendwie als Komödie, was ein wenig irreführend ist. Es gibt zwar einige Lacher, aber es hätten weitaus mehr sein können. Stattdessen geht es wieder um ein moralisches Dilemma. Ronny (Vince Vaughn) und Nick (Kevin James) haben gerade einen großartigen Job zusammen aufgetan. Sie sollen ein Elektroauto kreieren, das sich dadurch auszeichnet, dass es aussieht wie eine typische Macho-Karre - und dabei auch einen ähnlichen Heidenlärm macht. Was schon mal eine extrem bescheuerte Prämisse ist. Ronny ist hierbei der psychologisch perfide Gesprächsführer und Nick der von Selbstzweifeln zerfressene Motorenspezialist. Während Nick immer wieder Probleme mit dem Motor hat, kümmert sich Ronny nun um den überfälligen Heiratsantrag bei seiner Langzeitfreundin Beth (Jennifer Connelly), entdeckt dabei aber zufällig, dass Nicks Gattin Geneva (Winona Ryder zickiger denn je) offensichtlich eine Affäre hat. Und nun ist Ronny dazwischen zerrissen, seinem Freund von der untreuen Frau zu erzählen (wie es sich für einen Freund gehört) oder es doch lieber für sich zu behalten, damit Nick sich ganz auf das Motorproblem konzentrieren kann und der dauerhafte Deal mit der bekannten Automarke nicht den Bach runtergeht.
Weil Ronny zu keiner wirklichen Antwort kommt (und der Drehbuchautor die Geschichte irgendwie vorantreiben musste), beschattet er nun Geneva, versucht Bilder »in flagranti« zu schießen, gerät in eine Schlägerei mit dem Nebenbuhler (Tatum Channing), konfrontiert Geneva, erfährt Dinge über seinen Freund, die er gar nicht wissen wollte, wird erpresst, verstrickt sich immer mehr in Lügen, die ihm seine Freundin kosten können und landet schließlich vor einem Psychologen - gemeinsam mit einigen Familienmitgliedern und allen bisher erwähnten Personen. Der Humor liegt irgendwo zwischen den Dauer-Peinlichkeiten von Mr. Bean und dem Tit-for-Tat von Laurel und Hardy. Die größten Lacher erntet fast noch die in ca. vier kleinen Szenen auftauchende Queen Latifah.
Das Ärgerlichste am Film (neben der Dudelmusik von Hans Zimmer, die auch bei How do you know allgegenwärtig ist) war für mich irgendwie die Einsicht, wie hochkomplex jede noch so uninteressante Szene von Ron Howard inszeniert wurde. Die gibt Unmengen von Statisten, komplizierte Kameraführungen, opulente Szenenbilder - und alles, was erzählt wird, ist etwa so komplex wie zehn Folgen einer durchschnittlichen Telenovela.
Bildmaterial zu Love and Other Drugs © 2010 Twentieth Century Fox |
Ob Love & Other Drugs noch ärgerlicher wahr, kann ich gar nicht genau festmachen (fest steht, dass ich nach einer weiteren RomCom namens No Strings Attached am liebsten keinen weiteren Vertreter des Genres für den Rest des Jahres ertragen wollte). Hier hat man einen auf fast obszön widerliche Art in die Kamera lächelnden und feixenden Jake Gyllenhaal als Schürzenjäger, der in die Tom-Cruise-Rolle von Rain Man gedrängt wird (gelackter Karrierearsch stellt fest, dass es Menschen mit echten Problemen gibt und bessert sich zum Gutmenschen), nebenbei als Vertreter die Hauptfigur der Verfilmung eines Sachbuchs über die Erfolgsgeschichte des etwas anderen Medikaments namens Viagra darstellt (woraus man etwa 31 Scherze über Hartholz etc. schöpft), und sich dann in Anne Hathaway verliebt. Eine Anne Hathaway, die bei diversen Sexszenen noch häufiger ihre Brüste zeigt (lange Zeit etwa alle zehn Minuten wieder) als Jake Gyllenhaal seinen Hintern. Außerdem ist sie damit beschäftigt, mit scheinbar unendlichen Geldreserven das amerikanische Gesundheitssystem zu umgehen (»Do you have insurance?« --- »Do I Have insurance?« --- sie hat ein Bündel Geldscheine), um sich verschreibungspflichtige Medikamente zu organisieren, die sie gegen die frühen Symptome ihrer Parkinson-Erkrankung einsetzen kann. Womit wir eine echte Love Story (ohne tote Ali McGraw) haben, und für ihren plötzlichen Exhibitionismus (vergleiche Kathy Bates in About Schmidt) und ein gelegentliches Händezittern (was wirklich nervt, wenn man sich seinen Stoli on the Rocks einschenken will) wurde Frau Hathaway tatsächlich für den Golden Globe nominiert (Jake Gyllenhaal übrigens auch, was noch unverständlicher ist).
Das einzige, was diesen Film noch halbwegs erträglich machte, waren Judy Greer in einer (saublöden) Rolle als Arzthelferin und Hank Azaria als der dazugehörige Arzt. Und statt Hans Zimmer gab es immerhin James Newton Howard (eine Wurzelbehandlung ist ja für viele Menschen auch angenehmer als eine Darmspiegelung), angereichert mit diversen »alternativen« Songs aus der Viagra-Frühzeit (Cannonball von den Breeders, Supernova von Liz Phair, Beck, Wilco, Fat Boy Slim, aber leider auch Two Princes von den Spin Doctors).
Es gibt auch unterhaltsame RomComs, aber 2011 ist bisher ein ganz schlechtes Jahr für das Genre.
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